EU lässt neues Bürokratiemonster auf deutsche Unternehmen los
In seinem Kommentar kritisiert Jurij Kofner die neue EU-Richtlinie, die deutsche Unternehmen künftig dazu zwingen wird, detaillierte nicht-finanzielle Rechenschaftsberichte zu grün-woken Standpunkten, etwa zu Quoten im Unternehmen, zu veröffentlichen.
Anfang Januar hat Brüssel mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting, CSRD) ein weiteres Bürokratiemonster losgelassen, welches einen massiven Erfüllungsaufwand von deutschen Unternehmen erfordert, deren Lieferkettendiversität und internationale Wettbewerbsfähigkeit immens schwächt, kleinere und mittlere Betriebe wieder einmal insbesondere belastet, und die geplante „grüne“ Zwei-Klassen-Zinswirtschaft vorantreibt.
Die neue EU-Richtline wird mit der Zeit sukzessive verschärft werden. Sie zwingt größere Unternehmen mit 500 Mitarbeitern ab 2024, mit 250 Mitarbeitern ab 2025, und ab 2026 sogar kapitalmarktorientierte KMU mit nur zehn Mitarbeitern, detaillierte nicht-finanzielle Rechenschaftsberichte zu grün-woken Standpunkten zu veröffentlichen; zum Beispiel inwiefern sich ein Unternehmen dem „Pariser Klimaabkommen“ unterwirft oder ob es auch brav Quotenfrauen beschäftigt.
Nachteile für mittelständische Unternehmen besonders dramatisch
Die Umsetzung des CSRD auf nationaler Ebene wird unter anderem folgende nachteilige Auswirkungen haben: Durch die Ausweitung des Geltungsbereichs wird sich allein in Deutschland die Zahl der berichtspflichtigen Unternehmen dramatisch von 500 auf 15.000 verfünfzehnfachen. Defacto werden KMU bereits von Anfang an von der neuen Regelung betroffen sein, da größere Unternehmen ihre Zulieferer, zum Beispiel Kfz-Betriebe, in die Verantwortung nehmen werden müssen.
Die CSR-Richtlinie benachteiligt mittelständische Unternehmen (99,3 Prozent der heimischen Unternehmenslandschaft) überproportional, da diese sich eigene Compliance-Abteilungen wie Großkonzerne einfach nicht leisten können. Eine kürzlich erschienene Studie des Instituts für Mittelstandsforschung hat gezeigt, dass im deutschen Maschinen- und Anlagenbau die Bürokratiekosten im Verhältnis zum Umsatz bei mittelständischen Unternehmen (3,2 Prozent) dreimal so hoch sind wie bei Großunternehmen (ca. ein Prozent).
Unerträgliche Komplexität: Unternehmen müssen nun unfassbare 400 Seiten neuer Regeln zur Nachhaltigkeitsberichterstattung überblicken. Bereits jetzt kosten bürokratische Informationspflichten die deutsche Wirtschaft jährlich fast 50 Milliarden Euro. Das sind über 600 Euro pro Person. Laut dem Normenkontrollrat sind die Bürokratiekosten für die Gesellschaft seit 2011 um sage und schreibe 1.700 Prozent gestiegen.
Doppelte Berichterstattung notwendig
Die Nachhaltigkeitsberichte müssen von einem Abschlussprüfer oder einem Drittdienstleister abgenommen werden, wobei auch hier die Prüfungsstrenge sukzessive verschärft wird. Die Komplexität und der Prüfungszwang wird die nicht wertschöpfende Beratungsbranche in Deutschland noch weiter aufblähen. Aufgrund der bürokratischen Belastungspolitik der letzten Regierungen hat sich im vergangenen Jahrzehnt die Zahl der Consultingunternehmen, derer angestellten Berater und deren Umsatz zum Jahr 2021 auf 26.000 beziehungsweise 185.000 beziehungsweise 31,1 Mrd. Euro nahezu verdoppelt.
Da die EU-Richtlinie auf die Einhaltung eigener europäischer Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards besteht, die sich von internationalen Standards unterscheiden, werden deutsche Exporteure nun auch zu einer doppelten Berichterstattung gezwungen.
Analog zum nationalen Lieferkettengesetz wird die EU-Richtlinie deutsche Unternehmen zum Rückzug aus vielen Lieferländern zwingen und damit die ohnehin schon extrem gestiegenen Erzeugerpreise weiter in die Höhe treiben (33 Prozent in 2022), der dringend benötigten Diversifizierung von Lieferketten entgegenwirken und zu einer Verschlechterung der sozialen und ökologischen Bedingungen in den Entwicklungsländern führen.
Verbände kritisieren neue Richtlinie
Die CSR-Berichtserstattungspflicht wurde durchgesetzt, um die EU-Taxonomie für nachhaltige Finanzen zu ermöglichen. Das gesamte Vorhaben, besser bekannt als „Green Deal“ stellt eine ungeheuerliche Umgestaltung des freiheitlichen Marktwirtschaftsmodells in eine Planwirtschaft dar, bei der bestimmte Investitionen und Kredite vom Staat als „(nicht) nachhaltig“ hingestellt, und somit politisch begünstigt beziehungsweise benachteiligt werden. So wird eine innovationsfeindliche Zwei-Klassen-Zinswirtschaft durchgesetzt.
Aus den oben aufgeführten und weiteren Gründen kritisieren und warnen führende Wirtschaftsverbände und Forschungsinstitute zurecht vehement vor der Umsetzung der CSR-Richtlinie in Deutschland, darunter die Deutsche Industrie und Handelskammer, der Bund der Deutschen Arbeitgeber, der Bund der Deutschen Industrie und das EU-kritische Centrum für Europäische Politik in Freiburg.
Zur Person:
Jurij C. Kofner ist gebürtiger Münchner und arbeitet als Ökonom beim Miwi Institut. Zudem ist er als Fachreferent für Wirtschaft, Energie und Digitales bei der AfD-Fraktion im Bayerischen Landtag angestellt.