Hammerbande: Versucht der Verfassungsschutz in die Arbeit von Justiz und Polizei einzugreifen?
In Budapest stehen derzeit mehrere Mitglieder der „Hammerbande“ wegen eines Angriffs auf Teilnehmer einer Gedenkveranstaltung vor rund einem Jahr vor Gericht. Die Suche nach weiteren Beteiligten geht unterdessen weiter, und die ungarischen Behörden wollen die Auslieferung bereits festgenommener Verdächtiger erreichen. Wie nun bekannt wurde, hat der Verfassungsschutz versucht, hinsichtlich der Auslieferungen zu vermitteln.
Erfurt/Budapest. – Vor dem Budapester Stadtgericht hat am Montag der Prozess gegen Mitglieder der „Hammerbande“ – zwei Deutsche und eine Italienerin – begonnen. Ihnen wird vorgeworfen, im vergangenen Jahr Teilnehmer einer Gedenkveranstaltung zum „Tag der Ehre“ angegriffen und zum Teil schwer verletzt zu haben. Die Budapester Staatsanwaltschaft teilte dem MDR auf Anfrage mit: „Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft kann im Zusammenhang mit den deutschen Staatsbürgern eine Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung nachgewiesen werden, die mit einer Freiheitsstrafe zwischen einem und fünf Jahren geahndet wird“. Der Italienerin Ilaria Salis werden laut Staatsanwaltschaft „drei versuchte lebensgefährliche Körperverletzungen in einer kriminellen Vereinigung“ vorgeworfen. „Diese Verbrechen können zusammen mit einer Freiheitsstrafe zwischen zwei und 24 Jahren bestraft werden“, erklärt ein Sprecher der Staatsanwaltschaft MDR Investigativ. Weitere Beschuldigte fehlen allerdings. Einer von ihnen, der 23-jährige Simeon T., wurde im Dezember in Berlin festgenommen. Über seine Auslieferung nach Ungarn wird derzeit verhandelt.
Suche nach weiteren Beteiligten geht weiter
Insgesamt fahnden die deutschen Behörden wegen der Übergriffe in Budapest noch nach zehn weiteren Personen, denen gefährliche Körperverletzung vorgeworfen wird. Auch die ungarischen Behörden fahnden nach vier weiteren Personen. Die Deutschen gelten bei den Ermittlern als „untergetaucht“. Einige der Gesuchten stammen aus dem Umfeld der vom Oberlandesgericht Dresden als Linksextremistin verurteilten Lina E., darunter ihr Verlobter Johann G. und ein weiterer Mann. Beide sollen nach Erkenntnissen aus dem Staatsschutzverfahren in Dresden an dem Überfall auf den Eisenacher Leon R. im Dezember 2019 beteiligt gewesen sein. Auch der in Budapest in Untersuchungshaft sitzende Deutsche soll an dem Überfall beteiligt gewesen sein.
Inzwischen wurde bekannt, dass die ungarischen Behörden ein Auslieferungsersuchen für Simeon T., der sich als nicht binär identifiziert und „Maja“ genannt werden möchte, gestellt haben. Ihm wird die Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung sowie vorsätzliche schwere Körperverletzung vorgeworfen.
Verfassungsschutz hat „Vermittlung“ angeboten
Vor wenigen Tagen haben sich die Eltern mehrerer Tatverdächtiger aus der linksextremen Szene mit einem Appell an die Öffentlichkeit gewandt und fordern die Nichtauslieferung. In einem von ihren Anwälten verbreiteten Schreiben begründen die Eltern ihre Forderung mit dem in Ungarn zu erwartenden „im Vergleich zu Deutschland zu erwarteten unangemessenen hohen Strafmaß“. So habe die ungarische Justiz für eine dort inhaftierte Person eine Freiheitsstrafe von 16 Jahren gefordert. Den Gesuchten drohten sogar bis zu 24 Jahre Haft, heißt es. Zudem kritisiert der Elternbrief die ungarischen Haftbedingungen als menschenunwürdig.
Interessant ist, wie sich das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) in diesem Fall rund um die Überfälle der „Hammerbande“ verhält. Wie die Thüringer Allgemeine berichtet, soll das BfV nach Angaben der Anwälte im Dezember letzten Jahres eine „Vermittlung“ angeboten haben. Der Anwalt eines der Gesuchten habe daraufhin klargestellt, dass eine Zusammenarbeit, ein Geständnis oder gar eine Kooperation der Gesuchten nicht in Frage komme. Daraufhin habe das Bundesamt für Verfassungsschutz gegenüber der Generalstaatsanwaltschaft Dresden einen „Deal“ angeregt. „Zusicherung der Verweigerung der Auslieferung nach Ungarn gegen Stellung in Deutschland“. Doch die Generalstaatsanwaltschaft habe darauf bislang nicht reagiert und betreibe stattdessen die Auslieferung weiter, kritisieren die insgesamt zehn Anwälte, von denen die Erklärung stammt. Aus ihrer Sicht könnte der Prozess auch in Dresden geführt werden.