Die EU-„Munitionsallianz“ kommt nicht voran
Bislang habe man sich nicht darüber einigen können, an wen die Aufträge vergeben werden sollen.
Brüssel. - Die mit viel medialen Vorschusslorbeeren bedachte europäische „Munitionsallianz“ kommt nicht in die Gänge. Die EU-Mitgliedstaaten hatten sich Anfang des Jahres darauf geeinigt, gemeinsam Munition für die Ukraine zu beschaffen. Recht viel mehr ist aber seither nicht geschehen – es hakt am Kleingedruckten. Man habe sich bislang nicht darüber einigen können, an wen die Aufträge vergeben werden sollen, ist aus Brüssel zu hören.
Nächstes Treffen am Mittwoch
Nun trafen sich die EU-Botschafter am Mittwoch erneut, um die rechtlichen Einzelheiten zu erörtern. Der erste Teil des von der EU vorgeschlagenen dreigleisigen Plans sieht die Bereitstellung einer weiteren Milliarde Euro an gemeinsamen Finanzmitteln vor, um die Mitgliedstaaten dazu zu bewegen, ihre bereits knappen Bestände an Munition zu nutzen, die schnell verschickt werden kann. Eine weitere Milliarde Euro will die EU für die Bestellung von 155-Millimeter-Granaten für die Ukraine zur Verfügung stellen, um die Unternehmen zur Steigerung der einheimischen Produktion anzuregen. Allerdings gibt es noch keine Einigung darüber, ob Munitionsbeschaffungsverträge ausschließlich an EU-Firmen gehen oder auch für externe Hersteller offen sein sollen. „Das Hauptproblem bleibt die rechtliche Definition dessen, was ‚europäische Industrie‘ in der Praxis bedeuten würde“, ist aus Brüsseler Diplomatenkreisen zu hören. Vor allem Frankreich habe darauf gedrängt, dass das Geld innerhalb der EU-Grenzen bleibe, und sich für eine Präzisierung des Rechtsbegriffs eingesetzt.
Rechtsdienste sollen davor gewarnt haben, dass unklare Begrifflichkeiten im Gesetzestext dazu führen könnten, dass sich Unternehmen auf unlauteren Wettbewerb berufen. Als nächstes Planungsziel gilt nun das Außenministertreffen in Luxemburg in zwei Wochen – bis dahin soll Klarheit herrschen.
Ukraine bleibt nicht viel Zeit
Aber auch das sind noch nicht alle Probleme. Planungsschwierigkeiten gibt es auch deshalb, weil Informationen über den aktuellen Umfang der Munitionsbestände in den Mitgliedstaaten als vertraulich gelten und deshalb nur selten öffentlich gemacht werden. Die EU wiederum kann keine zentralen Vorgaben erarbeiten, wenn sie keine Kenntnis über die exakten Vorräte in den Mitgliedsländern hat. Nun soll EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton noch im Laufe des April einen Vorschlag vorlegen. Er bereiste in den letzten Wochen ein Dutzend Mitgliedstaaten und Industriestandorte, um sich persönlich ein Bild zu machen. Beobachter weisen unterdessen darauf hin, dass der Ukraine die Zeit davonläuft. Während die russischen Bestände gut gefüllt sind und die Produktion erfolgreich gesteigert wurde, kommt die ukrainische Artillerie unweigerlich an ihre Grenzen. Für die seit langem angekündigte Frühjahrsoffensive sind das keine guten Vorzeichen.