„Beauftragte für demokratische Werte“ bei Polizei künftig flächendeckend
Im Kampf gegen Extremismus in den eigenen Reihen soll es bei der Polizei künftig bundesweit spezielle „Beauftragte für demokratische Werte“ geben.
Stuttgart. – Wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr, will das Innenministerium ein bereits laufendes Pilotprojekt auf das ganze Land ausweiten. Von April 2021 bis April 2022 seien bereits 30 Polizisten zu sogenannten Strategiepaten ausgebildet worden, um „ganz gezielt die Resilienz unserer Polizistinnen und Polizisten in Baden-Württemberg zu stärken“, sagte Innenminister Thomas Strobl (CDU). Die Paten veranstalten Seminare, organisieren Gedenkstättenfahrten und sollen die demokratische Resilienz fördern.
„Demokratiefestigkeit erhalten und erneuern“
Künftig soll es in jedem Polizeipräsidium sechs solcher Paten geben. Die Teilnahme ist freiwillig, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet. Die Ausbildung dauert nach Angaben des Ministeriums acht Tage. Vermittelt werden Grundlagen der Extremismusprävention und der politischen Bildungsarbeit. Dabei arbeitet die Polizei unter anderem mit der Landeszentrale für politische Bildung, dem Demokratiezentrum Baden-Württemberg und dem Haus der Geschichte zusammen.
Diese Form von „Nachhilfe“ brauche es, weil Polizisten in ihrem Berufsalltag Situationen ausgesetzt seien, in denen demokratische Resilienz und die Reflexion kritischer Handlungsfelder besonders wichtig seien, heißt es aus dem Ministerium: „Demokratiefestigkeit zu erhalten und zu erneuern ist eine Daueraufgabe, auch und gerade für die Polizei“. Damit „demokratiegefährdende Gedanken und Tendenzen auch in der Polizei nicht Fuß fassen können, tun wir alles, um unsere Polizistinnen und Polizisten gegen jegliche Form extremistischen Gedankenguts abzuhärten“, so Minister Strobl.
Deutsche Polizeigewerkschaft lehnt Vorstoß ab
Der grüne Koalitionspartner begrüßt das Vorhaben. „Resilient gegen Extremismus heißt auch stark für Demokratie“, sagte der Innenpolitiker Oliver Hildenbrand am Sonntag. Die Grünen unterstützten die vielfältigen Kooperationen in der polizeilichen Aus- und Fortbildung, die auf eine „wertegeleitete Polizeikultur“ abzielten. Die Polizei müsse vor allen Formen demokratieschädigender Einflüsse geschützt werden. Hildenbrand forderte eine „kollektive Kultur des Hinsehens, Hinhörens und Reflektierens“.
Die Gewerkschaft der Polizei sieht unterdessen kein flächendeckendes Problem der Demokratiefeindlichkeit bei der Polizei im Südwesten. Das zeige allein der Jahresbericht des Bürgerbeauftragten, sagte der Landesvorsitzende Gundram Lottmann. Dort hätten sich nur sehr wenige Bürger über extremistische Vorfälle beschwert – bei hunderttausenden Einsätzen pro Jahr. Aber Polizisten würden zum Teil jedes Wochenende im Stadion verhöhnt und beleidigt – Paten könnten helfen, das Erlebte zu verarbeiten, so Lottmann. „Das verändert auch die Psyche“, so Lottmann. „Hier entgegenzuwirken sehe ich als positives Hilfsmittel – in Ergänzung zu den Instrumentarien, die wir jetzt schon haben.“ Die Deutsche Polizeigewerkschaft lehnt den Vorstoß dagegen kategorisch ab.
Auch die AfD lehnt die Maßnahme ab. So schreibt der innenpolitische Sprecher der baden-württembergischen AfD-Landtagsfraktion, Daniel Lindenschmid, in einer Pressemitteilung, Innenminister Strobl (CDU) habe trotz einer „enormen Bedrohungslage“ unter anderem durch islamistischen Terror nichts Besseres zu tun, als einen „Generalverdacht gegen die Polizei“ aufrechtzuerhalten, um dem grünen Koalitionspartner einen Gefallen zu tun. Lindenschmid bezeichnet den Entwurf als „Witz“.