Van der Bellen: Der parteiische Präsident

Alexander Van der Bellen hat beste Chancen, für weitere sechs Jahre Bundespräsident zu bleiben. Auch diesmal werden wieder viele Bürgerliche und ÖVP-Wähler ihr Kreuz beim linken Parteipolitiker machen. Den grünen Politstrategen gelingt es mit tatkräftiger Unterstützung der Mainstreammedien erneut, dem linken Staatsoberhaupt ein bürgerliches Image zu verpassen. Die Österreicher werden einmal mehr gezielt hinters Licht geführt.
Werner Reichel
Kommentar von
26.9.2022
/
4 Minuten Lesezeit
Van der Bellen: Der parteiische Präsident

Bild: Alexander van der Bellen / Manfred Werner (Tsui) [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons (Bild zugeschnitten)

Alexander Van der Bellen hat beste Chancen, für weitere sechs Jahre Bundespräsident zu bleiben. Auch diesmal werden wieder viele Bürgerliche und ÖVP-Wähler ihr Kreuz beim linken Parteipolitiker machen. Den grünen Politstrategen gelingt es mit tatkräftiger Unterstützung der Mainstreammedien erneut, dem linken Staatsoberhaupt ein bürgerliches Image zu verpassen. Die Österreicher werden einmal mehr gezielt hinters Licht geführt.

Dass Alexander Van der Bellen aus der politisch ganz linken Ecke kommt, ist kein Geheimnis, er kokettiert schließlich – wenn er nicht gerade wahlkampfbedingt bürgerliche Wähler einseifen muss – selbst gerne mit seiner „Revoluzzer“-Vergangenheit. Die hat er nie abgelegt. Im 2015 erschienenen Buch „Die Kunst der Freiheit: In Zeiten zunehmender Unfreiheit“ schreibt Van der Bellen über seine Zeit als Assistent an der Universität Innsbruck: „Ich galt nicht zuletzt wegen meiner damaligen dogmatisch antikapitalistischen, prosozialistischen Ader bald als der ‚rote‘ Van der Bellen“.

Sympathien für Linksextremisten

Er war ein typischer 68er, der Sympathien für Linksextremisten wie Fritz Teufel hegt. Teufel war führendes Mitglied der linksradikalen Terrorgruppe „Tupamaros München“ und später Mitglied der linksextremen Terrorvereinigung „Bewegung 2. Juni“. Bei einer Gerichtsverhandlung sagte er zum Richter, als ihn dieser aufforderte, aufzustehen: „Na wenn‘s der Wahrheitsfindung dient.“ Dieser Auftritt Teufels vor Gericht hat Alexander Van der Bellen nachhaltig beeindruckt, er schreibt noch 2015: „Diese lässig-ironische Grundhaltung gegenüber allem, was etabliert zu sein schien, hat mir doch sehr imponiert.“

Van der Bellen bewundert nicht nur Linksextremisten wie Teufel, er marschierte auch selbst bei linken Demos und Protestkundgebungen mit: „1968 und in den Folgejahren waren bei allen Veranstaltungen zur Abschaffung des Bundesheeres, zur Uni-Reform, zum Vietnamkrieg etc. Staatspolizisten in Zivil präsent. Das war uns Teilnehmern auch bewusst.“ Er sei damals ein „arroganter Antikapitalist“ gewesen. Angesichts dieser Selbstbeschreibung verwundert es nicht, dass Van der Bellen in den 1970ern die KPÖ gewählt hat.

Wenig glaubwürdig

Er ist sich politisch treu, immer ein 68er geblieben. Auch wenn er im laufenden Wahlkampf als heimatverbundener Präsident für alle Österreicher und Demokratiefreund durchs Land tingelt, seine sozialistische Gesinnung ist hinter seiner professoralen, liberalen Maske nur schlecht verborgen. Dass man die Bürger täuschen darf, um politische Ziele zu erreichen, hat Van der Bellen selbst schriftlich festgehalten: „Verschweigen, vernebeln oder gegen die eigene Überzeugung reden kann im politischen Kontext manchmal sogar vernünftig und strategisch zielführend sein.“

Er ist in der Rolle des umsichtigen und brückenbauenden Präsidenten für alle Bürger angesichts seiner tatsächlichen Amtsführung wenig glaubwürdig. Es reicht aber aus, um den gemeinen ÖVP-Wähler dazu zu bewegen, beim altlinken Grünen sein Kreuz zu machen. Das war 2016 so, das wird vermutlich auch diesmal so sein.

Diese recht billige Täuschung funktioniert deshalb so gut, weil sie von all jenen Kräften mitgetragen wird, die vom linken Umverteilungsstaat und seinen bestehenden politischen Strukturen und Netzwerken abhängig sind. Und das sind viele Menschen in diesem Land. Für sie ist es eine Frage ihrer wirtschaftlichen Existenz und Zukunft, dass Van der Bellen als Vertreter des Systems an der Staatsspitze bleibt, damit die staatlichen Gelder weiterhin in die richtigen Kanäle und Milieus gepumpt werden. Die NGOs fürchten um staatliche Zuwendungen, Staatskünstler um Subventionen und Engagements, Caritas und Asylindustrie um ihre ins Land geholte Kundschaft, der ORF um seine Gebühren, politisch gut vernetzte Unternehmer um staatliche Aufträge und Förderungen, die Kammern um ihre Zwangsbeiträge, die Medien um ihre Inserate aus öffentlicher Hand etc.

