Vermögenssteuer und mehr: Die Rechte und die Reichen

Der Politikwissenschaftler Benedikt Kaiser hat eine hitzige Debatte über die Wiedereinführung der Vermögenssteuer und die zunehmende Vermögenskonzentration in Deutschland ausgelöst. In seinem Kommentar für FREILICH erläutert der Ökonom Jurij C. Kofner, warum eine Vermögenssteuer strikt abzulehnen ist und welche Maßnahmen alternativ ergriffen werden könnten.

Jurij Kofner
Kommentar von
3.8.2024
/
13 Minuten Lesezeit
Vermögenssteuer und mehr: Die Rechte und die Reichen

In Deutschland wird seit einigen Wochen wieder vermehrt über die Einführung einer Vermögenssteuer diskutiert. Auch die Rechte klinkt sich in diese Debatte ein.

© IMAGO / photothek

Benedikt Kaiser, Begründer und Verfechter des „Solidarischen Patriotismus“ im rechten Lager, hat kürzlich eine kontroverse Debatte über die Wiedereinführung der seit 1997 nicht mehr erhobenen Vermögenssteuer angestoßen. Seine Kritik richtet sich gegen die wachsende Vermögenskonzentration der Superreichen in Deutschland.

Laut Manager Magazin ist die Zahl der Milliardäre in Deutschland zwischen 2001 und 2023 von 69 auf 226 gestiegen. Inflationsbereinigt entspricht das immer noch einem signifikanten Anstieg auf 151 Milliardäre. Zusätzlich berichtet die Boston Consulting Group, dass es in Deutschland etwa 3.300 Superreiche gibt, die über ein Vermögen von mehr als 100 Millionen US-Dollar verfügen. Besonders bemerkenswert ist die Vermögenskonzentration: Das oberste ein Prozent der Bevölkerung besitzt zwischen 21,6 und 35,3 Prozent des Nettovermögens, je nach Quelle.

Kaisers Forderung nach einer Vermögenssteuer ist eine typische Forderung linker Politiker und Institutionen, wie etwa der Grünen und dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Diese ideologische Überschneidung hat naturgemäß eine hitzige Debatte im rechten Lager ausgelöst, insbesondere auf den digitalen Plattformen des FREILICH Magazins, wo sich bestimmende Akteure der AfD, wie Kay Gottschalk und Carlo Clemens, zu Wort gemeldet haben.

Tieferliegende Diskussionen: Die Rechte und die Superreichen

Die Diskussion um die Vermögenssteuer ist eigentlich nur ein Emblem für eine viel tiefere Debatte innerhalb des rechten Lagers: Wie soll sie mit den Superreichen umgehen? Inwieweit stellen diese einen Verstoß gegen die „soziale Gerechtigkeit“ dar? Die Debatte lässt sich in drei wesentliche Streitpunkte unterteilen:

1. Kritik an zu großer „sozialer Ungleichheit“

2. Kritik am „leistungslosen“ Vermögen durch Erbschaft, Kapital oder Spekulation

3. Plädoyer für eine generelle Ausrichtung der AfD als soziale Volkspartei „des einfachen Mannes“, statt einer rechten „Klientelpolitik für die Reichen“

Im Folgenden werde ich die ersten zwei Streitpunkte detailliert beleuchten, bevor ich im dritten Punkt meine Ansichten über die richtige Fiskal- und Sozialpolitik der AfD zusammenfasse. In keinem der Aspekte gebe ich vor, die letztendliche Wahrheit gepachtet zu haben, möchte mit meinem Beitrag aber wichtige Fakten und einen Denkanstoß für die weitere Diskussion dazu liefern.

Erstens: „Zu große“ soziale Ungleichheit

Es ist in der Tat so, dass zu große soziale Ungleichheit eine ernsthafte Bedrohung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt darstellt. Der amerikanische Historiker Peter Turchin hat in seinen Forschungen überzeugend dargelegt, dass eine „Überproduktion von Eliten“ und eine Übermaß and sozialer Ungleichheit zwei der größten Gefahren für die Stabilität einer Gesellschaft sind.

Doch der Begriff der „sozialen Ungleichheit“ ist hochproblematisch, da er politisch und auch rein objektiv schwer zu definieren ist. Wer bestimmt, wann genau soziale Ungleichheit anfängt? Soll etwa die grüne Heinrich-Böll-Stiftung festlegen, wer „zu viel“ hat? Oder ein Benedikt Kaiser? Oder ein Jurij Kofner? Nein! Es ist besser, wenn das allgemeine Volksgefühl darüber entscheidet, ohne dass es von irgendeiner politischen Macht bindend ausgelegt wird. Ansonsten würde das unvermeidlich zu Willkür, Missbrauch und Autoritarismus führen.

