Debanking: Politische Waffe gegen Rechts (2)

Der Bundesgerichtshof rechtfertigt das Debanking von Rechten mit der Vertragsfreiheit der Banken. In vielen anderen Bereichen verbietet der Gesetzgeber jedoch Diskriminierung als Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes. In Teil 2 dieser Recherche analysiert FREILICH diese rechtlichen Widersprüche und die Schwierigkeit, eine politische Antwort auf das Debanking-Problem zu finden. Teil 1 dieser Analyse finden Sie hier.

Analyse von
18.12.2023
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5 Minuten Lesezeit
Debanking: Politische Waffe gegen Rechts (2)

Verschiedene Bankkarten.

© IMAGO / foto2press

Der Bundesgerichtshof entschied im Januar 2013: Die Kündigung des rechten Verlags Lesen und Schenken durch die Commerzbank vier Jahre zuvor sei rechtmäßig gewesen. Der Verlag hatte argumentiert, durch die Kündigung wegen seiner politischen Meinung diskriminiert worden zu sein. Der Bundesgerichtshof widersprach: Zwischen Banken und ihren Kunden gelten Privatautonomie und Vertragsfreiheit. Im Privatrecht entfalte der Gleichheitssatz aus Artikel 3 des Grundgesetzes keine „mittelbare Drittwirkung“. Er binde nur den Staat gegenüber Privatpersonen.

Rechtliche Lage von Debanking in Deutschland

Das Kündigungsrecht der Banken ist in den AGB-Banken geregelt. Diese Mustertexte werden von den meisten Privatbanken verwendet. Nach Artikel 19 Absatz 1 kann ein Konto „jederzeit“ mit einer Frist von mindestens zwei Monaten gekündigt werden. Eine Begründung ist nicht erforderlich. Es ist daher nicht verwunderlich, wenn sich die Banken bei der Kündigung von Konten oft in allgemeine Floskeln flüchten: Dem Wiener Aktivisten Martin Sellner wurde von Banken mitgeteilt: Die Kündigung seiner Konten sei wegen „hinreichender Gründe“ oder „von Zwischenmännern festgelegten Bedingungen“ erfolgt. Ein Sprecher der Deutschen Bank kommentierte die Kündigung von AfD-Chef Tino Chrupalla: „Grundsätzlich haben beide Geschäftspartner die Möglichkeit, eine Kontoverbindung ohne Angabe von Gründen zu kündigen.“

Ausnahmen gelten für politischen Parteien: Der Spiegel berichtete im August 2010, das Landgericht Essen habe einer Klage der MLPD gegen die Deutsche Bank recht gegeben. Die Kündigung der linken Kleinpartei, die für den „revolutionären Sturz der Diktatur des Monopolkapitals“ kämpft, sei rechtswidrig. Denn das Parteienprivileg nach Artikel 21 des Grundgesetzes stellt auch extremistische Parteien unter besonderen Schutz. Das Parteiorgan der MLPD jubilierte: Die Deutsche Bank müsse nun die Gerichtskosten tragen. Im August 2018 zeigten sich jedoch die Grenzen des Parteienprivilegs. Die MLPD berichtete, das Landgericht Essen habe diesmal einer erneuten Kündigung durch die Deutsche Bank recht gegeben. Tenor des Katzenjammers: Schuld am Urteil sei eine „zionistische Verleumdungskampagne“ der Jerusalem Post und des Grünenpolitikers Volker Beck gegen die MLPD. Unterschlupf hat die MLPD inzwischen bei der GLS Bank Bochum gefunden. Die Volksbank Pirna ist bei Dissidenten ebenfalls beliebt: Hier haben das Bündnis Sarah Wagenknecht, apolut und die russische Nachrichtenagentur Ruptly ihre Konten.

Für öffentliche Banken gelten besondere Spielregeln. Diese sind als staatliche Institute nämlich an den allgemeinen Gleichheitssatz gebunden. Und dürfen ihre Kunden aufgrund der politischen Ausrichtung nicht diskriminieren. Die Freien Sachsen und Pegida sowie die Verlage Antaios und Jungeuropa suchen daher ihr Heil bei der lokalen Sparkasse. Doch auch die Toleranz des Staates kennt Grenzen: Als Martin Sellner ein Konto eröffnen wollte, knallten ihm deutsche Sparkassen die Tür vor der Nase zu.

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz

Die links-grüne taz erkannte im Januar 2013 einen Widerspruch zwischen dem BGH-Urteil, das die Kündigung eines rechten Verlags durch die Deutsche Bank erlaubte, und dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz. „Auf dem Arbeitsmarkt und bei privaten Massengeschäften (etwa im Supermarkt oder bei einer Wohnungsgesellschaft) darf niemand ausgegrenzt werden, nur weil er dunkelhäutig, weiblich oder homosexuell ist“, so die taz zum Gleichbehandlungsgesetz. Es sei aber gut, dass eine Diskriminierung politischer Anschauungen hiervon nicht betroffen sei. Die Privatautonomie müsse gewahrt bleiben, um „Nazis“ weiterhin diskriminieren zu können.

