Freilich #36: Ausgebremst!

Kulturkampf im Bundestag: CDU, Grüne, SPD und Linke stellen sich schützend vor linke Verlagsszene

Zuletzt sorgte der Deutsche Verlagspreis mit seinen diesjährigen Preisträgern und der Jury für viel Aufregung. Im Bundestag verteidigten CDU, Grüne, Linke und SPD den Preis nun gegen die Reformforderungen der AfD.

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Kulturkampf im Bundestag: CDU, Grüne, SPD und Linke stellen sich schützend vor linke Verlagsszene

Der Grünen-Politiker Sven Lehmann warf der AfD im Hinblick auf ihren Antrag einen „Einstieg in die Zensur“ vor.

© IMAGO / dts Nachrichtenagentur

Berlin. – Im Bundestag wurde am Mittwoch, dem 5. November 2025, erstmals über den Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Den Deutschen Verlagspreis grundlegend reformieren – Keine Steuergelder für Verlage, deren Programme auch linksextreme Inhalte umfassen“ beraten (FREILICH berichtete). Darin fordert die AfD umfassende Änderungen, unter anderem, den Preis auszusetzen, bis Jury und Auswahlverfahren transparenter gestaltet sind.

Helferich greift Kulturstaatsminister scharf an

In einer scharfen Rede kritisierte Matthias Helferich (AfD) die Kulturpolitik der Bundesregierung und warf Kulturstaatsminister Wolfram Weimer vor, mit dem Deutschen Verlagspreis Hunderttausende Euro Steuergeld in „publizistischen Linksextremismus” zu lenken. Der Abgeordnete zitierte den Minister selbst. „Es sind Verlage, die die literarische Vielfalt in Deutschland beleben und denen wir besondere Bücher verdanken. Bücher, die den demokratischen Diskurs stimulieren, zum kritischen Denken anregen und die eigene Gedanken- und Gefühlswelt bereichern.“

Helferich stellte diese Aussage in Frage: „Stimuliert der Unrast-Verlag den demokratischen Diskurs, wenn in der dort erschienenen Broschüre ‚Tipps und Tricks für Antifas und Antiras‘ der Einsatz von Elektroschockern, Teleskopschlägern und Gaspistolen als Diskursverstärker angeraten wird?“ Er sprach von „verklausulierten Anleitungen zum ‚Straßenkampf‘ gegen das ‚imperialistische System‘ der Bundesrepublik“ und thematisierte die Darstellung sexueller Fetische.

Der AfD-Abgeordnete bezeichnete den Preis als „linke Selbstbeweihräucherung“ und warf der Jury einseitige Besetzung aus dem linken bis linksextremen Milieu vor. Auch der Minister selbst sei „Geisel seiner eigenen Geschäftspraktiken“ und kapituliere „vor der linken Dominanz“. Zwar sei es in der Bundesrepublik nicht unüblich, dass Linke Linken Preise verleihen. Es sei auch nicht überraschend, wenn Linke linken Strukturen Steuergeld zuleiten. Aber ein „selbsternannter Konservativer“, der den Kulturkampf verweigere, verwundere dann schon, so Helferich.

CDU weist Kritik als Angriff auf Kunstfreiheit zurück

Ottilie Klein (CDU/CSU) reagierte deutlich auf die Kritik der AfD. Sie bezeichnete die Ausführungen als neue Ausgabe des „kruden Kultur- und Gesellschaftsbildes der AfD“ und warf der Partei einen „Generalangriff auf die Kunstfreiheit“ vor. „Die Grenzen der Kunstfreiheit werden allein durch das Strafrecht definiert, nicht durch persönliche Präferenzen (...)“, so die Abgeordnete.

Klein betonte, der Preis fördere „Exzellenz und Vielfalt in der deutschen Literatur“ und trage zur Medienvielfalt bei. Schon jetzt seien Verlage ausgeschlossen, deren Werke jugendgefährdende, gewaltverherrlichende, verfassungsfeindliche oder strafbare Inhalte umfassen. Als CDU/CSU lasse man nicht zu, „dass die AfD den deutschen Verlagspreis in Misskredit bringt“. Als Partei der politischen Mitte werde man weiterhin für Kunstfreiheit und Medienvielfalt in Deutschland eintreten und „alles dafür tun, dass die politischen Ränder keine Deutungshoheit über unsere Kultur bekommen“.

Grüne: AfD will Einstieg in die Zensur

Sven Lehmann (Grüne) warf der AfD unterdessen sogar einen stu vor: „Es geht ihnen nicht um die Steuergelder, es geht ihnen nicht um den Schutz der Demokratie, es geht ihnen um den Einstieg in die Zensur.“ Lehmann hielt der AfD vor, „antifaschistische“ und feministische Bücher bewusst zu skandalisieren. „Meinetwegen lesen Sie den ganzen Tag Compact oder Ihr Stichwortgeberportal Nius oder welche Blut- und Bodenliteratur auch immer, aber lassen Sie anderen Menschen die Freiheit, die Dinge zu lesen, die sie lesen wollen“, so der Grünen-Politiker in Richtung des AfD-Abgeordneten Helferich. Dabei lobte er auch die Jury: „Der deutsche Verlagspreis mit den ausgezeichneten Verlagen und einer tollen fachkundigen Jury steht für diese Freiheit und Vielfalt“.

Holger Mann (SPD) übte ebenfalls Kritik an dem Antrag. Er sah in dem AfD-Vorstoß keinen Reformvorschlag, sondern einen „rechten Kulturkampf“. Dem Antrag fehle, so Mann, „jede sachliche Grundlage“. Er folge einzig einer „digitalen Hetzkampagne“, die das Portal Nius dem diesjährigen Verlagspreis vorausgeschickt habe. Mann kritisierte die „Instrumentalisierung des Debattenraums“. Er warf der AfD vor, dass sie zum Ziel habe, publizistischen Stimmen, die sich gegen ihre Position stellen, „zum Verstummen“ bringen zu wollen.

Der Verlagspreis, davon ist man bei der SPD „zutiefst überzeugt“, verdiene Anerkennung, „so wie auch dessen prämierten Verlage“. Sie seien es, „die mit ihrer Haltung und ihrem Engagement literarische Stimmen hörbar machen, die uns auch eine kritische Auseinandersetzung mit dem Zeitgeschehen abverlangen und damit aus unserer Sicht den demokratischen Diskurs bereichern“. Deshalb gelte es, diese Verlage zu schützen, so Mann.

Union erkennt Problem, bleibt aber linientreu

In der an die Aussprache anschließende Kurzintervention erklärte der Unionspolitiker Johannes Volkmann in Hinblick auf den AfD-Antrag zwar, dass eine „differenzierte Debatte“ durchaus möglich wäre: „Es gibt Entscheidungen der Jury des deutschen Verlagspreises der vergangenen Jahre, mit denen auch ich nicht immer d'accord bin“. Es gebe Verlage, bei denen er sich nicht sicher sei, ob diese auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung stünden. Deswegen sei es wichtig, dass man eine sachliche Diskussion über die Kriterien des Verlagspreises innerhalb der Grenzen des demokratischen Rechtsstaats führe. Gleich im Anschluss warf er der AfD aber vor, dass ihrem Antrag „ernsthafter parlamentarischer Gestaltungswille“ fehle.

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