Ein weiteres Problem ist die banale quantitative Bestimmung von „zu reich“. Die „Top 1 Prozent“ der Vermögenden beginnen bereits ab einem Vermögen von 1,3 Millionen Euro. Das ist eigentlich nicht viel. In vielen Großstädten reicht solch ein Vermögen nicht einmal aus, um ein Haus zu kaufen. Steuerrechtlich gehören bereits Personen mit einem Bruttoeinkommen von 100.000 Euro zu den Top zehn Prozent, wobei aber auch gemeinsam veranlagte Paare mitgerechnet werden. 50.000 Euro pro Person ist kein Reichtum. Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent greift bereits ab einem Einkommen von 66.800 Euro im Jahr. Mit solch einem Einkommen befindet man sich in der gehobeneren Mittelschicht, aber man ist damit sicherlich kein Jeff Bezos.

Die Steuerlast der Wohlhabenden

Bekanntermaßen tragen die Top ein Prozent der Einkommensbezieher fast ein Viertel (24 Prozent) der Lohn- und Einkommensteuereinnahmen der Bundesrepublik, während die Top zehn Prozent knapp vier Fünftel (57,2 Prozent) beisteuern. Die unteren 50 Prozent der Einkommensbezieher tragen hingegen nur 5,8 Prozent zur Lohn- und Einkommensteuer bei. Ist das nicht bereits „fair“ genug?

Wichtig ist auch zu beachten, dass der Anstieg der Zahl und des Vermögens der Reichen kein Nullsummenspiel ist. Seit der Industrialisierung ist die Zahl der Menschen im Westen in extremer und absoluter Armut von über 90 Prozent der Bevölkerung auf nahezu null gesunken. Laut Bundesbank hat sich zwischen 2009 und 2022 das Medianvermögen der Deutschen von 55.000 auf 105.000 Euro verdoppelt (beziehungsweise auf 83.000 Euro inflationsbereinigt). Dies ist dem kapitalistischen System der freien Marktwirtschaft zu verdanken. Solange die Armen reicher werden und die Mittelschicht wächst, ist ein Anstieg der (Super-)Reichen kaum problematisch. Bedauerlicherweise ist ersteres nicht mehr der Fall. Und genau das ist das Problem, worauf ich noch zurückkomme.

Wir sollten nicht vergessen, dass wir als Rechte die Akzeptanz von Ungleichheit und Hierarchie, im Gegensatz zur Egalität beziehungsweise „Gleichmacherei“, vertreten. Dies ist ein inhärent rechtes Konzept, wie es etwa von Denkern wie Evola, Spengler und Benoist propagiert wurde.

Zweitens: „Leistungsloses“ Vermögen

Angesichts der Problematik, einen „fairen“ Grad der Vermögensverteilung oder eine „faire“ Vermögensgrenze zu definieren, erscheint es sinnvoller, die soziale Gerechtigkeit des Reichtums an dessen Ursprung festzumachen. Im kapitalistischen Westen, insbesondere in Deutschland, gilt das Prinzip: „Leistung muss sich lohnen.“ Dieses Credo ist auch zentral für die Sozial- und Arbeitsmarktpolitik der AfD.

Während die meisten Rechten den Großteil des Bürgergelds und die Asylleistungen zurecht als leistungsloses Einkommen kritisieren, bemängeln linke Kritiker, teilweise auch innerhalb der rechten Kreise, dabei vor allem drei Arten von Einkommen als vermeintlich „leistungslos“: Erbschaft, Zinseinkünfte aus Kapital und spekulative Gewinne. Doch ähnlich wie beim Reichtum ist es auch hier schwierig, eine präzise Abgrenzung dessen zu geben, was man unter leistungslosem Vermögen versteht.

Die Erbschaft steht oft im Zentrum der linken Kritik als vermeintlich „leistungsloses“ Vermögen. Dazu habe ich jedoch drei Einwände. Entgegen der Behauptung meines Kollegen Carlo Clemens ist Erbschaft kein dominanter Faktor für Superreichtum. Laut Forbes haben knapp 70 Prozent der weltweit 400 reichsten Menschen im Jahr 2023 ihr Vermögen selbst erarbeitet. Eine Studie der Universität Münster zeigt zudem, dass nur ein Fünftel der deutschen Millionäre ihr Vermögen vererbt bekommen hat.

