Umfrage: Deutsche unzufrieden mit Demokratie und mangelnder Meinungsfreiheit
Eine aktuelle Umfrage in Niedersachsen zeigt, dass 55 Prozent der Befragten der Meinung sind, die Demokratie führe eher zu „faulen Kompromissen“ als zu sachgerechten Entscheidungen. Auch die mangelnde Meinungsfreiheit ist für viele ein Problem, wie eine andere Umfrage zeigt.
Hannover. – Eine aktuelle Umfrage des Landeskriminalamtes (LKA) Niedersachsen zeigt, dass viele Bürger an der Leistungsfähigkeit der politischen Parteien zweifeln. Laut der Umfrage, an der 15.855 Personen ab 16 Jahren teilnahmen, glauben 68 Prozent der Befragten, dass die demokratischen Parteien Probleme nur „zerreden“ und nicht lösen können. Zudem sind 55 Prozent der Meinung, dass die Demokratie eher zu „faulen Kompromissen“ als zu sachgerechten Entscheidungen führt.
Alarmierende Unzufriedenheit mit der Politik
Die niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens bezeichnete die hohe Unzufriedenheit als alarmierend. Das Vertrauen der Bürger in Staat und Politik sei in den vergangenen Jahren gesunken. „Diese Entwicklung müssen alle demokratischen Kräfte im Land als Handlungsauftrag begreifen“, betonte die SPD-Politikerin.
Sebastian Lechner, Oppositionsführer der CDU, sagte, es müssten für die Bürger spürbare politische Erfolge erzielt werden. „Sie haben das Gefühl, dass wir demokratischen Parteien und Fraktionen nicht mehr ausreichend handlungsfähig sind. Sie wollen Entscheidungen, und das kann ich nachvollziehen“, so Lechner. Er betonte, dass man trotz unterschiedlicher politischer Auffassungen zusammenarbeiten müsse, um diese Erfolge zu erzielen.
Skepsis gegenüber der Demokratie
Obwohl die Mehrheit der Befragten (55 Prozent) mit dem Funktionieren der Demokratie in Deutschland eher bis sehr zufrieden ist, zeigt die Umfrage auch, dass fast jeder Zweite (45 Prozent) unzufrieden ist. Vertrauen genießen vor allem korrekte Wahlen (90 Prozent) und die Meinungsfreiheit (75 Prozent).
Die Umfrage identifiziert aber auch große Herausforderungen für Deutschland: So sehen 90 Prozent der Befragten die soziale Spaltung, 87 Prozent Armut, 85 Prozent Umweltverschmutzung und Klimawandel und 79 Prozent Kriminalität als drängende Probleme an.
Unterschiede nach Altersgruppen
Die Studie zeigt, dass die Zufriedenheit mit der Demokratie bei den über 65-Jährigen am höchsten ist, gefolgt von den 16- bis 34-Jährigen. Dagegen sind die Befragten zwischen 35 und 64 Jahren eher unzufrieden. Auch Geschlecht, Migrationshintergrund und Wohnort beeinflussen die Zufriedenheit: Männer, Personen mit Migrationshintergrund und Bewohner von Großstädten sind tendenziell zufriedener als Frauen, Befragte ohne Migrationshintergrund und Bewohner von Städten mit weniger als 100.000 Einwohnern.
„Die Richtung stimmt“
Doch nicht nur die Ergebnisse der Umfrage in Niedersachsen zeigen eine bestehende Unzufriedenheit mit den herrschenden Verhältnissen im Land. Auch der neue „Freiheitsindex“ des Instituts für Demoskopie Allensbach und des Analyseinstituts Media Tenor zeigt, dass ein Großteil der Befragten unzufrieden ist, etwa mit der Meinungsfreiheit. Zwar fühlen sich die Bundesbürger freier als in den vergangenen 25 Jahren und auch der Anteil derer, die glauben, dass man heute in Deutschland seine politische Meinung frei äußern kann, ist gestiegen. Dennoch geben immer noch 41 Prozent der Befragten an, dass sie sich gezwungen sehen, vorsichtig zu sein und ihre Meinung nicht frei äußern zu können.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) freut sich. Er schreibt dazu auf X: „Mehr als die Hälfte der Bürger in Deutschland fühlen sich frei. Das ist der höchste Wert seit Beginn der Erhebung. 7 Prozentpunkte (47 %) mehr als zuvor sagen, ihre Meinung frei äußern zu können. Die Richtung stimmt!“
Mit diesem Beitrag löste Buschmann zahlreiche Reaktionen aus. „Einzige Erklärung: Die Befragten hatten Angst, bei einer falschen Antwort als 'Delegitimierer' in die Kartei zu kommen“, schreibt ein Nutzer. Eine andere Nutzerin will wissen, ob das das Satire-Profil von Buschmann ist. Wieder ein anderer erklärt: „Diese Aussage ist schlichtweg falsch. Der Freiheitsindex hat sich über lange Zeit hinweg verschlechtert und ist lediglich gegenüber dem letzten Jahr etwas besser geworden.“ Das zeigt auch ein Blick auf die Ergebnisse des Freiheitsindex 2023, wonach im vergangenen Jahr 40 Prozent der Befragten angaben, ihre politische Meinung frei äußern zu können. Insgesamt 44 Prozent sagten, man müsse vorsichtig sein.