Symbolegesetz: Legale Organisation, verbotene Abzeichen
Die Regierung will jetzt endgültig die Symbole der Identitären verbieten – parallel zu dschihadistischen Abzeichen. Ein gefährlicher Präzedenzfall, weil die Abzeichen legaler Organisationen unter Verbot gestellt werden sollen. Kritische Meinungen zur türkis-grünen Attacke auf die Meinungsfreiheit in Österreich kamen bisher fast nur von links.
„Verbieten, Verbieten, Verbieten“, das ist eine Position, die sich schwer toppen lässt. Kommen die Türkisen mit dem „Law“, fährt die FPÖ mit dem „Order“ dagegen. So will man mehr gegen den Islamismus, wo die ÖVP sich nach den Ermittlungspannen vor dem Wiener Terroranschlag ein Reparaturseiderl gönnt, um in Österreich als „die“ Sicherheitspartei glaubwürdig dazustehen. Im Vorbeigehen sollen dabei auch die Symbole der gehassten – aber legalen – Identitären verboten werden.
Der erste, der sich beachtenswerterweise mit Kritik zu Wort gemeldet hat, war Florian Klenk vom „Falter“:
Die Symbole der Identitären werden verboten. Warum genau? Sie sind keiner Verbrechen überführt worden. Genauso gut könnte man die Symbole der FPö verbieten. Eine gefährliche Vorverlagerung der Strafbarkeit in die politische Arena. Die Grünen sollten diesen Irrweg nicht betreten— Florian Klenk (@florianklenk) December 16, 2020
Dass Klenk ein Freund der Identitären sei, ist definitiv auszuschließen. Achtenswert objektiv fügt er hinzu: „Das NS-Verbotsgesetz ist da kein Vorbild. Es ist aus seiner historischen Zeit erklärbar. Aber Symbole zu verbieten von Bewegungen die einem politisch nicht gefallen ist hochproblematisch. Zumal wenn diese Bewegungen das Strafrecht nicht verletzten.“
Die nächsten, die nicht angetan waren von der volksparteilichen Verbotsfreudigkeit, sind die Damen und Herren vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW):
Obwohl ansonsten eher Maximalisten in der Verfolgungsfreudigkeit, ist auch das ein logischer Schluss. Das DÖW ergänzt allerdings, es „ließe sich die Frage stellen, ob ihr Bestand Art. 9 Abs. 2 des Staatsvertrags von Wien (Auflösung “alle[r] Organisationen faschistischen Charakters”) verletzt. Wenn ja, wäre auch das Verbot ihrer Symbole folgerichtig“. Mit Umberto Eco – neuester Trend – ist jetzt anscheinend alles und ewig „faschistisch“.
Rechtsextremismuskorrespondent Fabian Schmid vom „Standard“ sieht auch keinen Sinn in der türkisen Symbolpolitik:
Auf Seiten der extremen Linken findet man solche Verbotsorgien auch nicht gut. Aber mit gepflegtem Pragmatismus: Man weiß dort genau, dass, wenn die autoritären Türkisen jetzt mit Identitären so umspringt, man selbst als nächstes dran ist:
Soweit ein „Best of“ der kritische Reaktionen von links.
Die FPÖ bezog im Juni im Innenausschuss des Nationalrates ebenfalls eine kritische Position. Die Abgeordneten Philipp Schrangl und Dagmar Belakowitsch wiesen darauf hin, dass in der Erweiterung des Gesetzes Gruppen aufgenommen würden, die selbst nicht verboten seien. Die FPÖ warnte davor, dass man damit „die Büchse der Pandora“ öffne. Außerdem meldeten die Freiheitlichen verfassungsrechtliche Bedenken an. Schrangl zog in diesem Zusammenhang auch einen Vergleich mit dem Verbot der Sozialdemokratischen Partei und ihrer Symbole im Jahr 1934.
Im Vorjahr hatte bereits Oberösterreichs Manfred Haimbuchner reagiert. Die Bundesregierung habe angekündigt, im Zuge ihrer halbherzigen Bemühungen gegen den radikalen Islam auch die Symbole „völlig legaler, rechter Vereinigungen“ zu verbieten: „Dadurch entsteht der Eindruck, dass von Rechts eine ähnlich große Gefahr für unseren Staat bestünde wie durch islamistischen Terrorismus. Das entspricht nicht einmal im Ansatz der gesellschaftlichen Realität in Österreich und dieses parteipolitisch motivierte Manöver stellt dadurch eine beispiellose Instrumentalisierung des Parlamentarismus und einen Angriff auf den Rechtsstaat dar.“
Das neue Symbolegesetz mit dem Verbot des identitären Lambdas und der Bergspitzen-Logos der Bürgerbewegung „Die Österreicher“ soll im Juli im Parlament beschlossen werden.
DOKUMENTIERT: Das Symbole-Gesetz neu
Die ursprüngliche Version des Artikels ist zuerst am FREILICH-Blog erschienen.