Leistung der Vorfahren: Erbschaft als rechtes Konzept

Das Konzept der Erbschaft ist tief in rechten Idealen verwurzelt. Das allgemeine deutsche Volksvermögen, darunter, zum Beispiel, alle Fabriken, Eisenbahnstrecken und Patente, ist das Ergebnis der Akkumulation des Fleißes jetziger und aller vorherigen deutschen Generationen. Dieses Erbe zu bewahren und zu mehren, ist die zentrale patriotische Verpflichtung, die wir als Rechte ernst nehmen wollen. Wenn dies im Ganzen gilt, wieso dann nicht auch auf individueller Ebene? Familienerbe zu fördern, statt zu besteuern, ist deshalb ein Kernanliegen rechter Politik. Alle deutschen Familienunternehmen basieren auf Erbschaften, und unsere Geschichte hat doch bereits gezeigt, dass auch die einflussreichen Industriellenfamilien wie Krupp, Thyssen und Siemens den Wohlstand und die Größe der deutschen Nation entscheidend geprägt haben.

Interessanterweise sind es oft nicht die alten kapitalbesitzenden Familieneliten, die sich für grüne oder woke Transformationsideologien engagieren, sondern eher die neue „Managerelite“ wie zum Beispiel ein Joe Kaeser, ehemaliger CEO von Siemens. Diese Tatsache wurde bereits in den 1940er-Jahren vom amerikanischen Philosophen James Burnham und seinen rechts-libertären Nachfolgern treffend beschrieben.

Zinsen und Profite: Preis für Risikobereitschaft und Verzicht

Linke Kritiker diskreditieren oft Zinsen und Profite als „gierig“ und „leistungslos“. Diese Sichtweise ist jedoch falsch. Gewinne sind die Belohnung für Risikobereitschaft, Organisationstalent und Weitsicht, während der Zins den Lohn für den Verzicht auf den jetzigen Konsum von Kapital zugunsten produktiver Zwecke in der Zukunft darstellt. Ohne Kredite von Banken, Aktien von Investmentfonds und Anleihen der Großkonzerne hätte es die deutsche Industrienation niemals geben können.

Studien des IW Köln zeigen: In Deutschland halten die Top ein Prozent ihr Vermögen zu über zwei Dritteln als produktives Betriebsvermögen. Dieses Kapital bildet die Grundlage für Wohlstand und Arbeitsplätze in der Volkswirtschaft. 80 Prozent der Infrastrukturinvestitionen in Deutschland werden vom Privatsektor getragen, nicht vom Staat. Berechnungen des ifo Instituts zeigen, dass die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer das Bruttoinlandsprodukt um 6,2 Prozent senken und inländische Unternehmensinvestitionen um elf Prozent sowie ausländische Direktinvestitionen um ein Fünftel verringern würde. Dies würde im Durchschnitt jeden Bürger um knapp 2.600 Euro ärmer machen.

Staatsinterventionen und unnatürlich hohe Profitmargen

Unnatürlich hohe Profitmargen von Großkonzernen entstehen meist nicht durch den natürlichen Marktprozess, sondern durch Staatsinterventionen. Nur durch die staatlich verordnete Impfnötigung konnte Pfizer im Jahr 2021 einen Gewinn von 29 Milliarden US-Dollar erzielen, während ihr Gewinn 2023 ohne nach dem staatlich getriebenen Corona-Wahn nur zwei Milliarden Euro betrug. Deutsche Energiekonzerne erzielten 2022 hohe Gewinne nur aufgrund staatlicher Maßnahmen wie der Sprengung der Nord-Stream-Pipelines und des westlichen Energieembargos. Übergewinne können auch durch Monopolbildung entstehen, wie dies aktuell bei den amerikanischen digitalen Plattformriesen zu beobachten ist. Hier ist es natürlich die Aufgabe der rechten Politik, wieder für fairen Wettbewerb zu sorgen.

Spekulation: Ein notwendiger Marktmechanismus?