Viele haben viel zu verlieren, wenn sich die Machtverhältnisse und -strukturen tatsächlich ändern. Das war der Grund, warum sich 2016 die Profiteure der staatlichen Umverteilung zusammengeschlossen haben, um offen gegen Norbert Hofer und für Van der Bellen gekämpft haben, das war der Grund für den Ibiza-Putsch, bei dem auch Van der Bellen eine zentrale Rolle gespielt hat.

Teil des Systems

Der grüne Bundespräsident hat einen idealtypischen Lebenslauf für einen linken Systemkandidaten, er war sein ganzes Leben Teil dieses Systems, hat den geschützten staatlichen Bereich nie verlassen, immer vom Geld, das andere erwirtschaftet haben, gelebt. Er ist aus linker Perspektive über jeden Zweifel erhaben, hat seine Blase, auch intellektuell nie verlassen, war stets Teil der linken Netzwerke. Die Marktwirtschaft und das Leistungsprinzip sind dem Wirtschaftsprofessor ein Gräuel: Den Markt bezeichnet er als „anarchistisch“, Leistung und Konkurrenz verachtet er: „Der Markt belohnt nur Leistung, die nachgefragt wird (…).“ Was er hier bekrittelt, ist nichts weniger als das Erfolgsprinzip des freien Marktes.

Seit Van der Bellen in der Hofburg und die Grünen in der Regierung sitzen, sind die Bürger- und Freiheitsrechte in Österreich massiv eingeschränkt worden – man denke an die überschießenden Corona-Maßnahmen –, gleichzeitig sackt der Lebensstandard und das Wohlstandsniveau der Bevölkerung ab und schuld daran sind immer die anderen. Sozialistische Politik as usual.

Freiheit ist für Van der Bellen nur ein Wieselwort, eine Worthülse ohne Bedeutung: „Das Ziel, unseren Planeten (…) lebenswert und -fähig zu erhalten, rechtfertigt auch eine Einengung jener Freiheiten, die wir bisher zu haben glaubten.“ Deutlicher kann man es kaum sagen: Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit und andere grüne Kernthemen dienen als Vorwand, um die Grundrechte der Menschen zu beschneiden, die freie in eine von Linken autoritär gelenkte Gesellschaft umzubauen. Wenn vor allem die Grünen, die aufgrund der Führungsschwäche der ÖVP die Politik im Land bestimmen, jede von ihnen mitausgelöste Krise dazu nutzen, die liberale Gesellschaftsordnung zu zerstören, die Menschen immer mehr zu bevormunden und drangsalieren, ihnen sogar vorzuschreiben, wie warm ihre Wohnung zu sein hat und wie lang sie duschen dürfen, ist kein Widerstand aus der Hofburg zu erwarten. Im Gegenteil.

Liberale Maske

SPÖ, Grüne und Neos wissen das, sie wollen einen stramm-linken Präsidenten, der aktiv daran mitwirkt, dass Regierungen ohne linke Beteiligung nur ein kurzes Leben haben (siehe Ibiza-Putsch), dass die Linke nach ihrem Marsch durch die Institutionen nicht nur über die kulturelle Hegemonie verfügt, sondern auch in der Regierung sitzt, also der tiefe und der offizielle Staat in einer Hand sind. Aus dieser Perspektive macht Van der Bellen einen ausgezeichneten Job. Dass die ÖVP einen ihrer mächtigsten Gegner unterstützt und keinen Gegenkandidaten aufstellt, ist die politische Bankrotterklärung für diese ehemals bürgerliche Partei. Sein politisches Ziel hat Van der Bellen erreicht, wenn er eine lupenreine linke Regierung, also eine rot-grün-pinke oder noch besser eine rot-grüne Koalition angeloben kann. Darauf arbeiten er und seine Genossen hin. Derzeit läuft die Phase 2 des Ibiza-Staatsstreiches.

Nach geschlagener Wahl braucht Van der Bellen seine liberale, professorale Maske ohnehin nicht mehr aufzusetzen, eine weitere Amtsperiode ist für ihn schließlich ausgeschlossen. Deshalb kann er am Ende seiner politischen Laufbahn wieder ganz der 68er-Sozialist sein, der immer war, ohne sich verstellen zu müssen.

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Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
Über den Autor
Werner Reichel

Werner Reichel

Werner Reichel war rund 20 Jahre im Rundfunk tätig, unter anderem als Programmchef und Geschäftsführer mehrerer Radiosender sowie als Lektor an der FH Wien. Er ist Autor und Verleger.
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