EU: 154 Wirtschaftsprofessoren warnen vor Haftungsunion

Über 150 Ökonomen richten sich in einem Aufruf gegen eine europäische Haftungsunion. Sie würde den Wohlstand in Europa gefährden, warnen die Wirtschaftsprofessoren in einem Offenen Brief.
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EU: 154 Wirtschaftsprofessoren warnen vor Haftungsunion

Symbolbild: By Kiefer. from Frankfurt, Germany (Europäische Zentralbank (EZB)) [CC BY-SA 2.0], via Wikimedia Commons

Über 150 Ökonomen richten sich in einem Aufruf gegen eine europäische Haftungsunion. Sie würde den Wohlstand in Europa gefährden, warnen die Wirtschaftsprofessoren in einem Offenen Brief.

In einem am Dienstag in der deutschen FAZ veröffentlichten Offenen Brief warnen 154 Wirtschaftsprofessoren davor, die europäische Währungs- und Bankenunion „noch weiter“ zu einer Haftungsunion auszubauen. Die diesbezüglichen Vorschläge des französischen Präsidenten Emmanuel Macron und des EU-Kommissionschefs Jean-Claude Juncker würden ein hohes Risiko für die europäischen Bürger in sich tragen.

Faule Kredite

Initiatoren des Aufrufs sind die Wirtschaftsprofessoren Dirk Meyer, Thomas Mayer, Gunther Schnabl und Roland Vaubel. Zahlreiche weitere Ökonomen unterzeichneten den fünf Punkte umfassenden Aufruf.

Darin befürchten die Ökonomen, dass der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM), wenn er als „Rückversicherung für die Sanierung von Banken (Backstop) eingesetzt“ werde, dazu führe, dass er Banken und Aufsichtsbehörden den Anreiz nehme, „faule Kredite“ zu bereinigen. „Das geht zu Lasten des Wachstums und der Finanzstabilität.“

Deutschland könnte Kontrollrecht verlieren

Weiters warnen die Wirtschaftsprofessoren, dass der ESM als „Europäischer Währungsfonds“ (EWF) in EU-Recht überführt werde und damit unter den Einfluss von Ländern, die nicht der Eurozone angehören, gerate. „Da einzelne Länder bei dringlichen Entscheidungen des EWF das Vetorecht verlieren sollen, könnten Gläubigerländer überstimmt werden. So würde zum Beispiel der Deutsche Bundestag sein Kontrollrecht verlieren“, heißt es im Offenen Brief.

Sollte schließlich die Einlagensicherung für Bankguthaben vergemeinschaftet werden, würden „auch die Kosten der Fehler“ von Banken und Regierungen aus der Vergangenheit „sozialisiert“. Weitere geplante Fonds zur gesamtwirtschaftlichen Stabilisierung und zur Unterstützung struktureller Reformen könnten das Fehlverhalten von Euroländern belohnen, „die es in der Vergangenheit versäumt haben, die notwendigen Reformmaßnahmen zu ergreifen“.

Strukturreformen statt neuer Kredite

Das Haftungsprinzip sei ein Grundpfeiler der Sozialen Marktwirtschaft, die Haftungsunion unterminiere jedoch das Wachstum und gefährde damit den Wohlstand in Europa. „Dies zeigt sich bereits jetzt in einem sinkenden Lohnniveau für immer mehr, meist junge Menschen. Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf, sich auf die Grundprinzipien der Sozialen Marktwirtschaft zurückzubesinnen.“

Statt neuen Krediten und falschen Anreizen braucht nach Ansicht der Ökonomen Strukturreformen. Die Ankäufe von Staatsanleihen der EZB sollen ein rasches Ende finden. Zudem brauche es ein geordnetes Insolvenzverfahren für Euroländer und ein geordnetes Austrittsverfahren aus dem Euro. Die Kapitalmarktunion sollte „vollendet“ werden. In der EZB sollen die Stimmrechte mit den aufgenommenen Haftungen verbunden werden.

Unterstützung und Kritik

Laut Bericht des Deutschlandsfunk unterstützte auch AfD-Bundesvorsitzender Jörg Meuthen den Aufruf. Demnach erklärte es, es dürfe nicht noch mehr Geld nach Brüssel abgezogen werden, „um die maroden Südländer zu alimentieren“. Meuthen habe sich dafür ausgesprochen, den Währungsverbund in mehrere kleinere Einheiten aufzuspalten.

Kritik kam hingegen vom SPD-nahen Ökonomen Marcel Fratzscher. Für den Chef des „Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung“ (DIW) sind die Forderungen des Offenen Briefs „der sichere Weg, Euro zu zerstören und Europa und auch Deutschland in die Krise zu treiben.“

Der „Grundfehler“ einiger deutscher Ökonomen sei, wegen potenzieller Fehlanreize jegliche Versicherung abzulehnen. „Jede Versicherung schafft immer und überall auch Fehlanreize (zB Autos, Gesundheit) — das heißt aber nicht, dass man keine Versicherung braucht“, schrieb Fratzscher auf Twitter.

 

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