Spanien: Künftig Abtreibungen ab 16 ohne elterliche Erlaubnis möglich
Auf einen entsprechenden Gesetzesentwurf einigte sich die linke Regierungskoalition. Spanien führt zudem als erstes EU-Land einen Sonderurlaub bei heftigen Regelbeschwerden ein.
Madrid. – Die spanische Linkskoalition unter dem Sozialisten Pedro Sánchez will das Recht auf Abtreibung und weitere Rechte für Frauen im Land ausbauen. Das Kabinett verabschiedete am Dienstag daher eine umfangreiche Reform des „Gesetzes der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und des freiwilligen Schwangerschaftsabbruchs“. Künftig sollen junge Frauen ab dem 16. Geburtstag eine Abtreibung durchführen lassen können, ohne dass dazu die elterliche Zustimmung nötig ist.
Lohnfortzahlung bei „Menstruationsurlaub“
In Spanien war auch bisher schon ein Schwangerschaftsabbruch bis zur 14. Woche legal, allerdings nur für volljährige Frauen. Minderjährige mussten die Genehmigung der Eltern haben. Eine Einigung gab es auch in Bezug auf den sogenannten „Menstruationsurlaub“ (DIE TAGESSTIMME berichtete). Frauen, die unter starken Menstruationsbeschwerden leiden, haben künftig das Recht auf eine Krankschreibung mit besonderen Normen. Manche Ärzte schrieben Patientinnen mit starken Schmerzen auch vorher schon krank, allerdings erhielten diese Frauen binnen der ersten drei Tage keine Lohnfortzahlung. Das wird bei Krankschreibungen aufgrund von Menstruationsbeschwerden künftig anders sein. Die Sozialversicherung übernimmt den Lohn ab dem ersten Tag der Krankschreibung.
Die Reform wurde von Gleichstellungsministerin Irene Montero ausgearbeitet. Sie gehört zum kleineren der beiden Koalitionspartner, zur Linkspartei Unidas Podemos (UP). In einem Radiointerview zeigte sich Montero „stolz“, dass Spanien das erste Land in Europa sein wird, das eine solche Gesetzesregelung einführt. Die Reform zeige, „dass der Staat auf der Seite der Frauen steht“.
Keine Steuersenkung auf Menstruationsprodukte
Die Krankschreibung bei starken Menstruationsbeschwerden, die von Ärztevereinigungen und Frauenverbänden begrüßt wird, hatte bis zum Schluss für Diskussionen in der Linkskoalition gesorgt. Nadia Calviño, erste Vizepräsidentin und Wirtschaftsministerin, befürchtet, dass das neue Gesetz „zu einer Stigmatisierung von Frauen führen könnte“, sagte sie. Letztlich konnte sich Montero aber durchsetzen.
Bei anderen Themen konnte sie sich jedoch nicht durchsetzen. So wollte sie die Anmietung einer Leihmutter im Ausland unter Strafe stellen. Das scheiterte ebenso an den Sozialisten wie der Plan, den Mehrwertsteuersatz für Menstruationsprodukte wie Tampons und Binden von zehn auf vier Prozent zu senken. Das Finanzamt würde durch diese Maßnahme rund 30 Millionen Euro im Jahr weniger einnehmen. Montero will das jetzt bei den nächsten Haushaltsverhandlungen durchsetzen. Dennoch konnte sie einen kleinen Fortschritt erreichen: In Bildungseinrichtungen, die spezielle Sozialprogramme haben sowie in Gefängnissen, werden Menstruationshygieneartikel künftig kostenlos ausgegeben. Nach und nach soll dieses Programm auf weitere öffentliche Einrichtungen ausgeweitet werden.