Deshalb prüft Schweden eine Altersbeschränkung für Social Media
Angesichts eines dramatischen Anstiegs der Jugendkriminalität in Schweden erwägt die Regierung eine Altersbeschränkung für Soziale Medien, um die Rekrutierung von Kindern durch Banden zu verhindern.
Stockholm. – In Schweden sorgt ein alarmierender Anstieg der Jugendkriminalität für Besorgnis. Angesichts der zunehmenden Rekrutierung von Jugendlichen durch Banden über Soziale Medien erwägt die Regierung die Einführung einer Altersbeschränkung für Plattformen wie Instagram, TikTok und Facebook. Diese Maßnahme würde dem Beispiel Australiens folgen, das bereits ähnliche Beschränkungen eingeführt hat. „Die Situation ist sehr ernst. Wir schließen nichts aus“, sagte Justizminister Gunnar Strömmer nach einem Treffen mit seinen skandinavischen Amtskollegen laut Medienberichten.
Gangs rekrutieren Kinder über Soziale Netzwerke
Seit einigen Jahren nutzen kriminelle Banden in Schweden verstärkt Soziale Medien, um Kinder und Jugendliche für gewalttätige Aktionen zu rekrutieren. Nach Angaben der schwedischen Polizei sind einige der angeworbenen Jugendlichen erst elf Jahre alt. Die Zahl der Mordverdächtigen unter 15 Jahren ist zwischen Januar und Juli 2024 auf 93 gestiegen - dreimal so viele wie im Vorjahreszeitraum. Schweden führt inzwischen die Liste der europäischen Länder mit den meisten tödlichen Schießereien pro Kopf an. Auch in Dänemark wurden in den letzten Monaten 32 Fälle registriert, in denen schwedische Jugendliche für Gewalttaten rekrutiert wurden.
Die großen Tech-Unternehmen Meta, Google (Alphabet) und Snap haben laut Strömmer versprochen, „alles in ihrer Macht Stehende“ zu tun, um die Situation zu entschärfen. Sollte dies nicht ausreichen, werde der Gesetzgeber eingreifen. Die Regierung prüfe, welche Altersbeschränkungen aus anderen Ländern, etwa Australien, für Schweden übernommen werden könnten.
Australien als internationales Vorbild
Australien hat bereits ein Gesetz verabschiedet, das die Nutzung Sozialer Medien für Personen unter 16 Jahren verbietet. Dieses Gesetz ist ein weltweit einzigartiger Vorstoß, um die Sicherheit junger Menschen im Internet zu erhöhen. In Australien müssen Plattformen wie Instagram, TikTok und Facebook eine Altersverifikation einführen, um Kinder und Jugendliche vor schädlichen Inhalten zu schützen. Unternehmen, die dieser Verpflichtung nicht nachkommen, drohen hohe Strafen von bis zu 31 Millionen Euro. Kommunikationsministerin Michelle Rowland erklärte, dass fast zwei Drittel der 14- bis 17-Jährigen in Australien bereits schädliche Inhalte wie Drogenmissbrauch und Gewaltdarstellungen gesehen hätten.
Kritik und Unterstützung für neues Gesetz
Das australische Gesetz hat sowohl Befürworter als auch Kritiker. Befürworter wie Eltern und Lehrer begrüßen das Gesetz, da es eine sicherere Umgebung für Kinder schaffe. Simon Kennedy, Vater von fünf Kindern, betonte, dass das Gesetz es Eltern erleichtere, den Zugang zu Sozialen Netzwerken zu kontrollieren. Auch die Lehrerin Ina Giglioli aus Melbourne zeigte sich optimistisch und verwies auf die steigenden Selbstmordraten unter Jugendlichen, die auf Mobbing in Sozialen Netzwerken zurückzuführen seien.
Es gibt aber auch kritische Stimmen. Mehr als 140 Experten warnten davor, dass das Gesetz „ein zu stumpfes Instrument“ sei, um die vielfältigen Risiken Sozialer Medien effektiv anzugehen. Kritiker wie Carly Dober, Vorsitzende des australischen Psychologenverbandes, äußerten die Befürchtung, dass das Gesetz das zugrunde liegende Problem der toxischen Online-Kultur nicht lösen werde. Michael Dezuanni, Professor an der Queensland University of Technology, schlug vor, die Betreiber sozialer Plattformen stärker zu regulieren und sicherere Angebote für Kinder zu schaffen, anstatt ein pauschales Verbot zu erlassen.