AfD-Politiker und Jäger Arnulf Fröhlich: „Der Wolf hat uns nicht gefehlt“
In der Vorweihnachtszeit und rund um die Festtage rücken Grimms Märchen und Sagen, oft mit dem Wolf als Figur, in den Fokus – mal als Bedrohung, mal als Helfer. Gleichzeitig ist der Wolf seit einigen Jahren ein politisches Thema, das emotional und teils faktenfrei diskutiert wird. Wir sprachen dazu mit Arnulf Fröhlich, AfD-Landesvorstandsmitglied in Schleswig-Holstein, Jäger und Verfechter der Biodiversität.
FREILICH: Herr Fröhlich, gibt es bei der Bewertung, ob uns der Wolf guttut, einen Weg zwischen der Heiligsprechung des Tieres oder der Charakterisierung als Monster?
Arnulf Fröhlich: Nun ja, grundsätzlich habe ich nichts gegen Wölfe und möchte das Tier nicht verteufeln, um weiter in Bildern zu sprechen. Aber ich könnte mit einer Gegenfrage kontern: Hat uns der Wolf, als er bei uns rund vier Jahrzehnte schlichtweg nicht existierte, gefehlt? Ich glaube nicht! Daher ist es nicht die Frage, ob man den Wolf als Monster ansieht oder nicht. Natürlich darf es den Wolf geben – aber eben nicht bei uns.
Das hört sich allerdings etwas egoistisch an. Was meinen Sie damit?
Die Politik und das Konsumverhalten zwingen unsere Landwirte zunehmend mehr zur offenen Weide- und Freilandhaltung. Und das heißt: Ein Schaf ist nun einmal nicht so schnell wie ein gesundes Reh. Da verlässt der Wolf über Nacht gerne den Deckung gebenden Wald. So ist dies ja beispielsweise vor wenigen Tagen erst beim bekannten Landwirt Peter Guhl im Länderdreieck Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern der Fall gewesen.
Dort drang ein Wolf sogar in den Stall ein und verletzte zahlreiche Kälber so schwer, dass sie nur noch vom Veterinär erlöst werden konnten. In den letzten Jahren gibt es allein in Niedersachsen mehr als 4.000 dokumentierte Fälle von Wolfsrissen. Der Wolf ist eine Gefahr geworden, zweifellos – und nicht nur in finanzieller Hinsicht eine Gefahr auch für den Menschen. Der Wolf gehört übrigens nicht zu den bedrohten Tieren, etwa in drei Jahren verdoppelt er seinen Bestand.
Aber vor den Menschen sollen Wölfe doch Respekt haben. Es ist doch bekannt, dass sie vor Menschen fliehen, wenn sie verdächtige Geräusche hören.
Das war früher vielleicht so, aber die Wölfe werden zunehmend zum Kulturfolger und werden neben dem liebgewonnenen Haustier, dem Hund und der Katze, vielleicht auch bald nicht mehr vor dem Menschen zurückschrecken. Wölfe gewöhnen sich an den Menschen. Wir kennen das von Bären aus anderen Ländern. Und nicht zu vergessen, sind traumatisierte und verletzte Tiere durchaus eine konkrete Gefahr.
Es sind mittlerweile zahlreiche Fälle bundesweit dokumentiert, dass Wölfe sehr nah an Menschen herankamen und keine Scheu zeigten. Es ist meines Erachtens daher nur eine Frage der Zeit, bis etwas Schlimmes passiert.
Aber solange Wölfe nur in den Wäldern herumstreifen, ist das dann in Ordnung?
Eben nicht! Wir könnten zwar nun versuchen, Wölfe auf großen zusammenhängenden Wald- und Geländeflächen anzusiedeln, beispielsweise auf Truppenübungsplätzen oder großen Forstbereichen, aber so einfach ist es leider nicht. Den Wölfen ist ein Jagdtrieb angeboren – und damit der Drang der Ausbreitung, sobald man dem Rudel entwächst. Hinzu kommt noch, dass sich unser Wald in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich verändert hat.
Vor rund 30 Jahren ist man beim Waldspaziergang oder beim Pilzesammeln noch oft an Zäune und Gatter gestoßen, die heute fast völlig zerstört oder ganz verschwunden sind. Das hat finanzielle, aber auch ideologische Gründe. Man möchte den natürlichen, unverbauten Wald zurückbauen. Das Rehwild hat aber sein Fressverhalten nicht verändert und frisst weiterhin mit Vorliebe die jungen Triebe ab und macht die Bäume nahezu wertlos.
Sie meinen damit, dass es ehemals natürliche Grenzen für den Wolf nicht mehr gibt und grüne Politik die Ausbreitung des Wolfes sogar begünstigt hat?
