Freilich #36: Ausgebremst!

„Der Hegemonie entgegen“: Kaisers Buch als Schwert im Kampf um kulturelle Macht

Benedikt Kaiser zählt zu den wichtigsten Vordenkern der Neuen Rechten. Er enttäuscht auch mit seinem jüngsten Machwerk nicht. Das Buch, meint Fabian Walch, gehört ins Regal eines jeden, der die aktuelle metapolitische Hegemonie der Linken gebrochen sehen will.

Kommentar von
11.12.2025
/
3 Minuten Lesezeit
„Der Hegemonie entgegen“: Kaisers Buch als Schwert im Kampf um kulturelle Macht

Benedikt Kaisers neuestes Werk „Der Hegemonie entgegen“ ist kürzlich im Jungeuropa Verlag erschienen.

© Jungeuropa. Collage: FREILICH

Wenn man eine Überwachungskamera installiert, kann man nicht messen, wie viele Verbrechen dadurch verhindert wurden. So ähnlich verhält es sich mit Metapolitik und der angestrebten Hegemonie: Auch wenn sich der Erfolg empirisch nicht nachweisen lässt, so wirkt sie doch, und zwar losgelöst von etwaigen Wahlergebnissen. In seinem neuen Buch „Der Hegemonie entgegen“ schreibt Kaiser dazu: „Hegemonie ist mehr als nur eine Abfolge von Wahlergebnissen. Wahlen allein sind kein kategorischer Gradmesser für Hegemonie, sondern 'nur' ein wichtiges Anzeichen für sie. Wir erinnern uns: Die Grünen haben bundesweit noch nie über 14,8 Prozent erzielt und üben dennoch eine relative (!) kulturelle, politische und mediale Hegemonie aus. Wahre Hegemonie äußert sich im Alltag, nicht am Wahltag.“

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Kaiser plädiert dafür, der Hegemonie im doppelten Sinn entgegenzuziehen: Zum einen die aktuelle Hegemonie der Woke-Linken brechen, um diese zum anderen dann mit der eigenen zu ersetzen. Was dringend notwendig sei, da es keine „hegemoniefreie Zone“ gebe und folglich „keine Neutralität“, auch im ideologischen Sinn. Wer also die Hegemonie des anderen zu zerschlagen sucht, diese Rolle dann aber nicht selbst übernimmt, hinterlässt ein metapolitisches Machtvakuum, das von anderer Seite ausgefüllt werden wird. Der Thron der kulturellen Hegemonie kann nämlich niemals vakant sein. Und deshalb ist es wichtig, dies mit einer Doppelstrategie zu planen, zumindest so weit sich diese planen lässt. Kaiser räumt nämlich selbst ein, dass sich Krisen nicht planen lassen und immer ergebnisoffen sind. Wie es gelingen kann, Krisen beziehungsweise konvergente Krisen zu nutzen, um die Hegemonie zu erlangen, beschreibt Kaiser auf 273 Seiten.

Begriffsarbeit und geistige Ahnen

Kaiser nimmt den Leser vorweg an die Hand, klärt einige Begriffe und erläutert seine Verwendung derselben: vordergründlich Metapolitik und Hegemonie. Er gibt auch einen kurzen Überblick, was die Neue Rechte ist und wer deren wichtigste Impulsgeber – allen voran Alain de Benoist – sind. Danach geht es zum Säulenheiligen Antonio Gramsci. Nicht von ungefähr lautet der Untertitel des Buches „Gramsci, Metapolitik und Neue Rechte“. Das macht es auch für Neueinsteiger, die in der neurechten Debatte nicht allzu firm sind, geeignet. Das Buch ist aber keineswegs ein Wiederaufwärmen von längst Bekanntem. Auch Veteranen der Szene kommen auf ihre Kosten, da Kaiser mit dem vorliegenden Werk eine längst überfällige Lücke im rechten und nonkonformen Denken schließt.

Gramscismus im Praxistest

Sogleich geht es dann im Kapitel „Gramscismus in Theorie und Praxis“ um des Pudels Kern, das Herzstück des Buches. Kaiser hangelt sich dabei gekonnt an den wichtigsten meta- und realpolitischen Feldern inklusive nicht allzu ausuferndem zeitgeschichtlichem Überblick entlang. Dabei sind seine Gedanken stets nachvollziehbar, und wer sich eingehender mit Kaisers Musen beschäftigen will, kann dies dank zahlreicher Fußnoten bequem tun. Die immer passenden Zitate anderer Autoren – zumeist jedoch von Gramsci – am Beginn eines jeden Kapitels stimmen auf das Folgende ein und regen den intellektuellen Appetit an. Kaiser enttäuscht mit seinen persönlichen Ausführungen dann ebenfalls nicht.

Freilich, wer eine genaue Anleitung sucht, wie die Macht zu erringen ist und was dann genau zu tun sei, wird jäh enttäuscht werden. Wie das historische Fenster aussehen und wann sich dieses öffnen wird, bleibt abzuwarten. Ist es die aktuelle Konvergenz der Krisen oder steht uns das große Damaskuserlebnis noch bevor? Dies vorherzusehen, vermag nicht einmal ein Benedikt Kaiser. Denn wie wirkmächtig einzelne metapolitische Einflüsse schlussendlich werden, lässt sich ebenfalls erst in der Reminiszenz beurteilen.

Zwischen Krisenfenster und Zukunftsfrage

Man sollte Kaisers neues Buch im Doppelpack mit seinem „Solidarischer Patriotismus. Die soziale Frage von rechts“ lesen. Während „Der Hegemonie entgegen“ nämlich Strategie, Taktik und Grundlage der Politik behandelt, erhält man dort das weltanschauliche Rüstzeug. Auch wenn man die Bücher ohne weiteres isoliert lesen kann, sollte beides aufgesogen werden, um Kaiser verstehen zu können.

Das Buch regt jedenfalls zum Nachdenken an und gibt vor allem Hoffnung – in einer Szene, wo nicht wenige die Hoffnung bereits aufgegeben haben. In einer Zeit, in der die meisten intellektuellen Erzeugnisse eher ein Schild im Abwehrkampf darstellen, sticht Kaisers Hegemonie-Buch als scharfes Schwert geeignet für den Gegenangriff hervor. Dass die Linke Angst vor der Schärfe dieser Klinge hat, zeigen die hysterischen Reaktionen aus jener Ecke. Es drängt aber auch die Zeit. „Es gibt keinen real- und metapolitischen Neubeginn, wenn das Volk als Faktor ausfällt […]“, mahnt Kaiser. Somit kommt dieses Buch genau zur rechten Zeit. Wir dürfen also keine Zeit verlieren: Ziehen wir dieses Schwert aus der Scheide und stürmen der Hegemonie entgegen!

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
Über den Autor

Fabian Walch

Fabian Walch ist Gemeinderat der FPÖ Innsbruck. Der studierte Historiker ist zudem Obmann des Freiheitlichen Akademikerverbands Tirol.

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