Joachim Paul (AfD) über Muezzin-Ruf: „Es geht um Macht“

Die Stadt Köln hat den öffentlichen Muezzin-Ruf beim Freitagsgebet erlaubt. Die AfD macht mit einer Resolution dagegen mobil. Im TAGESSTIMME-Interview erklärt Joachim Paul, stellvertretender AfD-Fraktionschef in Rheinland-Pfalz, die Position der AfD und warnt vor den Strategien der Islamisten.
Interview von
29.11.2021
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4 Minuten Lesezeit
Joachim Paul (AfD) über Muezzin-Ruf: „Es geht um Macht“

Bild: Joachim Paul (AfD) / Facebook

Die Stadt Köln hat den öffentlichen Muezzin-Ruf beim Freitagsgebet erlaubt. Die AfD macht mit einer Resolution dagegen mobil. Im TAGESSTIMME-Interview erklärt Joachim Paul, stellvertretender AfD-Fraktionschef in Rheinland-Pfalz, die Position der AfD und warnt vor den Strategien der Islamisten.

TAGESSTIMME: Immer mehr Städte verkünden, des Ruf des Muezzins erlauben zu wollen – diese medienwirksamen Erklärungen sind praktisch als Aufforderungen zu verstehen. Entsprechend häufen sich die Anträge – insbesondere in Köln. Hier hatte Oberbürgermeisterin Reker mit einem Modellprojekt begonnen, das für „Vielfalt und Toleranz“ stehen soll. Sie fordern in einer Resolution hingegen das Verbot – wie will die AfD den Ruf des Muezzins verhindern?

Joachim Paul: Die Kölner Stadtspitze ist bestenfalls opportunistisch und schielt nach den Stimmen des grünen Milieus, schlimmstenfalls aber glaubt sie wirklich daran, dass es das gute Recht der hier ansässigen Moscheegemeinden ist, ihren Muezzin rufen zu lassen. Dabei ist bereits die von Erdogan im Blitzlichtgewitter eingeweihte Zentralmoschee der „Ditib“ ein Problem für die Stadt und ganz Deutschland. Zudem dürfte kritischen Bürgern, die über ein gutes Gedächtnis verfügen, noch der selbsternannte „Kalif von Köln“, Metin Kaplan, ein Begriff sein. Seine Organisation „Kalifstaat“ wurde 2001 verboten, nachdem sie Mordpläne ausgeheckt hatte. Kaplan wollte mit Gewalt einen Gottesstaat errichten, immerhin konnte er tausende Anhänger auf diese Idee einschwören – darunter viele, angeblich gut integrierte Türken.

Die AfD wendet sich an die Öffentlichkeit und klärt über die Hintergründe auf, das soll für den nötigen Druck auf die Kommunalpolitik sorgen, denn Städte und Gemeinden sind zuständig. In Koblenz ist es uns gelungen, mit dem entsprechenden Druck auf CDU und Freie Wähler ein Verbot des Burkinis in öffentlichen Bädern durchzusetzen. Erst das Verwaltungsgericht kassierte das vom Rat beschlossene Verbot – mit hanebüchener Begründung. Aber dieses Mal stehen die Chancen auf nachhaltige Mobilisierung deutlich besser.

Ist der öffentliche Gebetsruf nicht von der Religionsfreiheit gedeckt?

Paul: Selbst konservative Muslime sagen, dass der Gebetsruf in Ermangelung einer Erlaubnis durch die Behörden im Innern der Moschee erfolgen kann, für säkulare Muslime ist er ohnehin kein Thema. Neben der Pro-Erdogan-Organisation „Ditib“ hat eine rechtsrheinische Moschee den Ruf beantragt – allein auf dieser Seite des Rheins gibt es je eine salafistische, islamistische und fundamentalistische Moschee, in letzterer versammeln sich wohl noch immer die Anhänger Kaplans. Es geht diesen Funktionären doch gerade nicht um den Ausgleich eines tatsächlichen Defizits, sondern um Macht und die Besetzung des öffentlichen Raumes. Und das in einer Zeit, in der ein Teil des Gebetsrufes, nämlich „Allahu akbar“, zum Schlachtruf des Djihads und damit des Terrors geworden ist. Der Fall zeigt, dass unsere Einwanderungspolitik völlig falsch war und bis dato ist.