In der Tat, wir reduzieren den möglichen Lebensraum und bieten dem Wolf zudem müheloses Fressen in offener Kulturlandschaft.
Aber das muss die Politik ja einsehen und dementsprechend handeln, oder etwa nicht?
Schön wäre es! Aufgrund der Tatsache, dass der Wolf bei unserer Politik einen „Heiligenschein“ besitzt, ist er nur in wenigen Bundesländern überhaupt ins Jagdrecht aufgenommen worden und dort so restriktiv geschützt, dass es kaum zu einer Entnahme, also einer Tötung kommt. Bei uns in Schleswig-Holstein haben wir beispielsweise in Flintbeck das Wildkataster, bei dem die Jäger die Bestände der verschiedenen Wildarten melden.
Interessanterweise wird den Jägern aber von höchster Stelle abgesprochen, das beim Wolf ebenfalls zu tun. Dies könnten angeblich nur eigens ausgebildete Wolfsbeauftragte. Da es aber, welch Zufall, nur wenige Beauftragte gibt, ist die offizielle Zahl der Wölfe im Land weitaus geringer als man vermuten kann. So verschließt man die Augen vor der Realität.
Wie sieht nun ein Lösungsvorschlag aus Ihrer Sicht aus?
Es geht kein Weg daran vorbei, dass der Wolf flächendeckend ins Jagdrecht aufgenommen werden muss. Und da der Jäger die Ausbreitung des Wolfes in den vergangenen Jahren in keiner Weise zu verantworten hat, darf der Jäger natürlich nicht für den auf den Wolf zurückzuführenden Wildschaden haftbar gemacht werden, so wie dies bislang der Fall ist.
Ebenso ist zum Schutz der Jäger die Anonymität des Schützen zu gewährleisten. Auch eine Umkehr der Beweislast wäre eine Entlastung der Bauern. Derzeit muss der Bauer nachweisen, dass es ohne Zweifel ein Wolf war. Anhand der mittlerweile hohen Anzahl nachgewiesener Fälle und der Seltenheit, dass es doch ein Hund gewesen ist, wäre diese Maßnahme nur folgerichtig.
Das heißt, die Ausbreitung ist nicht nur aus Sicht des Tierwohls oder der Entfaltung des Wolfes zu bewerten, sondern auch die Frage, wer für den Schaden aufkommt, ist zu klären?
Es führt an dieser Stelle zu weit, aber ich möchte es trotzdem einmal kurz ansprechen: Die Wildschadenhaftung ist ein Relikt aus dem alten Ständerecht. Hat der Adel auf den Flächen der Bauern Hochwild gejagt, war er auch für die Schäden des Wildes verantwortlich. Aus dieser Zeit entstammt auch die ansonsten völlig sinnfreie Trennung zwischen Hoch- und Niederwild.
Da die Jäger heute aber einen wesentlichen Teil der Pflege und Betreuung unserer Umwelt, einschließlich der Bekämpfung der Schweinepest, übernommen haben, ist zu überlegen, ob diese Haftungsregeln nicht gänzlich überarbeitet werden sollten.
Das ist eine sehr differenzierte Sicht, die die Interessen aller Seiten abwägt, aber zum Schluss kommt, dass es sinnvoller ist, auf eine Ausbreitung des Wolfes zu verzichten?
So ist es. Aber leider versteckt sich die herrschende Politik auch gerne hinter europäischen Gesetzen, um tatenlos zu bleiben oder den Landwirten immer mehr kostenintensive und passive Schutzmaßnahmen aufzubürden. Dass eine Lösung auch innerhalb Europas ganz anders aussehen kann, zeigt das Beispiel Schweden: Dort hat man sich auf eine Obergrenze des Wolfsbestandes geeinigt. Das könnte auch für uns ein Vorbild sein. Aber das hieße, dass die Politik handeln und teilweise unpopuläre Entscheidungen treffen müsste.
Aber wer unsere Politik kennt, wird sich ausmalen können, wie realistisch das ist. Den Wolf wird es freuen. Um es abschließend noch einmal drastisch auszumalen: Erst wenn das erste Wolfrudel sich in einem unserer Stadtparks angesiedelt hat und die morgendlichen Jogger auf Trab hält oder der Oma den Pudel von der Leine stibitzt, wird vielleicht ein Umdenken erfolgen, denn erst dann wird der verklärte Stadtbürger begreifen, welche Situation man den Menschen auf dem Land schon viele Jahre zumutet.
Zur Person:
Arnulf Fröhlich ist Vorsitzender des AfD-Kreisverbandes Stormarn und Mitglied des Landesvorstandes Schleswig-Holstein. Er beschäftigt sich im Schwerpunkt mit Agrar- und Wirtschaftspolitik und führt ein Unternehmen im Landschaftsbau.