Ungarn-Wahl: Dritte Orbán-Amtszeit gilt als wahrscheinlich
Diesen Sonntag (8. April) wählt Ungarn ein neues Parlament. Alles andere als ein haushoher Sieg der Jungdemokraten (FIDESZ) von Ministerpräsident Viktor Orbán wäre eine große Überraschung.
Den Umfragen zufolge ist ausschließlich die Höhe von Orbáns Sieg offen, die FIDESZ liegt stabil bei 47 bis 51 Prozent. Ob dies wieder zu einer Zweidrittelmehrheit reicht, ist ungewiss. Für die nationalistische Jobbik („Für ein besseres Ungarn“) ist der zweite Platz in Reichweite, Umfragen prognostizieren etwa 15 bis 20 Prozent. Auch die sozialistische MSZP (etwa elf bis 17 Prozent) kann fix mit einem Einzug planen. Ungewiss ist es, ob es für die Grünpartei LMP oder die sozialliberale DK von ex-Ministerpräsident Ferenc Gyurcsány reicht, beide kämpfen um den Wiedereinzug.
Wahlssystem bevorzugt starke Mehrheiten
Bei der ungarischen Wahl sind seit einer Reform im Jahr 2011 insgesamt 199 Mandate (früher 386) zu vergeben. Dabei werden 106 Abgeordnete in einer Direktwahl in ebenso vielen Wahlkreisen gekürt, wobei eine einfache Mehrheit ausreicht. Die übrigen 93 werden über eine nationale Wahlliste vergeben. Außerdem gilt eine Sperrklausel von fünf Prozent, bei Bündnissen je nach Anzahl der teilnehmenden Parteien von zehn bzw. 15 Prozent. Für Minderheitenlisten gilt ein eigener Schlüssel.
Dieses Wahlsystem begünstigt die stärkste Partei, bei der letzten Wahl reichten Orbáns Partei knapp 45 Prozent der Stimmen zu einer knappen Verfassungsmehrheit von 133 Stimmen. Besonders stark ins Gewicht viel dabei deren geschlossene Stärke in beinahe allen Wahlkreisen: gleich 96 Direktkandidaten der FIDESZ-Liste konnten ins Parlament einziehen, nur zehn gehörten einer anderen Partei an. Wahlberechtigt sind auch diesmal mehr als 8 Millionen Ungarn, wobei mehr als 100.000 Auslandsungarn nur eine Listenstimme besitzen.
Opposition gilt als zerstritten
In dieser Stärke liegt auch die einzige Möglichkeit der zerstrittenen Opposition. In einer Nachwahl im Februar etwa einigten sich sämtliche Parteien der sonst zerstrittenen Opposition auf einen gemeinsamen Kandidaten und konnten den FIDESZ-Kandidaten so bezwingen. Anschließend stand diese Möglichkeit zur Brechung der starken Mehrheit verstärkt in der Debatte. Die linksgerichteten Parteien wollten allerdings in der Folge in vielen Wahlkreisen nicht zugunsten der nationalistischen Jobbik („Für ein besseres Ungarn“) zurückziehen. Deren Chef Gábor Vona kritisierte anschließend ein „Chaos der Linken“, welches ausschließlich Orbáns Regierungspartei helfe.
Orbán punktet bei Identität und Zuwanderung
Orbán, dessen Beliebtswerte trotz einiger Gegner höher sind als die seiner Widersacher, setzte im Wahlkampf auf ein bewährtes Konzept und blieb seiner Linie zu den Themenkomplexen Migration und Identität treu. In einer „Rede zur Lage der Nation“ – Die Tagesstimme berichtete – warnte er zum Wahlkampfautakt davor, Zuwanderung als Lösung von Problemen zu sehen. Es sei Pflicht die „nationale Identität zu bewahren“, andernfalls drohe den Großstädten Europas, dass dort „bald muslimische Mehrheiten herrschen“. In diesem Zusammenhang sprach er sich außerdem für eine Politik aus, welcher Familien fördere. Diese seien seiner Ansicht das „Rückgrat eines Landes“.