Rezension: „Ein falsches Wort“
Natürlich herrscht hier Meinungsfreiheit! Das wird uns fast schon gebetsmühlenartig versichert. Trotzdem haben immer mehr Menschen das Gefühl, nicht offen sprechen zu können. Eine unbedachte Äußerung, ein falsches Wort reicht manchmal – und schon ist man seinen Job los oder bekommt zumindest einen medialen Shitstorm ab. Viele schweigen deshalb lieber bei heiklen Themen.
Eine „neue linke Ideologie aus Amerika“ bedroht unsere Meinungsfreiheit, warnt mittlerweile sogar der deutsche Journalist René Pfister in seinem 2022 erschienenen Buch „Ein falsches Wort“. Mit Sorge beobachtet er, wie die neue „woke“ Bewegung rund um „Cancel Culture“, „Critical Race Theory“ und kultureller Aneignung an Einfluss gewinnt. Eine sachliche Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Ansichten findet demnach längst nicht mehr statt. Meinungen, die nicht ins „woke“ Weltbild passen, werden stattdessen immer aggressiver bekämpft. Diese Entwicklung beschränkt sich jedoch längst nicht mehr auf die USA – die „Cancel Culture“ macht sich auch in Deutschland zunehmend breit. Pfister warnt davor, dass der politische Diskurs durch moralische Empörung erstickt werde und dadurch die politische Polarisierung zunehme. Die Folge seien nicht offene Debatten, sondern „politische Parallelwelten, die nicht mehr miteinander kommunizieren“.
Als braver deutscher SPIEGEL-Korrespondent schreibt Pfister natürlich aus einer dezidiert liberalen Position und wird deshalb auch nicht müde zu betonen, wie gefährlich doch auch die politische Rechte und Donald Trump für die Demokratie seien. Dessen ungeachtet zeigt Pfister anhand zahlreicher Beispiele und auf sachliche Weise, wie „woke“ Aktivisten als Minderheit Einfluss nehmen, und zwar dort, wo die gesellschaftlichen Entwicklungen maßgeblich beeinflusst werden: an den Universitäten, Schulen und natürlich in den Medien.
René Pfister: Ein falsches Wort DVA, München 2022, 256 Seiten, A € 23,50 / D € 22,00