Lobbyist als Ehemann: EU-Parlamentspräsidentin Metsola von neuen Ethikregeln ausgenommen
Die neuen Ethikregeln des EU-Parlaments verlangen Offenlegung von Interessenkonflikten – doch Parlamentspräsidentin Metsola ist ausgenommen. Kritiker sind aufgebracht.
Brüssel/Straßburg. – Die neuen Ethikregeln des Europäischen Parlaments, die Transparenz und Integrität fördern sollen, werfen Fragen auf, nachdem EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola von den Regeln ausgenommen wurde. Die Regeln, die nach dem Qatargate-Skandal 2022 eingeführt wurden, verlangen von allen hochrangigen Parlamentariern, ihre Interessenkonflikte offenzulegen. Eine wichtige Ausnahme betrifft jedoch Metsola selbst.
Nach den neuen Richtlinien müssen alle Mitglieder des Europäischen Parlaments, einschließlich ihrer Familienmitglieder und Lebenspartner, mögliche Interessenkonflikte offenlegen. Überraschenderweise ist Roberta Metsola von dieser Regelung ausgenommen. Dies ist besonders brisant, da ihr Ehemann, Ukko Metsola, als Lobbyist für die Royal Caribbean Group arbeitet, ein führendes Kreuzfahrtunternehmen, das großen Einfluss auf die EU-Umweltgesetzgebung laut Medienberichten haben soll. Trotz dieser Verbindung wurde die Rolle von Ukko Metsola bisher kaum öffentlich beleuchtet. Eine Recherche des Magazins Politico hat nun Licht ins Dunkel gebracht.
Zweifel an Unabhängigkeit und Transparenz
Nicholas Aiossa, Direktor von Transparency International EU, kritisierte laut Politico die Ausnahmeregelung für Metsola scharf. Er betonte: „Es gibt keinen Grund, warum Präsident Metsola oder irgendein anderer Präsident von der Offenlegungspflicht ausgenommen sein sollte“. Diese Kritik weist auf die Schwäche der neuen Ethikregeln hin, die für andere hochrangige Parlamentarier gelten, nicht aber für die Präsidentin selbst.
Neben der Frage der Offenlegung gibt es weitere Kontroversen um Roberta Metsola. Kürzlich setzte sie ihren Schwager als Kabinettschef durch und sorgte für Aufsehen, als sie „vergaß“, ihre Geschenke offen zu legen – ein Vorfall, der von ihren Untergebenen als unangemessen empfunden wurde.
Schwächen im Transparenzsystem
Die neuen Ethikregeln sollen Interessenkonflikte vermeiden und mehr Transparenz schaffen. Der Fall Metsola zeigt jedoch, dass das System Lücken aufweist. Die Regeln gelten für Vizepräsidenten, Quästoren und Ausschussvorsitzende, nicht aber für die Parlamentspräsidentin. Metsola und ihr Sprecher Jüri Laas verteidigten die Ausnahmeregelung mit dem Argument, dass die Rolle der Präsidentin eine besondere sei.
Während sich Roberta Metsola als Verfechterin der Transparenz präsentiert, wirft die Ausnahme für die Präsidentin ernsthafte Fragen über die tatsächliche Integrität und Offenlegung im Europäischen Parlament auf. Vicky Cann von Corporate Europe Observatory kritisierte gegenüber Politico den Mangel an Transparenz und sagte: „In Brüssel wird oft nur das Nötigste getan, anstatt Best Practices zu folgen“.
Kritik von der AfD
Auch Tomasz Froelich, AfD-Europaabgeordneter, zeigte sich auf Anfrage von FREILICH enttäuscht: „Das EU-Parlament hat aus dem Qatargate-Skandal nichts gelernt. Der Hinweis auf die besondere Rolle von Parlamentspräsidentin Roberta Metsola taugt als Argument für Ausnahmeregelungen überhaupt nicht. Im Gegenteil: Gerade in ihrer Funktion als Parlamentspräsidentin müsste Metsola mit gutem Vorbild vorangehen, statt auf Privilegien zu pochen.“
Auch Froelichs Parteikollege und Vorsitzender der EU-Fraktion „Europa der souveränen Nationen“, René Aust, kritisierte auf Anfrage von FREILICH Metsolas Privilegien: „Wieder einmal ändert die EU kurz nach einer Wahl die Spielregeln zu ihren Gunsten. Die EU ist intransparent, selbstbezogen und undemokratisch. Immer mehr Bürger erkennen das.“
Maximilian Krah, ein weiterer Europaabgeordneter der AfD, kritisierte die mangelnde Transparenz: „Wer es in der EU ganz nach oben schafft, muss Regelfall weniger Transparenz befürchten. Das ist der große Kritikpunkt an der gesamten Organisation.“ Krah weiter: „Das ist der große Kritikpunkt an der gesamten Organisation: Sie ist für den normalen Bürger zu weit weg, zu abstrakt, zu abgehoben“. Es könne nicht verwundern, dass Brüssel die „Lobby-Hauptstadt“ der Welt sei, meinte Krah.
Diese kritischen Stimmen deuten darauf hin, dass die neuen Regeln in der Praxis nicht den gewünschten Effekt haben könnten.