Die Europäische Union torkelt in die Zukunft!

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach zur Lage der Union und rief für 2022 das Jahr der Jugend aus.
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17.9.2021
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3 Minuten Lesezeit
Die Europäische Union torkelt in die Zukunft!

Sitz der Europäischen Kommission in Brüssel

© Sébastien Bertrand, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach zur Lage der Union und rief für 2022 das Jahr der Jugend aus.

Was einer Von der Leyen-Rede in keinem Fall fehlen darf, ist schwülstiges Pathos. Zuversichtlich mache sie die Inspiration der Jugend, so meint unsere nie gewählte Präsidentin, denn diese Jugend stehe für Einfühlungsvermögen und Solidarität. Sie spüre zutiefst, dass wir Verantwortung gegenüber dem Planeten hätten. Das hört sich ja sehr nett an. Die Frage ist bloß, von welcher Jugend sie spricht.

Die Minderheit der Jugendlichen, die mit dem goldenen Löffel im Mund, steuerzahlerfinanzierte Erasmus-Urlaube machen, denen die Förderprogramme ihrer Eltern zahlreiche Jobchancen in Institutionen, internationalen Konzernen oder einfach mal das Gap Year erlaubt. Die 59 Prozent der unter 25-Jährigen, die gar nicht erst zur Europa-Wahl gingen, könnten dies vielleicht anders sehen. Doch um die geht es unseren Eliten doch gar nicht mehr und solange sie nicht zur Wahl gehen, anstatt das „Falsche“ zu wählen, tun sie auch niemandem in Brüssel weh.

Geld brachte Ursula von der Leyen schließlich auch noch mit, und davon nicht zu knapp. 806,9 Milliarden sollten es sein, also etwas weniger als ein Drittel des regulären Budgets. Über die Hälfte davon soll in die Modernisierung fließen und die Volkswirtschaften Europas umgestalten. In welcher Form, das lässt sich schon heute im Parteiprogramm der deutschen Grünen nachlesen – oder der FDP, je nach Façon. Natürlich soll dieses Geld „jedermann“ zugutekommen, wie Frau Leyen nicht müde wird zu betonen. Ihr Kommissar für Finanzplanung und Haushalt, der Österreicher Johannes Hahn, schreibt dazu auch gleich, wie dieser „Jedermann“ definiert ist: Bauern, Studenten, Forscher, Gemeinden und Unternehmen – jedermann halt.

„Mit der kombinierten Feuerkraft wird die EU Bürger, Firmen und Regionen, unterstützen, die von der Coronavirus-Krise am meisten betroffen sind.“ Naja, manch einer würde behaupten, es wäre wohl eher ein Lockdown-Krise gewesen, aber immerhin auf die Art wolle man ein Post-COVID-19-Europa erschaffen, das grüner, digitaler, resilienter und fitter für die aktuellen und bevorstehenden Herausforderungen wäre.

Die Lücke zwischen Schein und Sein

Doch was hat der normale europäische Bürger, abgesehen von einer Haftungsgemeinschaft mit den südlichen EU-Ländern, von diesem neuen ambitionierten Programm seiner Union tatsächlich zu erwarten? Zieht man die bisherigen großmundigen Pläne, wie die Lissabonstrategie oder Europa-2020-Strategie als Maßstab heran, dann wohl relativ wenig – in vielen Fällen sogar das Gegenteil von dem, was angekündigt war.

Horrende Summen werden wohl wieder in brillanten Geschäftsmodellen versenkt, die außerhalb des technokratischen Elfenbeinturms in Brüssel eher selten funktionieren. Brüsseler Beamte, die verzweifelt Zeitgeist und PR-Trends hinterherdackeln, werden das Füllhorn jener füllen, die geübt darin sind, einen der komplexen EU-Anträge auszufüllen. Also Forscher und „Entrepreneure“, die es gewohnt sind, ihre Vorhaben mit Schlagworten wie „Klimawandel“, „faire Digitalisierung“ oder „Resilienzfazilität“ zu einem abstrakten Kauderwelsch vermengen. Diese haben nun gute Karten in der Hand, noch mehr Steuergeld abzugreifen. Warum auch nicht, die Beamtenschaft haftet doch nicht dafür. Besondere Punkte gibt es, wer mit einem genderdiversen und bunten Team antritt und dies auch raushängen lässt. Auch sind gerade Konzepte der liberalen Forschercommunity, die Staatsinterventionismus und -dirigismus huldigen, sehr gefragt. Besonders jene, die sagen, der Staat und die EU-Kommission müssten mehr Geld für alles und jeden raushauen, als gäbe es keine Morgen.

Hilfe, die „Rent-Seeker“ kommen

Und schon werden auf der Linken Stimmen laut, die meinen, dass der Staat doch die Corona-Krise so großartig gemeistert habe, er solle doch gleich eingreifen bei Klimakrise, Armut und überhaupt allem auf der Welt. Dass die Corona-Krise eigentlich bisher nur gezeigt hat, wie schamlos und ineffizient Politiker das hart erwirtschaftete Geld der Steuerzahler rausschaufeln, wenn man ihnen nur die Vollmacht und die Gelegenheit dazu gibt, wird geflissentlich ignoriert. Genauso wie die Tatsache, dass die Schuldenberge, die Lockdown und Berufsverbote angerichtet haben, auch zurückgezahlt werden müssen. Da wird sehr bald das große Gewieher losgehen, wenn die Daumenschrauben entsprechend angezogen werden müssen.

Wir alle wissen jedoch, bei wem dies nicht der Fall sein wird. In der Ökonomik bezeichnet der Begriff „Rent-Seeker“ jene Teilnehmer an der Wirtschaft, die Ressourcen aus der Wirtschaft abziehen, die schließlich dem produktiven Teil der Gesellschaft fehlen, ohne aber selbst etwas Produktives daraus zu machen. Beispielsweise Adelige, die auf ihren Schlössern sitzen, sich die Wasserhähne vergolden lassen, aber dem Volk nichts zurückgeben, was deren Leben verbessern würde. (Ich hoffe hier ist niemand so fies und denkt an den mit Doppelpünktchen gegenderten öffentlichen Rundfunk!).

Entsprechend werden Unternehmen, die heute bereits nachhaltig wirtschaften, keine Chance haben gegen Unternehmen, die aus der EU-Bazooka gefüttert werden – ohne ein Geschäftsmodell, das auch ohne massive Subventionen auskommt. So wird Europa in der Welt noch weiter abgehängt, als es ohnehin schon ist – aber immerhin politisch korrekt, denn nobel geht die Welt zugrunde.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
Über den Autor

Simon Veblen

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