EU-Wahl: CSU-Mann Weber wird EVP-Spitzenkandidat
Die Europäische Volkspartei (EVP) kürte am Donnerstag in Helsinki ihren Fraktionsvorsitzenden, Manfred Weber (CSU) zum europaweiten Spitzenkandidaten für die Europawahlen am 26. Mai 2019.
Helsinki. – Wie der Spiegel berichtet, haben sich die 730 EVP-Delegierten etwa sechseinhalb Monate vor den EU-Wahlen auf einen Spitzenkandidaten geeinigt. Etwa 79 Prozent der Stimmen vereinigten sich auf Weber, der damit seinen finnischen Mitbewerber Alexander Stubb ausstach. Er war bereits als Favorit in die Abstimmung gegangen und erfreute sich dabei der einhelligen Unterstützung der EVP-Staats- und Regierungschefs.
Möglicher nächster Kommissionspräsident
Damit könnte der 46-jährige Bayer ab 2019 auch der Nachfolger des von Jean-Claude Juncker als Kommissionspräsident werden. Der ebenfalls aus der EVP-Fraktion stammende Juncker ließ bereits im Dezember 2017 verlautbaren, dass er für keine zweite Amtszeit zur Verfügung steht. Er wäre nach Walter Hallstein (CDU) erst der zweite deutsche Kommissionschef.
Voraussetzung ist allerdings ein positives Ergebnis für die Volksparteien bei der Wahl. Diese stellen derzeit die stärkste Fraktion und seit 2004 den Kommissionspräsidenten. Vor Juncker bekleidete der Portugiese José Manuel Barroso das Amt. Außerdem muss die Mehrheit der EU-Regierungschef der Nominierung zustimmen.
Liberaler, wertkonservativer Spitzenkandidat
Möglich, dass mit Weber auch wieder ein einigermaßen konservativer Wind in die wichtigste Funktion in der EU einkehrt. Auch wenn er in seiner Partei eher als liberal gilt, ist der Niederbayer im Vergleich seiner Parteienfamilie dennoch einigermaßen wertkonservativ. Juncker, sein Vorgänger als EVP-Spitzenkandidat, setzte hingegen verstärkt auf eine „soziale Relance“ der Parteienfamilie.
Weber hingegen sprach sich bereits im Jahr 2009 gegen die EU-Antidiskriminierungsrichtlinie aus, weil diese ein „massiver Eingriff in die Nationalstaatlichkeit“ sei. Bereits im Jahr davor war er als Berichterstatter für die Ausarbeitung der EU-Rückführungsrichtlinie über die Modalitäten zur Ausweisung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger zuständig.
Weber: Migrationsfrage nur mit Ungarn lösbar
Ebenso möglich ist eine Kehrtwende in der EU-Ungarnpolitik. Zwar billigte er als Fraktionsvorsitzender den Bericht der holländischen Grünpolitikerin Judith Sargentini, welche zur Einleitung eines Rechtsstaatsverfahrens führte. Einen früheren Bericht des portugiesischen Liberalen Rui Tavares über die vermeintliche Erosion an Grundrechten in Ungarn bezeichnete er 2013 hingegen als politisch motivierten Angriff auf die Regierung Orbán.
Außerdem bekräftigte er bei der CSU-Klausur im Juni diesen Jahres seine grundsätzliche Bereitschaft mit Ungarn zusammenzuarbeiten. Er vertritt die Ansicht, wonach eine europäische Lösung in der Migrationsfrage nur gemeinsam mit Viktor Orbán möglich ist. Bei der vorausgegangenen CSU-Klausur im Jänner war Orbán sogar in Kloster Seeon zu Gast und warb für eine restriktive Grenzpolitik.