Lobbyismus oder Korruption? Rheinmetall-Tochter bot Abgeordneten Spenden an
Eine Rheinmetall-Tochter hat mehreren Bundestagsabgeordneten Wahlkampfspenden angeboten – darunter auch einem Grünen-Abgeordneten, der im Haushaltsausschuss sitzt. Der Zeitpunkt vor der Bundestagswahl wirft Fragen auf.
Eine Tochtergesellschaft von Rheinmetall hat laut Medienberichten mehreren Abgeordneten Spenden angeboten.
© IMAGO / Funke Foto ServicesBerlin. – Am 6. Januar dieses Jahres erhielt der grüne Bundestagsabgeordnete Sebastian Schäfer laut einem Bericht der Zeit eine brisante E-Mail mit dem Betreff „Wahlkampfspende“. Die Nachricht stammte von der Blackned GmbH, einem Tochterunternehmen des Rüstungskonzerns Rheinmetall. In der E-Mail wurde Schäfer folgendes Angebot unterbreitet: „Unsere Intention ist es, Abgeordnete, die im Rahmen ihrer Aufgaben für die Ausrüstung der Bundeswehr speziell im digitalen Umfeld einen Beitrag leisten, bei Ihren [sic] Wahlkämpfen für die anstehende Bundestagswahl mit einer kleinen Summe zu unterstützen.“ Die Firma bot Schäfer an, die Kontodaten für eine Überweisung zu übermitteln.
Wollte Rheinmetall Abgeordnete kaufen?
Schäfer sitzt seit 2021 im Bundestag und im Haushaltsausschuss. Der Ausschuss ist für die Bewilligung der meisten Rüstungsprojekte zuständig. Diese Projekte sind von enormer finanzieller Bedeutung und Schäfer hat als Obmann in diesem Ausschuss eine Schlüsselrolle bei der Entscheidung über milliardenschwere Rüstungsaufträge.
Die Blackned GmbH ist ein Unternehmen, das sich auf die Bereitstellung sicherer Kommunikationsnetze für militärische Anwendungen spezialisiert hat. Rheinmetall, ein führender Rüstungskonzern, hat in Blackned investiert und hält nun die Mehrheit an dem Unternehmen. Blackned profitiert von Großaufträgen im Verteidigungsbereich, darunter zwei Großprojekte im Bereich der digitalen IT-Systemintegration für die Bundeswehr mit einem Gesamtvolumen von mehreren Milliarden Euro. Die Verbindung zu Rheinmetall und der weitreichende Einfluss des Unternehmens im Bereich der Bundeswehrausrüstung werfen Fragen nach den Hintergründen der Spendenangebote auf.
Skandal um mögliche Einflussnahme
Dass ausgerechnet Abgeordnete des Haushaltsausschusses im Fokus stehen, sei kein Zufall, heißt es in dem Bericht der Zeit. Diese Abgeordneten entscheiden über die Vergabe von Rüstungsaufträgen und es stellt sich die Frage, ob mit den Spenden die Unterstützung bestimmter Projekte im Sinne des Unternehmens beeinflusst werden sollte. Die Angebote gingen laut dem Bericht an insgesamt acht Abgeordnete. Der Lobbyist von Blackned, Peter Obermark, bestätigte dies gegenüber der Zeit und gab an, dass die Zuwendungen weniger als 2.000 Euro betragen hätten. Wie viele und welche Abgeordneten die Spenden angenommen haben, ist nicht bekannt.. Obermark sagt allerdings, nur einer habe abgelehnt, „ein Haushälter“ , also offenbar Schäfer.
Spenden von Unternehmen an die Politik sind nichts Neues, aber die Nähe von Blackned zu strategisch wichtigen Rüstungsprojekten macht die Sache besonders heikel. In diesem Fall entsteht der Eindruck, dass das Unternehmen versucht, Abgeordnete im Haushaltsausschuss zu beeinflussen, um Entscheidungen in seinem Sinne zu lenken. Der Zeitpunkt der Spendenangebote kurz vor der Wahl lässt zudem einen strategischen Hintergrund vermuten.
Rechtliche Grauzone und die Frage der Korruption
Die rechtlichen Implikationen sind alles andere als unklar. Spenden an Abgeordnete unterliegen strengen Regeln, um Interessenkonflikte und unzulässige Absprachen zu vermeiden. Laut Abgeordnetengesetz sind solche Spenden nur zulässig, wenn sie erkennbar nicht „in Erwartung oder als Gegenleistung eines bestimmten wirtschaftlichen oder politischen Vorteils“ gewährt werden. Der Ökonom Andreas Polk von der Hochschule für Wirtschaft und Recht sieht das Angebot kritisch und weist darauf hin, dass es sich bei solchen Vorgängen immer um eine „Grauzone“ handele, die dringend geprüft werden müsse, wie er gegenüber der Zeit erklärte. Auch die Juristin Sophie Schönberger betont, dass solche Spenden durchaus als „Erwartungsspenden“ interpretiert werden könnten, was in vielen Fällen als Korruption gewertet werden könne.
Blackned, vertreten durch den Lobbyisten Peter Obermark, ist in der politischen Landschaft aktiv. Obermark war früher für Rheinmetall tätig und pflegt nun als Director Governmental Affairs von Blackned Kontakte zu Politikern verschiedener Parteien, um deren Unterstützung für seine Unternehmen zu gewinnen. Obermark gab an, dass neben Schäfer auch Abgeordnete der SPD und der FDP Spenden erhalten hätten. Ausdrücklich nannte er zudem den CSU-Politiker Reinhard Brandl als einen der Empfänger.
Affäre weitet sich aus
Am Donnerstag berichtete die Zeit, dass sich die Affäre um Zuwendungen an Abgeordnete ausweitet. Demnach sollen mehrere Rüstungskonzerne Politikern Geld angeboten haben. Nach Recherchen der Zeitung soll auch der Münchner Drohnenhersteller Helsing den Grünen 30.000 Euro als Wahlkampfhilfe angeboten haben, davon 20.000 für den Bundesverband und 10.000 für den bayerischen Landesverband. Die Bundesschatzmeisterin der Grünen, Manuela Rottmann, habe die Spende jedoch abgelehnt „Wir möchten unsere Argumente vor jedem falschen Anschein einer Interessenkollision schützen“, zitiert das Blatt die Grünen-Politikerin.