Rechtswidrig: Thüringer Stiftung durfte nicht zum AfD-Wahlboykott aufrufen
Im Rechtsstreit zwischen der AfD und der Stiftung Buchenwald entschied das Gericht: Politische Äußerungen sind erlaubt, direkte Wahlempfehlungen nicht.
Weimar. – Im Streit zwischen der AfD und der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora um einen AfD-feindlichen Wahlbrief hat das Verwaltungsgericht Weimar der Klage der Partei in einem Punkt stattgegeben, in anderen Punkten aber abgewiesen. Die Stiftung darf sich demnach zur AfD äußern, aber nicht direkt zur Abwahl aufrufen.
Der Streit drehte sich um einen Brief, den Stiftungsdirektor Jens-Christian Wagner an 350.000 Haushalte in Thüringen verschickt hatte. Im Vorfeld der Landtagswahl im September richtete sich der Brief vor allem an die über 65-Jährigen und übte scharfe Kritik an der AfD. Wagner rief die Adressaten dazu auf, „demokratische Parteien“ zu wählen und verwies auf die Gefahren für die Erinnerungskultur, die von einem möglichen Wahlerfolg der AfD ausgehen könnten. Mit dem Brief wollte Wagner auch Bürger erreichen, die nicht in sozialen Netzwerken aktiv sind.
Die AfD klagte daraufhin vor dem Verwaltungsgericht Weimar auf Unterlassung des Schreibens sowie auf Löschung eines ähnlichen Beitrags auf der Website der Stiftung. Sie stellte infrage, inwieweit sich eine Gedenkstättenstiftung im Wahlkampf politisch positionieren darf.
Entscheidung: Stiftung darf sich äußern, aber nicht zur Abwahl aufrufen
Das Gericht gab der AfD nur in einem Punkt recht: Die Stiftung Buchenwald dürfe die Bevölkerung nicht direkt dazu auffordern, die AfD nicht zu wählen. Die entsprechende Textpassage müsse daher von der Internetseite der Stiftung entfernt werden. Nach Auffassung des Gerichts verstößt eine solche direkte Wahlempfehlung gegen die staatliche Neutralitätspflicht, die für öffentlich geförderte Stiftungen gilt, und ist vom Stiftungszweck nicht gedeckt.
Im Übrigen wies das Gericht die Klage der AfD ab. Der Wahlbrief sei insgesamt vom Stiftungszweck gedeckt, urteilten die Richter. Zu den Aufgaben der Stiftung gehöre es, die Gedenkstätten als Orte der Trauer und des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus zu erhalten, hieß es in dem Urteil. Dies schließe auch eine kritische Stellungnahme zu politischen Verhältnissen ein, wenn das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus gefährdet sei. Die in dem Brief dargelegten Sachverhalte beruhten zudem auf einer nachprüfbaren Tatsachengrundlage, so das Gericht.
AfD plant weitere juristische Schritte
Die AfD zeigte sich enttäuscht über die aus ihrer Sicht unzureichende Umsetzung der Neutralitätspflicht. Sie betonte, dass sich eine öffentlich finanzierte Stiftung aus parteipolitischen Angelegenheiten herauszuhalten habe und politische Einflussnahme im Wahlkampf „schlicht rechtswidrig“ sei. Die Partei kündigte an, gegen das Urteil in der Hauptsache vorzugehen und gegebenenfalls Berufung beim Thüringer Oberverwaltungsgericht einzulegen.
Ob das Urteil im Hauptsacheverfahren Bestand haben wird, bleibt abzuwarten.