Staatsrechtler fordert Verbot mehrerer AfD-Landesverbände
In einem Interview mit der FAZ fordert der Jurist Klaus Ferdinand Gärditz ein Verbot einzelner AfD-Landesverbände. Ein Verbot der gesamten Partei hält er derzeit nicht für möglich.
Berlin. – Der Staatsrechtler Klaus Ferdinand Gärditz hat in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) ein Verbot der AfD in einigen Bundesländern gefordert. Juristisch sei ein Verbot zumindest einzelner Landesverbände gerechtfertigt, sagte er. Gärditz denkt dabei vor allem an die Verbände in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt. Diese seien „deutlich radikaler positioniert“ als etwa Rheinland-Pfalz oder Nordrhein-Westfalen. „Ein Verbotsantrag gegen die gesamte Partei würde wohl bislang an diesen Unterschieden scheitern“, meint der Staatsrechtler.
Gärditz spricht von „Staatsstreich von oben“
Bei Verbänden wie in Thüringen sieht Gärditz aber die Grundlage für ein Verbot gegeben. Viele glaubten, man könne eine Partei verbieten, nur weil der Verfassungsschutz sie als „rechtsextrem“ einstuft, sagte der Jurist. „Das reicht aber nicht.“ Eine verfassungsfeindliche Bestrebung müsse nicht unbedingt die freiheitlich-demokratische Grundordnung beseitigen wollen. Das eine sei die Gesinnung, das andere, was man tatsächlich tut. Die Schwelle zur „aktiv-kämpferischen Haltung“ gegen die Grundordnung müsse immer überschritten sein. „Wenn ich mir in Thüringen die Rhetorik maßgeblicher AfD-Funktionäre anhöre, habe ich keine Zweifel, dass sie die Schwelle zu einer aktiv-kämpferischen Haltung überschreiten.“
Dabei gehe es nicht darum, ob eine Forderung besonders aggressiv vorgetragen werde. „Aktiv-kämpferisch“ könne auch eine sanfte Rhetorik sein, erklärt er. Sie müsse beharrlich davon handeln, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu bekämpfen und aktiv sowie planmäßig zu beseitigen. Das gehe auch ohne Gewalt. „Als legaler Staatsstreich von oben“, betont Gärdlitz
Partei dürfe nicht zu groß werden
In dem Interview wirft er dem Thüringer AfD-Landesverband vor, die Grundordnung in Frage zu stellen und wirft die Frage auf, wie realistisch die Chancen der AfD sind, diese Programmatik umzusetzen. Dabei verweist der Jurist auch auf das Verbotsverfahren gegen die NPD, in dem das Bundesverfassungsgericht sinngemäß gesagt habe, dass eine Partei nicht verboten werden dürfe, wenn es völlig aussichtslos sei, dass sie jemals an die Macht komme. Umgekehrt dürfe die Partei aber auch nicht zu groß werden. Man dürfe nicht warten, bis sie die Macht in den Händen halte. „Ein Verbotsverfahren ist präventiver Verfassungsschutz“, so Gärditz.
Auf die Frage, ob man einen so großen Teil der Bevölkerung vom demokratischen Prozess ausschließen dürfe – genau das wäre der Fall, wenn die AfD verboten würde und die Wähler sie nicht mehr wählen dürften –, antwortete der Jurist: „Anstatt immer sorgenvoll über diejenigen zu sprechen, die die AfD nicht mehr wählen könnten, sollten wir über die Menschen nachdenken, für die diese Partei eine reale Bedrohung ist“. Man müsse „den Extremisten“ die realen Machtoptionen aus der Hand schlagen. „Damit würde man nicht nur die Menschenwürde derjenigen schützen, die die ersten Opfer wären, sondern auch den demokratischen Prozess“. Dieser werde nämlich unterwandert, wenn er permanent unter dem Damoklesschwert stattfinde, dass eine Gruppierung mit realer Machtoption genau diesen Prozess torpedieren möchte. „Der Staat hat hier eine Schutzverantwortung“, meint Gärdlitz.