Massenüberwachung: EU will private Chats kontrollieren
WhatsApp, Telegram, Signal und Co sollen verpflichtet werden, Chats nach Kinderpornografie zu durchsuchen. Datenschützer sind alarmiert.
Brüssel. – Die EU-Kommission hat am Mittwoch ihre Pläne zur Bekämpfung von Kindesmissbrauch im Netz vorgestellt. Um die Verbreitung von verbotenem Material zu verhindern, sollen künftig Kommunikationsdienste wie WhatsApp, Signal, Instagram, aber auch Internetanbieter und Hosting-Dienste verpflichtet werden können, die Inhalte ihrer Nutzer zu scannen. Dazu plant die EU-Kommission ein neues „EU-Zentrum gegen Kindesmissbrauch“, das als unabhängige Behörde mit Europol zusammenarbeiten soll.
Die EU-Kommission betont, die Pläne seien unter anderem mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) vereinbar. EU-Innenkommissarin Yves Johansson verwies zudem auf die ePrivacy-Verordnung, die es Anbietern bereits jetzt ermögliche, Inhalte nach Spam und Schadsoftware zu scannen. Nun sollen sie dazu verpflichtet werden, den Datenverkehr auch auf Kinderpornografie zu prüfen.
Massive Kritik an EU-Plänen
Der Vorschlag der EU-Kommission sorgt für anhaltende Kritik. Gewarnt wird unter anderem davor, dass die EU die neue Behörde nutzen könnte, um die Privatsphäre der Bürger einzuschränken. Konkret befürchten Kritiker etwa, dass dadurch auch verschlüsselte Chatnachrichten überwacht werden können.
Der deutsche Chaos Computer Club (CCC) etwa bezeichnete die Pläne der EU-Kommission als „überzogene und fehlgeleitete“ Überwachungsmethode. „Zweifellos muss den Betroffenen von Kindesmissbrauch besser geholfen werden, die Chatkontrolle ist allerdings ein überbordender Ansatz, leicht zu umgehen und setzt an der völlig falschen Stelle an“, hieß es in einem offenen Brief am Montag. „Kriminelle nutzen bereits heute Verbreitungswege, die von diesen Scans nicht betroffen wären, und werden auch in Zukunft den Scans leicht entgehen“, so CCC.
Kritik kam auch von den Grünen aus Österreich. „Dieser Angriff auf das Grundrecht auf Familie und Privatleben ist unverhältnismäßig und schießt komplett am wichtigen Ziel des Kinderschutzes vorbei“, kritisierte der netzpolitische Sprecher, Süleyman Zorba. Der Handel mit missbräuchlichen Inhalten finde vor allem auf illegalen Plattformen und nicht auf den gängigen Messengerdiensten statt. „Wer Kinderschutz voranbringen will, muss zielgerichtet gegen diese illegale Plattformen vorgehen und nicht die eigene Bevölkerung ausspionieren“, so Zorba. Der grüne EU-Sprecher Michel Reimon kündigte zudem an, man werde der EU-Kommission, dem Rat und dem Europaparlament „genau auf die Finger schauen“.