Bislang ging es auch ohne Muezzin, wieso wollen islamische Organisationen jetzt diese Öffentlichkeit?

Paul: Im Gegensatz zu unseren traditionslosen Etablierten, sind sich Islamisten über den Symbolwert des Rufes des Muezzins, in der Domstadt, in der Reichskanzler Rainhard von Dassel die Gebeine der Heiligen Drei Könige zu ewigen Ruhe gebettet hat, sehr genau im Klaren. Er wäre ein Triumph und zugleich das Signal an die Gefolgschaft, dass die angestrebte Islamisierung voranschreitet und man Erfolge erzielen kann. Sie sehen in dem Projekt in Köln ein Zeichen der kulturellen Selbstaufgabe und Schwäche. Die Islamisten denken in einem viel größeren, historischen Zeithorizont – die Berufspolitiker der Etablierten überschauen vier oder fünf Jahre. Ihnen geht es um erquickliche Schlagzeilen und die Wiederwahl. Das ist in Ungarn und Polen offenkundig anders. Dort ist sowas undenkbar. Und gleichwohl sind beide Staaten Demokratien und genügen rechtsstaatlichen Prinzipien. Gut so.

Sie denken nicht, dass sich die islamischen Gemeinden damit zufriedengeben werden?

Paul: Ein großer Teil der islamistisch orientierten Gemeinden sicher nicht. Die „Ditib“ versucht schon länger einen islamischen Religionsunterricht zu beeinflussen. Türöffner sind vor allem Politiker von SPD und Grünen. Die AfD-Fraktion in Rheinland-Pfalz hat den Abbruch dieser Verhandlungen bewirkt und den Chef der „Ditib“ durch Enthüllungen zum Rücktritt gezwungen. Der angeblich gemäßigte Verband unterhielt Beziehungen zu Hasspredigern. Die Islamisten greifen das diffuse Schlagwort von der „Teilhabe“ gerne auf – staatliche Förderung, Berücksichtigung in öffentlichen Gremien, das schmeckt ihnen besonders gut.

Wie groß ist die Unterstützung der „Ditib“ in der türkischen Einwanderergemeinde?

Paul: Sie ist durch eine geschickte Politik von Erdogans Statthaltern hier vor Ort recht groß. Allerdings bekommen wir auch Unterstützung von Anhängern Kemal Atatürks, die nicht wollen, dass das Türkentum – wie sie sagen – von einem globalen Islamismus verschlungen wird. Wenn Erdogan abtritt, könnte die Türkei Schauplatz eines Machtkampfes werden. Das wird auch Auswirkungen auf Deutschland haben.

Wieso forcieren gerade linke Akteure den Ruf des Muezzins? Sie stehen doch Religionen kritisch gegenüber?

Paul: Früher galt frei nach Marx die Religion Opium fürs Volk sein, heute hat sich eine – wie man in Frankreich sagt – „Islamo-Gauchisme“ gebildet, ein Bündnis zwischen dem politischen Islam und der radikalen universalistischen Linken. Schon in der „Black Lives Matter“-Bewegung mischten Islamisten mit. Sie eint der Hass auf das Abendland und der Traum von einem Weltstaat. Auch teilen beide das Vorurteil, der Kolonialismus der Europäer sei an allem Übel in Afrika und der islamischen Welt schuld. Die alte, marxistisch orientierte Linke ist hingegen auf dem Rückzug.


Zur Person:

Joachim Paul ist ein deutscher Gymnasiallehrer und Politiker. Er ist stellvertretender Vorsitzender der AfD-Fraktion im Landtag Rheinland-Pfalz. Er ist zudem seit 2015 stellvertretender Vorsitzender der AfD-Fraktion im Stadtrat von Koblenz. Seit 2019 ist er Beisitzer im AfD-Bundesvorstand.

Twitter: https://twitter.com/JoachimPaul_AfD

Facebook: https://www.facebook.com/joachim.paul.524


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