Spekulation wird oft als ungerecht bezeichnet. Doch was ist überhaupt Spekulation und wann ist diese schädlich? Lassen wir mal die ganzen Kleintrader außen vor, die über ihre Handy-App jeweils ein paar Tausend Euro in ETFs oder Bitcoin handeln. Selbst bei Großhändlern kann Spekulation nützlich sein: Wenn ein Großhändler in Zeiten niedriger Preise Weizen aufkauft, weil er als einziger spekuliert, dass die nächste Ernte schlecht ausfallen wird, verteuert er zwar kurzfristig die Weizenpreise durch seine außergewöhnliche Nachfrage. Doch wenn seine Spekulation zutrifft und die Ernte tatsächlich schlecht ausfällt, kann er den gekauften Weizen auf den Markt bringen und mildert somit die Knappheit. Ein Spekulant kann somit auch als Versorger und Stabilitätsmechanismus fungieren. Sein Gewinn ist die Belohnung für seine Risikobereitschaft und vorausschauendes Denken. Wie auch bei Übergewinnen sind unlautere Spekulationen häufig die Folge staatlicher Interventionen und von Insiderwissen, das durch die Verquickung der regierenden und korporativen Managerelite ermöglicht wird.

Drittens: Vorwurf der „Klientelpolitik für Reiche“ und die Positionierung der AfD als soziale Volkspartei

Bei der Diskussion über „soziale Gerechtigkeit“, „unfaire“ Vermögensverteilung, eine mögliche Vermögenssteuer und vermeintlich „leistungsloses“ Einkommen müssen die Prioritäten richtig gesetzt werden. Viel drängendere Probleme, denen sich die AfD in diesem Zusammenhang widmen sollte, sind illegitime Machtkonzentrationen abseits von Staat und demokratischen Prozessen, die erdrückend hohe Steuer- und Abgabenlast, der wirtschaftliche Niedergang und die Deindustrialisierung Deutschlands, sowie die dadurch bereits eintretende Verarmung der Mittelschicht.

Superreiche, zumindest deutsche Superreiche, sind nicht der Grund für den Abstieg Deutschlands. Man kann und muss der gehobenen deutschen Unternehmerklasse vorwerfen, dass sie sich nicht lautstark genug gegen die grüne Deindustrialisierung wehrt, ihre Rettung bei den scheinkonservativen Mitläufern der CDU/CSU sucht und nicht genug die AfD als einzige wirkliche Alternative zum Untergang Deutschlands unterstützt. Unternehmer wie Theo Müller (Müller Milch) und Theodor Weimer (Deutsche Börse AG) sind willkommene Ausnahmen, die jedoch die Regel bestätigen. Dennoch sind die deutschen Superreichen nur Nebenspieler.

Der wahre Antagonist ist das deutsche links-grüne Staats-Medien-Vorfeld-Establishment, welches selbst nur ein Teil des größeren transatlantischen woken Konglomerates aus Staat, Medien, Intellektuellen und Großkonzernen ist. Für die deutsche Rechte muss die Auseinandersetzung mit ausländischen Finanz- und Machtgruppen somit eine viel wichtigeren Platz in der Diskussion einnehmen. Ein Beispiel dafür ist, dass drei Fünftel der deutschen DAX-Unternehmen im Besitz von BlackRock und der Vanguard Gruppe sind. Oder dass ein großer Teil der deutschen Managerelite eine Karriere dank der Teilnahme an transatlantischen Netzwerken gemacht hat, wie der Bilderbergkonferenz, der Trilateralen Kommission oder der Atlantikbrücke.

Vermögenssteuer strikt abzulehnen

Jegliche Konzentration von Macht – und Geld ist nun mal die wichtigste Voraussetzung für Macht – abseits des geregelten demokratischen Prozesses, insbesondere wenn sie sich für linken Aktivismus, gegen konservative Werte, die Volksdemokratie und den souveränen deutschen Nationalstaat engagiert, ist von der rechten Seite kritisch zu begleiten. Dabei spielt es keine Rolle, ob dieses Vermögen durch Erbe, Zinsen, Spekulation oder anders erworben wurde.

Aus all diesen Gründen ist eine Vermögenssteuer strikt abzulehnen. Sie würde den seit Jahren laufenden Nettokapitalabfluss aus Deutschland in Höhe von mittlerweile über 600 Milliarden Euro seit 2013 nur noch beschleunigen. Im Gegenteil sollten drastische Steuererleichterungen auf Gewinne und Kapitalerträge in Betracht gezogen werden, wenn diese ersichtlich im Inland reinvestiert werden – sei es in Pensionsfonds, neue Chipfabriken oder Kindergärten.

