Die unterschätzte Wahl: Warum die Wirtschaftskammerwahl eigentlich so wichtig ist

Mitte März finden in Österreich die Wirtschaftskammerwahlen statt. Ihr wird jedoch wenig Aufmerksamkeit geschenkt, kritisiert der Politikberater Robert Willacker in seinem Kommentar für FREILICH. Dabei sei sie für die wirtschaftspolitische Ausrichtung Österreichs so wichtig.

Robert Willacker
Kommentar von
11.2.2025
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2 Minuten Lesezeit
Die unterschätzte Wahl: Warum die Wirtschaftskammerwahl eigentlich so wichtig ist

Mitte März können die Österreicher wieder an der Wirtschaftskammerwahl teilnehmen.

© IMAGO / Steinach

Während auf der bundespolitischen Hauptbühne die Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP nahezu die gesamte öffentliche Aufmerksamkeit auf sich ziehen, steht auf einer der Nebenbühnen aktuell eine Wahl an, die eigentlich mehr Beachtung verdient hätte: die Wirtschaftskammerwahl.

Wenig Interesse an WK-Wahl

Alle fünf Jahre sind die österreichischen Unternehmen und Betriebe aufgerufen, eine neue Interessenvertretung zu wählen. Das allgemeine Interesse an dieser Abstimmung hält sich jedoch in überschaubaren Grenzen, und zwar auch in der Wählerschaft selbst. Lediglich 33,7 Prozent der Wahlberechtigten machten vor fünf Jahren von ihrer Stimme gebrauch. Das ist insofern bedauerlich als dass es sich bei der Wirtschaftskammer bekanntlich um eine von zwei Säulen der Sozialpartnerschaft handelt, die in Österreich traditionell und unabhängig von Nationalratswahlergebnissen zahlreiche politische Fäden in der Hand hält. Die konkrete Ausgestaltung und Verteilung der Mandate auf die unterschiedlichen Fraktionen hat also weitreichende Auswirkungen auf die wirtschaftspolitische Ausrichtung des ganzen Landes.

Leider hat sich die Wirtschaftskammer im Laufe der Jahre und unter dem steten Einfluss des Wirtschaftsbunds von einer Interessenvertretung der Unternehmen zu einer Filiale der ÖVP gewandelt. Mit dieser Fehlentwicklung gehen einige Skandale einher: so gründete der Wirtschaftsbund etwa in Vorarlberg und Kärnten eigene Magazine und ließ dann die Wirtschaftskammer darin für teures Geld inserieren. Ähnliches spielte sich auch in Oberösterreich ab, wo über die Jahre mehr als 300.000 Euro an Inseratengeldern der Wirtschaftskammer an das Volksblatt vergeben wurden, das sich bis zu seiner Einstellung im Jahr 2023 im Eigentum der ÖVP Oberösterreich befand.

Fragwürdiger Umgang mit Beiträgen

Der mindestens kreative Umgang mit Inseraten und den dazugehörigen Geldern ist in Österreich berühmt-berüchtigt und die Wirtschatfskammer bildet hier keine dringend benötigte Ausnahme. Welch skurrile Blüten der Selbstbedienungsladen für Funktionäre, als den man die Wirtschaftskammer mit Fug und Recht bezeichnen kann, mitunter treibt, offenbart ein interner Kontrollbericht der Wirtschaftskammer aus dem Jahr 2021: darin wird kritisiert, dass die Mitgliedsbeiträge der Betriebe und Unternehmen beispielsweise für Kurzurlaube von Funktionären in Griechenland oder Mitgliedschaften in Golf- oder Yachtvereinen ausgegeben werden. Auch besitzt die Wirtschaftskammer Beteiligungen an rund 150 Unternehmen, die jedoch nicht offengelegt werden.

Was mit den Geldern finanziert wird

Finanziert werden dabei direkt und indirekt eine ganze Reihe von Instituten, Vereinen und Arbeitsgruppen, die personell oder finanziell eng mit dem Wirtschaftsbund verbunden sind. Stehen diesen Eskapaden denn wenigstens adäquate Serviceleistungen für die zwangsweisen Mitglieder gegenüber, könnte man nun fragen. Doch auch hier sieht es duster aus: bis heute warten manche Betriebe noch auf ihre Coronahilfen, die entgegen zahlreicher Expertenmeinungen auf politische Anordnung nicht über die Finanzämter, sondern über die Wirtschaftskammer abgewickelt wurden. Wer in der Coronakrise tatsächlich Unterstützung haben wollte, musste der Wirtschaftskammer sodann weitreichende Einblicksrechte in das eigene Unternehmen gewähren. Das Bild, das sich dabei zeigt, ist jedenfalls nicht geeignet, das Vertrauen in die Institution der Wirtschaftskammer zu fördern.

Nachdem eine grundlegende Reform der Wirtschaftskammerstrukturen seit Jahren am erbitterten Widerstand von ÖVP und SPÖ scheitern, kann eine langsame Veränderung nur über die Schwächung des Wirtschaftsbunds bei den entsprechenden Wahlen herbeigeführt werden. Vom 10. bis 13. März besteht dazu nun die Gelegenheit. 

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
Über den Autor
Robert Willacker

Robert Willacker

Robert Willacker ist ein deutscher Politikberater. Ursprünglich in Brasilien geboren und in Franken aufgewachsen, studierte er nach dem Abitur Politikwissenschaften in Innsbruck.

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