EU-Parlament erklärt Ungarn zur „Wahlautokratie“
In einer Resolution des EU-Parlaments stimmten die Abgeordneten mehrheitlich für eine Erklärung, die Ungarn als „Wahlautokratie“ einstuft.
433 von 584 Abgeordneten des EU-Parlamentes stimmten am Donnerstag für eine Resolution, die den Konflikt zwischen Ungarn und der EU vertiefen wird. Ungarn sei „zu einem hybriden System einer Wahlautokratie geworden“, heißt es in der angenommenen Erklärung. Damit wird Ungarn der Status einer „vollen Demokratie“ abgesprochen. Die Resolution ist rechtlich nicht bindend, hat jedoch eine hohe symbolische Wirkkraft.
Ungarn steht schon länger aufgrund von Korruptionsvorwürfen und Interessenkonflikten in der Kritik aus Kreisen der EU. Auch diese wurde in der Erklärung kritisiert. Man bedauere, „dass das Fehlen entschlossener Maßnahmen der EU zu einem Zerfall der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte in Ungarn beigetragen hat“. Mehrere Europaabgeordnete haben in der Vergangenheit die EU-Kommission aufgefordert, gegen vermeintliche Verstöße Ungarns vorzugehen. Im April wurde die oberste Behörde erstmalig aktiv: Man löste den „Rechtsstaatsmechanismus“ aus. So kann die EU bei Verstößen gegen die Grundwerte der Union Zahlungen an die betroffenen Länder aussetzen oder kürzen. Laut Meldungen der Agentur dpa könnte die Kommission folgenden Sonntag weitere Maßnahmen gegen Ungarn beschließen.
Abstimmungsverhalten und Kritik
Nach TAGESSTIMME-Recherchen haben sich auch rechte und konservative Akteure für diese Erklärung ausgesprochen. So zum Beispiel die flämische NVA aus der Fraktion „Europäische Konservative und Reformer“ (ECR) Auch der Abgeordnete der ungarischen Partei Jobbik hat dafür gestimmt. Enthalten haben sich von der ECR die Slowaken, der niederländische SGP-Abgeordnete und zwei Mandatsträger aus Tschechien. Von der „Fraktion Identität und Demokratie“ (ID, AfD und FPÖ sind Mitglied) hat sich der dänische Abgeordnete Kofod enthalten. Zudem gab es auch unter anderem eine Enthaltung von einem ÖVP-Abgeordneten und zwei Enthaltungen von der CDU.
Der ehemalige JA-Bundesvorsitzende und Freilich-Autor Marvin T. Neumann kommentierte auf Telegram die Entwicklungen kritisch: „Ausgerechnet die EU-Parlamentarier, deren Mandat weiter entfernt von demokratisch verankerter Norm ist als das eines ungarischen Regierungspolitikers, werfen Ungarn vor, keine Demokratie mehr zu sein, sondern eine ‚Wahlautokratie‘. Die typische Gaslichterei (engl. „Gaslighting“, Anm. d. Red.) also.“