Ferda Ataman schreibt in ihrem Grußwort zur aktuellen Fassung des Gleichbehandlungsgesetzes: „Die 33 Paragraphen schützen alle Menschen in Deutschland davor, benachteiligt zu werden – sei es auf Grund ihres Alters, ihres Geschlechts, einer chronischen Krankheit oder Behinderung, ihrer Religion, ihrer sexuellen Identität oder aus rassistischen und antisemitischen Gründen.“ Wer sich im Alltag oder am Arbeitsplatz diskriminiert fühlt, kann dies Atamans Antidiskriminierungsstelle melden. Die Denunzierungen werden dann in einem Jahresbericht veröffentlicht und von der Behörde gegebenenfalls gerichtlich verfolgt. Bemerkenswerterweise fehlen in Atamans Aufzählung der Schutz vor Benachteiligung aufgrund politischer Meinungen.

Handelt es sich allerdings um Gruppen, die in der Opferhierarchie der Antidiskriminierungsbeauftragten Ataman Spitzenplätze einnehmen, hat das Gleichbehandlungsgesetz keine Probleme mit rassischer und sexueller Diskriminierung. Gemäß Paragraf 20 Absatz 1 Nummer 3 des Gleichbehandlungsgesetzes können „besondere Vorteile gewährt“ werden, wenn ein „Interesse an der Durchsetzung der Gleichbehandlung fehlt“.

Sexuelle und rassische Diskriminierung in Deutschland

Beim Bundesgleichstellungsgesetz fehlte dem Gesetzgeber scheinbar das Interesse, die Gleichbehandlung von Mann und Frau durchzusetzen. Denn Paragraf 19 Absatz 1 des Gleichstellungsgesetzes schreibt vor: Die Gleichstellungsbeauftragte in öffentlichen Dienststellen von über 100 Personen dürfen nicht männlich sein. So kommt es, dass viele Gleichstellungsbüros von linken oder feministischen Frauen geleitet werden, die Männer höchstens als handzahme Statisten in ihrem Team dulden. Dieses Phänomen lässt sich eindrucksvoll an der Freien Universität Berlin und der Stadt Münster studieren.

Belit Onay fehlte scheinbar ebenfalls das Interesse, die Gleichbehandlung von Migranten und Einheimischen durchzusetzen. Der grüne Bürgermeister von Hannover führte im September 2022 erstmals eine Migrantenquote für den öffentlichen Dienst ein (FREILICH berichtete). Dem Sohn türkischer Migranten war es ein Dorn im Auge, dass Ausländer 39 Prozent der Stadtbewohner, aber nur 14 Prozent der Stadtverwaltung ausmachten. Die grüne Bundestagsabgeordnete Filiz Polat jubilierte: Künftig werde jede dritte Stelle in der Verwaltung mit Migranten besetzt. Auch migrantische Unternehmen würden unter Onay wegen der ethnischen Herkunft ihrer Inhaber bevorzugt, so die Politikerin mit Migrationshintergrund.

Was tun?

Der Mainstream propagiert das Debanking rechter Dissidenten aufgrund ihrer politischen Meinung und die Diskriminierung weißer Deutscher aufgrund rassischer und sexueller Merkmale. Migranten werden im Namen der Gleichheit bevorzugt; weiße Deutsche benachteiligt. Die meisten Linken haben mit diesem Widerspruch kein Problem: Für die taz ist das Debanking von Rechten „juristisch und politisch in Ordnung“.

Die AfD lehnt in ihrem Wahlprogramm sogenannte Antidiskriminierungsgesetze wie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ab. Der Staat dürfe Privatpersonen nicht vorschreiben, mit wem sie Geschäfte machen. Tobias Peterka plädiert gegenüber FREILICH ebenfalls gegen eine Einschränkung der Privatautonomie, gegen eine „unmittelbare Drittwirkung“ des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Artikel 3 des Grundgesetzes. Dies wäre „uferlos“ und würde dem „linken Gesellschaftsumbau“ in die Hände spielen, so der AfD-Bundestagsabgeordnete. Das Bundestagsbüro von Roger Beckamp (AfD) antwortete, das Gleichbehandlungsgesetz gehöre „eingestampft“.

Da die AfD für die Vertragsfreiheit und gegen den Schutz vor politischer Diskriminierung im Privatverkehr eintritt, kann sie keine gesetzliche Lösung des Debanking-Problems anbieten. Das Büro Beckamp sieht die Kündigung von Bankkonten rechter Personen im Zusammenhang mit der „gesellschaftlichen Stimmung“ und der staatlichen „Finanzierung von Linksextremisten und Kommunisten“. Die Rückgewinnung der kulturellen Hegemonie und die Trockenlegung des linken Fördersumpfes sei daher zielführender als die Übernahme „linker Erzählungen“ von angeblicher Diskriminierung.

Über den Autor

Jonas Greindberg

Jonas Greindberg studierte Geschichte und Sinologie in Süddeutschland. Seit Oktober 2022 schreibt er für FREILICH über Hamburger Lokalpolitik, Kriminalität und Einwanderungspolitik.
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