AfD-Chefin Weidel zeigt sich traditionsbewusst: „Weidel ist ein oberschlesischer Name“
Die Bundessprecherin der AfD, Alice Weidel, sprach kürzlich mit dem österreichischen Magazin Der Eckart unter anderem über ihren Werdegang und ihre familiären Wurzeln. Ein Historiker erhebt nun wegen einzelner Äußerungen schwere Vorwürfe gegen die Politikerin.
Wien/Berlin. – Alice Weidel, Bundessprecherin und Fraktionsvorsitzende der Alternative für Deutschland (AfD), hat in einem Interview mit der Zeitschrift Der Eckart über ihre politischen Ansichten und ihren persönlichen Werdegang gesprochen. Dabei kam auch ihre Familie zur Sprache. Im Gespräch mit dem österreichischen Magazin erklärte sie unter anderem, dass ihre Familie väterlicherseits aus Leobschütz in Oberschlesien stamme. „Ich habe mich immer geweigert, nachzuschauen, wie der polnische Name der Stadt lautet“, sagte Weidel und betonte die traumatische Kindheit ihres Vaters, der seinen Bruder verloren und nie über seine Erlebnisse gesprochen habe.
Werdegang, politische Themen, Vision
Weidel, die in einer bürgerlichen Familie aufwuchs, berichtete von den hohen Bildungs- und Leistungserwartungen in ihrem Elternhaus. Sie erinnert sich, wie ihr Vater ihr und ihren Geschwistern beibrachte, wie Wirtschaft funktioniert. Ihre eigene Bildungskarriere sei bemerkenswert gewesen: „Ich habe in der Tat recht gut studiert, in der Regelstudienzeit von einem Diplom zwei gemacht und war Stipendiatin in Japan.“ Trotz einer erfolgreichen Karriere in der Wirtschaft entschied sich Weidel für die Politik, beeinflusst von den Veränderungen in Deutschland. „Ich fing an, damit zu liebäugeln, etwas dagegen zu tun und bin in die Hajek-Gesellschaft eingetreten und habe dann da gesessen und mir gedacht, 'Mensch, das ist hier nur ein Sitzkreis, irgendwie können die nichts machen'. Und dann hat mich meine liebe Lebensgefährtin in die Politik 'geschickt', gesagt, dass ich mich richtig engagieren solle“, erklärte sie.
Im Gespräch mit dem Eckart ging Weidel auch auf das Thema Migration beziehungsweise Remigration ein. Dabei betonte sie die Notwendigkeit eines konsequenten Grenzschutzes und forderte die Abschiebung von Menschen ohne Bleiberecht. „Die Pull-Faktoren müssen abgeschafft werden“, betonte sie und sprach sich gegen die „Turbo-Einbürgerungen“ der aktuellen Regierung aus.
Auch zum Thema EU und „Dexit“ äußerte Weidel klare Vorstellungen. Sie forderte eine Rückverlagerung von Kompetenzen von der EU auf die Nationalstaaten. „Sollte die EU sich nicht von selbst reformieren können, muss es jedem Land freistehen, durch Volksentscheide aus der EU auszuscheiden wie beim Brexit“, sagte sie. Abschließend fasste Weidel ihre Vision für Deutschland in drei Sätzen zusammen: „Ein Deutschland, das wieder Sicherheit bietet. Ein Deutschland, in dem der Wohlstand gesichert ist. Und ein Deutschland, dessen Zukunft durch eine aktive Familienpolitik gesichert wird.“
„Das ist purer linker Aktivismus“
Dass Weidel dem Eckart ein Interview gegeben hatte, blieb allerdings nicht lange unbemerkt. Der Historiker Jens-Christian Wagner, Professor für Geschichte an der Universität Jena und Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, erhebt wegen des Interviews schwere Vorwürfe gegen Weidel. „Wenn Frau Weidel de facto sagt, sie weigere sich, den nun polnischen Namen der Geburtsstadt ihres Vaters anzuerkennen, stellt sie die nach 1945 gezogenen Grenzen infrage und wendet sich gegen die Aussöhnung mit Polen und damit eine wesentliche Grundlage für ein friedliches Deutschland“, sagte er der WELT. „Zudem blendet sie die Vorgeschichte und Ursache von Flucht und Vertreibung der Deutschen aus: den von Deutschland begonnenen Raub- und Vernichtungskrieg gegenüber den Staaten Ostmittel- und Osteuropas.“
Damit konfrontiert sagte ein Sprecher von Weidel, dass sich die AfD-Chefin „in keiner Weise auf völkerrechtliche Belange“ beziehe. „Es ist sehr weit hergeholt, in die Worte eine Relativierung deutscher Verantwortung hineinzuinterpretieren.“ Aber auch Weidel selbst nahm Stellung zu dem WELT-Artikel, der sich mit den Äußerungen aus dem Eckart-Interview beschäftigt. „Ein aktivistischer Historiker verdreht böswillig die Fakten und verzapft Unsinn, und die @welt ist sich nicht zu schade, daraus einen Artikel zu machen. Das ist kein Journalismus mehr, sondern purer linker Aktivismus“, kritisiert Weidel auf X.