Debanking unbequemer Akteure – Eine legale Praxis?
Debanking trifft politisch unliebsame Akteure besonders hart und entzieht ihnen oft die wirtschaftliche Grundlage. Doch ist dieses Vorgehen überhaupt legal?
Das sogenannte „Debanking“, also die Kündigung von Bankkonten als Mittel zur Bekämpfung unliebsamer politischer Akteure, erfreut sich stets wachsender Popularität. Opfer des „Debanking“ sind oft sowohl Einzelpersonen als auch ganze Organisationen, die dem konservativ-nationalen Vorfeld zugeordnet werden können. Beim wesensverwandten „De-Platforming“ werden den Betroffenen die Konten in den Sozialen Medien gesperrt, und dadurch häufig die Haupteinkommensquelle genommen.
Glücklicherweise gibt es inzwischen jedoch eine große Anzahl alternativer Plattformen, auf die im Notfall nach der Kontosperrung umgesattelt werden kann. So können inzwischen abseits von YouTube und Twitch erfolgreich Videos hochgeladen und gestreamt werden, ohne dass dabei ein nennenswerter Verlust an Online-Gefolgschaft in Kauf genommen werden muss. Außerdem kann mit der Berufung auf diverse Grundrechte, insbesondere die freie Meinungsäußerung, regelmäßig die Entsperrung der Konten erwirkt werden.
Auch PayPal und Patreon kündigen Konten
Beim „Debanking“ ist die Lage anders. Die Bank kündigt ihrem Kunden das Konto und entzieht ihm so jegliche Geschäftsgrundlage. Wer seinen Lebensunterhalt im Wesentlichen online verdient, tut dies in der Regel über Spenden oder Abo-Modelle und benötigt dementsprechend ein Geschäftskonto. Zwar kann theoretisch auf Kryptowährungen ausgewichen werden, doch auch die digitalen „Coins“ müssen irgendwann auf ein Konto ausgezahlt werden – der Billa nimmt (noch) keine Bitcoins.
Eine „Bank von rechts“ gibt es, aus einer Fülle an Gründen, noch nicht. Das „Debanking“ erstreckt sich auch auf digitale Bezahldienste wie „PayPal“ oder „Patreon“, die deutlich sperrfreudiger sind als herkömmliche Banken. Glücklicherweise gibt es abseits der Marktführer in diesem Bereich inzwischen Alternativen, zu denen gewechselt werden kann, und die Konten ihrer Kunden gar nicht oder nur in sehr seltenen Fällen sperren.
Wenig Handhabe gegen Debanking
Rein rechtlich gesehen ist dem „Debanking“ wenig entgegenzusetzen. Seit 2016 besteht dank der EU-Richtlinie 2014/92 das Recht jedermanns auf ein sogenanntes „Basiskonto“. Dieses Recht ist sowohl in der BRD, als auch der Republik Österreich, gesetzgeberisch in Form gegossen worden. Ein Kreditinstitut muss demnach jedem in der EU befindlichen Menschen, den Zugang zu einem Konto ermöglichen, das dazu geeignet ist, alltägliche Geschäfte abzuwickeln. Die Richtlinie erstreckt sich auch auf „Asylsuchende“ und „Geduldete“. Ein solches „Basiskonto“, auch „Jedermann-Konto“ genannt, ist mit besonderen verbraucherschützenden Vorschriften belegt, die auch einen erweiterten Kündigungsschutz umfassen. Als reines „Verbraucherkonto“ ist ein solches Konto jedoch selbstverständlich für Geschäftszwecke, aus formal-juristischen, steuerrechtlichen und, letztendlich, praktischen Gründen, ungeeignet.
Wem ein Konto verweigert werden darf und wem nicht
Kann man sich dennoch auf ein „Recht zum Geschäftskonto“ berufen? Leider nicht. Zunächst wäre eine Berufung auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG, BRD-Gesetz), beziehungsweise das Gleichbehandlungsgesetz (GlBG, Gesetz in der Republik Österreich) denkbar. Beide dieser Gesetze haben die Funktion eines Diskriminierungsverbots, jedoch in erster Linie für Arbeitnehmer (zum Beispiel bei der Jobsuche) und in zweiter Linie in der Privatwirtschaft (zum Beispiel bei der Wohnungssuche). Ein Unternehmer oder Freiberufler ist vom Diskriminierungsschutz grundsätzlich nicht erfasst.
Die genannten Gesetze enthalten jedoch beide ein Verbot der Diskriminierung auf religiöser oder weltanschaulicher Grundlage. Allerdings ist bereits hinreichend entschieden worden, dass die politische Haltung nicht unter die Kategorie der „Weltanschauung“ fällt. Das heißt konkret: Dem überzeugten Scientologen darf aufgrund seiner Weltanschauung mit religiösem Charakter weder Job noch Wohnung, noch Bankkonto verweigert werden, dem patriotischen Aktivisten schon, und das ohne rechtliche Grauzone, sondern vielmehr mit juristischer Selbstverständlichkeit.
Grundsatz der Privatautonomie
Darüber hinaus gilt der Grundsatz der sogenannten Privatautonomie beziehungsweise Vertragsfreiheit. Das heißt, jedem Vertragspartner steht grundsätzlich frei, mit wem und in welcher Form er ein Geschäftsverhältnis eingeht. Ein gesetzliches Verbot ist, aus den oben genannten Beschränkungen der Diskriminierungsverbote, grundsätzlich auszuschließen. Vielmehr ist darauf abzustellen, dass jedes Kreditinstitut das Recht hat, Geschäftsbeziehungen zu beenden, sofern es der Meinung ist, dass einer ihrer Kunden einen Schaden verursachen könnte und dadurch die Vertragsgrundlage stört.
Der (potenzielle) Schaden kann dabei allein schon durch die Tatsache entstehen, dass die entsprechende Bank öffentlichkeitswirksam mit dem politischen Akteur in Verbindung gebracht werden kann, dessen Konto gesperrt werden soll. Im (häufigen) Fall von öffentlich beworbenen Spendenkonten dürfte diese Öffentlichkeitswirksamkeit offensichtlich sein und regelmäßig als Kündigungsgrund vollkommen ausreichen. Dass eine Kontosperrung einer solchen Begründung häufig gar nicht bedarf, sondern mehr oder weniger als selbstverständlich wahrgenommen wird, zeigen Einzelfälle, wie der Martin Sellners, mit sage und schreibe 89 (!) gesperrten beziehungsweise gekündigten Konten oder die aktuelle Kontosperrung des FREILICH-Magazins. Die entsprechenden Banken wissen, dass die Opfer des „Debanking“ keine rechtlichen Schritte mit Erfolgsaussichten einleiten können.
Schaffung von Alternativen
Freilich ist davon auszugehen, dass halbwegs privat agierende politische Akteure (noch) von derartigen Kontosperrungen verschont bleiben werden, weil die Gefahr des Rufschadens für die jeweiligen Banken schlichtweg nicht gegeben ist. Und die prominenten Einzelfälle zeigen, dass es trotz aller Widrigkeiten möglich, wenn auch mühselig, ist, das „Debanking“ zu umschiffen. Mittelfristig müssen sich dennoch alle öffentlich aktiven Personen und Organisationen Gedanken darüber machen, in welcher Form eine „Bank von rechts“ denk- und machbar ist. Zurzeit sind weder Gesetzgebung noch Justiz auf unserer Seite, und eine zeitnahe Änderung ist nicht in Sicht. Wer nicht eines Tages mit nichts mehr als einem „Basiskonto“ dastehen möchte, hat keine Alternative.