EU-Bericht 2024 bemängelt Rechtsstaatlichkeit in Österreich
Der EU-Rechtsstaatsbericht 2024 kritisiert schwere rechtsstaatliche Defizite in Österreich, insbesondere bei der Justizbeteiligung an Ernennungen und Transparenzregeln für Abgeordnete. Lob gibt es jedoch für die Reform der Vergabe öffentlicher Aufträge und die effiziente Arbeitsweise des Justizsystems.
Brüssel/Wien. – Der aktuelle EU-Rechtsstaatsbericht 2024 bemängelt schwere rechtsstaatliche Defizite in Österreich. Die EU-Kommission stellt fest, dass es in den vergangenen Jahren keine wesentlichen Fortschritte bei der Beteiligung der Justiz an der Ernennung von Gerichtspräsidenten gegeben hat. Auch bei der Reform der Bundesstaatsanwaltschaft, den Transparenzregeln für Abgeordnete und der Kontrolle des Lobbyings seien keine wesentlichen Verbesserungen zu verzeichnen.
Der Bericht empfiehlt Österreich dringend, die Justiz stärker in die Ernennungsprozesse einzubinden und eine unabhängige Bundesstaatsanwaltschaft einzurichten. Besondere Aufmerksamkeit sollte der Korruptionsbekämpfung gewidmet werden. Weiters wird die Einführung strengerer Regeln zur Offenlegung von Vermögen und Interessen der Abgeordneten sowie die Einführung wirksamer Kontroll- und Sanktionsmechanismen gefordert. Hier sind jedoch noch keine Fortschritte zu verzeichnen.
Wenig Fortschritte
Hingegen lobt die EU-Kommission die Fortschritte bei der Reform der Vergabe öffentlicher Aufträge, betont aber, dass diese Maßnahmen nun konsequent umgesetzt und durchgesetzt werden müssen. Die Unabhängigkeit der österreichischen Justiz wird als hoch eingestuft; das Justizsystem arbeitet laut Bericht effizient.
Justizministerin Alma Zadić (Grüne) zeigt sich angesichts des Berichts optimistisch und verweist auf die positiven Auswirkungen ihrer Reformen der letzten Jahre. Die Einführung einer Generalstaatsanwaltschaft sei der nächste logische Schritt, um die Unabhängigkeit der Justiz weiter zu stärken. Zadić betont, dass seit Beginn der Legislaturperiode rund 650 neue Stellen geschaffen und das Budget um rund 50 Prozent erhöht wurde.
Neben Österreich steht auch Ungarn im Fokus des Berichts. Ungarn wird erneut scharf kritisiert, weil es keine der Empfehlungen aus dem Vorjahr umgesetzt hat, insbesondere was die Unabhängigkeit der Justiz und der Medien sowie den Umgang mit der Zivilgesellschaft betrifft. Die EU-Kommission fordert von Budapest umfassende Reformen, hauptsächlich in den Bereichen Lobbyismus und Wechsel von Politikern in die Privatwirtschaft.
Kritik von der FPÖ
In Österreich sorgt der Bericht für politische Kontroversen. Die FPÖ kritisiert, dass die EU-Rechtsstaatlichkeitsberichte zunehmend als Instrument gegen abweichende Länder eingesetzt werden. Die Europaabgeordnete Petra Steger etwa wirft der Regierung vor, Kritik aus Brüssel zu tolerieren, solange sie sich an die Vorgaben aus Brüssel halte. Sie fordert eine Erklärung von Außenminister Schallenberg zur Verlegung eines informellen Außenministerrats von Budapest nach Brüssel und sieht darin einen Beleg für die von ihr behauptete einseitige Kritik an Ungarn.
Der EU-Rechtsstaatlichkeitsbericht dient seit 2020 als jährliche Grundlage für die Bewertung von Justiz, Medien und Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedsstaaten und enthält sowohl Bewertungen als auch Empfehlungen für Verbesserungen.