Über die Integration der JA in die AfD – einige lose Gedanken
Derzeit wird diskutiert, die Junge Alternative zugunsten einer neuen Organisation aufzulösen. Der Politikwissenschaftler Benedikt Kaiser hält die Integration in die Mutterpartei für einen notwendigen Schritt, der derzeit diskutierte Entwurf jedoch für problematisch.
Eins vorweg: Die Integration der Jungen Alternative in die AfD ist meines Ermessens ein unvermeidlicher Prozess. Mit Philip Stein diskutierte ich im Podcast „Lagebesprechung“ vor geraumer Zeit über das sogenannte „Juso-Modell“ – und zwar zu einem Zeitpunkt, als diese heute überall diskutierte Option noch ein Fremdbegriff war.
Heißt also: Ich bin durchaus ein unverhohlener Befürworter der Angleichung der JA-AfD-Verhältnisse an die Juso-SPD-Verhältnisse, und zwar nicht nur wegen des Repressionsschutzes, über den sich ohnehin trefflich diskutieren ließe. Ich bin mir vielmehr sicher, dass man den Schritt der Integration der JA in die AfD ganz grundlegend begrüßen sollte. Er ist politisch notwendig und sinnvoll.
Einige JA-Hardliner verwechseln hier die dringend gebotene realistische Lageanalyse (von den objektiven Verhältnissen im Faeser-Staat bis hin zum subjektiven Kräfteverhältnis Partei–Parteijugend) mit ihren eigenen idealistischen Wunschvorstellungen; sie verwischen überdies Vorfeld-Verhaltensweisen mit Parteijugend-Erfordernissen. Das kann und muss man kritisieren beziehungsweise diskutieren, ebenso wie Fehler und Mängel der JA in den letzten Jahren.
Fünf Punkte gegen den Entwurf
Nun zu den „Aber“-Einwänden, ich beschränke mich vorerst auf fünf spezielle Aspekte.
1. Höcke und viele andere sprachen immer von Integration der JA in die AfD – im kursierenden Entwurf geht es hingegen um eine Selbstauflösung und die Schaffung einer jungen AfD (erinnern wir uns hier an die Niedersachsen-Farce). Seien wir uns im Klaren darüber: Integration vs. Selbstauflösung – das sind andere Sachverhalte.
2. Ein Beitritt zur AfD durch die JA (vergleichbar den Jusos in der SPD) müsste ein Prozess aus Kompromissen sein. Beide Seiten sollten das Gemeinsame betonen, Abstriche machen, Lösungen finden, zum Wohl des ganzen patriotischen Lagers, das sich hinter der AfD versammelt. Hier geht es ja (eigentlich) nicht um Konkurrenz, hier geht es um eine (kleinere) Jugendorganisation, die dem (größeren) Mutterschiff zuarbeitet und junge Menschen für Politik mobilisiert. AfD-Verantwortliche müssten glücklich sein, dass 2024 junge Menschen ihre „bürgerliche“ Karriere riskieren, um sich für Volk und Heimat in die Bresche zu schlagen.
Die Selbstauflösung und die Frage nach der Kontrolle
3. Das, was derzeit als „Entwurf“ für die neue JA-AfD-Beziehung kursiert, ist jedoch nicht nur eine vollkommene Selbstauflösung, sondern auch eine mögliche Preisgabe all dessen, was man erreichen müsste, um weiterhin halbwegs (!) arbeitsfähig und handlungsfähig zu sein – eben als Jugendorganisation vergleichbar den wirksamen Jusos, nicht als bloße Ansammlung von Menschen, die zufällig unter 36 sind. Zum Vergleich: In der AfD sind über 6000 Menschen unter 36, in der JA sind etwa 3000 Mitglieder. Viele junge Menschen haben also offensichtlich kein Interesse an einer Jugendorga oder versprechen sich davon keinen Nutzen. In der neuen Jugendorga wären sie aber automatisch Mitglied.
Das ist so lange vollkommen in Ordnung, wenn die Kontrolle der Jugendorga in Hände derer läge, die durchaus und explizit Jugendarbeit machen wollen. Ich bezweifle nun, dass dem so wäre (gemäß den aktuellen Entwicklungen), und gehe – zur Diskussion einladend – davon aus, dass die neue Jugendorga eher ein „von oben“ gezähmtes Schoßhündchen würde, denn ein „von unten“ her kommender vitaler Jungbrunnen mit neuen Ansätzen, Provokationen, Ideen und Vorschlägen. Der Sinn jugendlicher Politik in Theorie und Praxis besteht nicht darin, mit 20 bereits das sogenannte Mindset eines 60-Jährigen zu haben. Die Mischung der Generationen macht es – das ist leicht zu verstehen.
Der Verlust von Mitgliedern und die Degradierung der Post-JA
4. Der Name JA fällt weg. Die Struktur fällt weg. So weit, so klar. Viele Mitglieder fallen aber auch weg. Denn für die JA galt bisher keine Unvereinbarkeitsliste, das Schild und Schwert erst Luckes, dann Meuthens und heute anderer Akteure im BuVo. Wird die JA aufgelöst, werden hunderte Jugendliche durch UVL-Hardliner in bestimmten AfD-Kreis- und Landesverbänden bewertet und aufgenommen oder abgewiesen.
Das ist Willkür pur und die JA-Spitze sollte Verantwortung für ihre Mitstreiter übernehmen und hier eine Sonderlösung finden. (Wenn der Einwand indes lautet, dass Person X oder Person Y eben tatsächlich nichts für die AfD wäre, müsste man ernsthaft begründen, wieso diese Person dann in der JA sein durfte!)
5. Der neue Jugendchef soll nach dem anvisierten Modell nur beratende Funktion im Bundesvorstand der AfD einnehmen. Das wirkt wie eine Geringschätzung jugendlicher Arbeit und muss korrigiert werden. Die AfD hat nur eine Zukunft als Partei der Jugend: Wenn sie ihre eigene Jugend selbst bei etwas vergleichsweise Einfachem wie der BuVo-Abstimmung von der Mitentscheidung beziehungsweise Stimmabgabe ausschließt, degradiert sie die Post-JA – zugespitzt – auch symbolisch zu einem bloßen Lieferanten von Wahlkämpfern, Plakatierern und Assistenten.
Das ist nicht der Weg, den ein sogenanntes Juso-Modell vorsah. Warum sich Schlüsselakteure dafür entschieden haben, bleibt ihnen überlassen. Ich hoffe inständig, dass sie das noch einmal überdenken.
Fazit: Als jemand, der im Beziehungsgeflecht aus „Partei und Vorfeld“ der Jugendorganisation des größten Mosaik-Steins, der AfD, eine Schlüsselrolle bei Verständigungsformaten zwischen Partei und Parteinahen zuweist, würde ich es begrüßen, wenn sich konstruktive Kräfte zusammenraufen und den zirkulierenden Entwurf erheblich bearbeiten würden.
So wie er ist, weist er tendenziell eher in eine falsche Richtung. Das ist, Stand jetzt, zu bedauern, aber (noch) nicht irreparabel.