Faktencheck: Ist der Einzug der Linkspartei in den Sächsischen Landtag gefährdet?
Am 1. September finden nicht nur in Thüringen, sondern auch in Sachsen Landtagswahlen statt. Die Freien Sachsen weisen nun darauf hin, dass der Einzug der Linkspartei in das Landesparlament verhindert werden kann und erklären wie. FREILICH hat die Aussagen überprüft.
Leipzig. – In drei Bundesländern stehen im Herbst wichtige Wahlen an: In Brandenburg, Thüringen und Sachsen werden im September neue Landtage gewählt. Dabei besteht nach Ansicht der Freien Sachsen die historische Chance, den Einzug der Linkspartei in den Landtag zu verhindern. Dabei könnte die AfD eine große und wichtige Rolle spielen – zumindest laut Ansicht der Freien Sachsen.
Nach aktuellen Umfragen könnte die Linke in Sachsen den Einzug in den Landtag verpassen, da sie unter fünf Prozent liegt. Um dies zu verhindern, setzt die Partei auf den Gewinn von Direktmandaten in den Wahlkreisen über die Erststimmen. Insbesondere im Leipziger Wahlkreis 4 (der frühere Wahlkreis2), der auch linksradikale Stadtteile wie Connewitz und Südvorstadt umfasst, tritt Juliane Nagel an. Sie hat gute Chancen auf ein Direktmandat, da sie bereits bei früheren Wahlen erfolgreich war.
Linkspartei vor dem Aus?
Die Freien Sachsen argumentieren, dass AfD und CDU bei der letzten Wahl zusammen genug Erststimmen hatten, um Nagel zu verhindern, obwohl die AfD selbst keine realistische Chance auf einen Sieg hat. Deshalb empfehlen sie der AfD, ihren Kandidaten zurückzuziehen, um der CDU das Direktmandat zu ermöglichen und damit die Linkspartei zu schwächen.
Die Freien Sachsen selbst verzichten auf einen eigenen Direktkandidaten im Wahlkreis Leipzig 4, um der Linkspartei nicht zu helfen. Sie argumentieren, dass dies eine Möglichkeit wäre, die Linkspartei aus dem Landtag zu drängen. Die CDU würde durch den Rückzug der AfD keinen zusätzlichen Sitz gewinnen, da ein anderer CDU-Politiker von der Landesliste ausgeschlossen würde.
FREILICH hat die Aussagen der Freien Sachsen einem Faktencheck unterzogen. Zunächst zur Prämisse. Die These, dass der angesprochene Leipziger Wahlkreis 4 von einer konservativen Partei von der Linkspartei erobert werden könnte, ist durchaus zutreffend. 2019 kam Nagel auf 27,4 Prozent der Stimmen, der CDU-Verfolger auf 21,1 Prozent. Zusammen mit den Stimmen des AfD-Kandidaten (13,2 Prozent) hätte Nagel überholt werden können. Dementsprechend stehen die Chancen gut, auch diesmal zusammen mehr als Nagel zu erreichen – wenn man sich auf einen Kandidaten einigt.
Faktencheck: Stimmt das?
Ob die Linkspartei aus dem Landtag fliegen würde, wenn es gelänge, Nagel vom ersten Platz im Wahlkreis zu verdrängen, ist eine schwierige Frage. In den Umfragen liegt die Linkspartei bundes- und landesweit unter fünf Prozent. Ein Einzug über die Landesliste mit Überwindung der Fünf-Prozent-Hürde ist daher so gut wie ausgeschlossen, da vor allem das BSW der Linkspartei auf den Fersen ist und die Grünen eine solide Stammwählerschaft haben. Sollte es für die Linkspartei sehr schlecht laufen, könnten die Direktkandidaten des BSW der Partei weitere Stimmen abnehmen.
Der letzte Wahltrend des Instituts Wahlkreisprognose von Mitte März wies der Linkspartei nur einen einzigen Wahlkreis zu, den sie möglicherweise gewinnen könnte. Und selbst hier heißt es für den Wahlkreis 4: „TOO-CLOSE-TO-CALL FÜR LINKE“. Andere Wahlkreise in Leipzig werden der CDU zugeschrieben. Summa summarum: Die Aussagen der Freien Sachsen treffen zu.
Datenanalyst sieht keine Chancen für die AfD
Würde man der Linkspartei den Leipziger Wahlkreis 4 endgültig entziehen, würde sie aus dem Landtag fliegen, da sie die Fünf-Prozent-Hürde und die Grundmandatsklausel nicht erreichen würde. Ein Verzicht auf eine AfD-Kandidatur im betreffenden Wahlkreis zugunsten des CDU-Kandidaten könnte für die SED-Nachfolgepartei verheerende Folgen haben. Diese Einschätzung teilt auch Martin Scheliga, Datenanalyst für FREILICH.
Bei der Landtagswahl 2019 im Wahlkreis Leipzig 4 konnte Juliane Nagel von den Linken einen deutlichen Personenbonus für sich verbuchen. Die Ergebnisse der Erst- und Zweitstimmen in diesem Wahlkreis zeigen deutlich, dass Nagel mit 27,4 Prozent der Erststimmen deutlich vor der CDU mit 21,1 Prozent liegt. Auch bei den Zweitstimmen konnte die Linke mit 20 Prozent ein respektables Ergebnis erzielen, wenngleich hier die CDU mit 22,9 Prozent knapp vorne liegt.
Im Vergleich zur Europawahl 2019, bei der die Grünen mit 23,01 Prozent das beste Ergebnis erzielten, zeigt sich bei der Landtagswahl eine deutliche Verschiebung der Wählerpräferenzen. Die Linke erreichte bei der Europawahl 17,86 Prozent, die CDU 14,24 Prozent und die AfD 11,51 Prozent.
Ergebnisse der Europawahlen geben Aufschluss
Die jüngsten Ergebnisse der Europawahl 2024 im Wahlkreis Leipzig 4 spiegeln ähnliche Trends wider, allerdings mit deutlichen Veränderungen. Die Linke verlor 4,04 Prozentpunkte und erreichte 13,82 Prozent. Die Grünen mussten einen noch deutlicheren Verlust von 6,55 Prozentpunkten hinnehmen und erreichten nur noch 16,46 Prozent. Die CDU konnte ihren Anteil leicht auf 14,52 Prozent steigern, während die AfD einen Zuwachs von 2,77 Prozentpunkten auf 13,28 Prozent verzeichnete.
„Die Linke hat bei der Europawahl zwar vier Prozentpunkte verloren, kann aber dennoch auf eine solide Wählerbasis bauen“, erklärte Martin Scheliga. Trotz der Verluste der Grünen könnte ihre Unterstützung entscheidend sein, wenn sie ihren Kandidaten zugunsten von Juliane Nagel zurückziehen.
Die AfD habe trotz leichter Zugewinne „faktisch keine Chance auf ein Direktmandat“, so Scheliga. Angesichts der aktuellen Zahlen sei es aber denkbar, dass ein gemeinsamer CDU-Kandidat, der auch von der AfD und den Freien Sachsen unterstützt wird, gegen Nagel bestehen könnte. Dies würde allerdings voraussetzen, dass Nagel keine zusätzlichen Stimmen von den Grünen, der BSW oder der SPD erhält.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Wahlkreis Leipzig 4 ein spannendes Rennen für die kommende Wahl verspricht. Die mögliche Unterstützung der Grünen und anderer Parteien könnte den Ausschlag für Juliane Nagel geben, während CDU und AfD auf eine strategische Zusammenarbeit hoffen könnten, um das Direktmandat zu gewinnen.