Niedergang des deutschen Mittelstandes

Wie bereits gesagt, wäre die steigende Zahl der Milliardäre und Multimilliardäre vollkommen in Ordnung, solange das Vermögen der Unter- und Mittelschicht wächst. Bis vor zwei bis drei Jahren war dies noch der Fall. Laut Bundesbank stieg das inflationsbereinigte Netto-Medianvermögen in Deutschland bis zum Regierungsantritt der Ampel. Doch seitdem ist es bereits um neun Prozent gesunken. Das letzte Mal, dass dies in solch drastischer Weise geschah, war die Niederlage Deutschlands im Zweiten Weltkrieg. Man beachte auch, dass das deutsche Medianvermögen 103.000 Euro beträgt (laut dem UBS Global Wealth Report sogar nur 61.400 Euro), ein Eigenheim im Durchschnitt aber 350.000 bis 450.000 Euro kostet, was wieder einmal zeigt, warum die deutsche Mittelschicht nicht in der Lage ist, sich den Traum von den eigenen vier Wänden zu erfüllen. Deutschland hat mit 46 Prozent die niedrigste Wohneigentumsquote und laut UBS eines der niedrigsten Medianvermögen unter allen OECD-Ländern. Der Abstieg des deutschen Mittelstandes ist längst keine Zukunftsangst mehr, sie ist bittere Realität.

Abartig hohe Steuer- und Abgabenlast

Der wichtigste Grund dafür ist die geschwürartige Auswucherung des links-grünen Umverteilungsstaates, welcher nur durch eine abartig hohe Steuer- und Abgabenquote des arbeitenden deutschen Volkes möglich ist. Mit einer Staatsquote von knapp 50 Prozent übertrifft die vermeintlich „kapitalistische“ Bundesrepublik selbst das „planwirtschaftliche“ China, wo der Staat nur ein Drittel der Wirtschaft ausmacht.

Mit 48 Prozent liegt Deutschland auf Platz zwei unter den 38 OECD-Ländern mit der höchsten Besteuerung von Löhnen, ist mit 39 Prozent im oberen Viertel der Abgabenquote zum BIP und hat mit knapp 30 Prozent eine der höchsten Unternehmensbesteuerungen unter den OECD-Ländern. Die hohen Baukosten in Deutschland resultieren ebenfalls aus Steuern und Auflagen, die 37 Prozent der Gesamtkosten ausmachen. Zum Vergleich: In Polen sind es 30 Prozent, in Frankreich 19 Prozent und in Österreich sieben Prozent.  Die Steuereinnahmen des Staates haben zuletzt die Marke von einer Billion Euro überschritten.

Schlanker Staat statt verrückter Ausgabenorgie

Der deutsche Staat hat sicherlich kein Einnahmeproblem, sondern ein Ausgabenproblem. Milliardenbeträge im dreistelligen Bereich werden für falsche Zwecke ausgegeben: Asylindustrie, Bürgergeld für Ausländer, Entwicklungshilfe ins Ausland, Energiewende etc. Lehrstühle für Genderforschung sind da nur das Tüpfelchen auf dem „i“. Das alles muss das rechte Lager konsequent streichen. Nach Angaben des Bundestagsabgeordneten Peter Boehringer könnte die AfD im Bundeshaushalt jedes Jahr mindestens 100 Milliarden Euro einsparen. Und das wäre nur der Anfang. Eine AfD-Regierung müsste also zuerst drastisch die Fehlausgaben kürzen. Ganze Ministerien könnten und sollten gestrichen werden.

Danach muss die AfD-Regierung zahlreiche Steuern und Abgaben streichen oder zumindest drastisch senken. Das Geld muss in der Tasche der arbeitenden Bevölkerung bleiben. Niedrige Steuern und Staatsquote sind nicht nur ein Garant von Wohlstandswachstum für alle, vor allem für die Unter- und Mittelschicht, sondern auch die Grundlage für eine großartige Nation. Rechte müssen aus den Erfahrungen der eigenen Geschichte Erkenntnisse für die richtige Politik in der Gegenwart finden. Im Wilhelminischen Kaiserreich betrug die Staatsquote nur 14 Prozent, der Spitzensteuersatz vier Prozent, es gab keine Mehrwertsteuer, dafür aber einen kapitalistischen Börsenmarkt, Riesenkonzerne und einflussreiche Industriedynastien. Und? Das Wilhelminische Reich war eine Zeit ungeahnter Wohlstandsmehrung für die Arbeiter und Mittelschicht und zugleich ein goldenes Zeitalter deutscher Größe.

Klientelpolitik für Reiche? Nein, Wohlstand für alle!

Es verwundert, dass mein Freund und Mitstreiter Carlo Clemens auf die linken Märchen vom DIW hereingefallen ist, die behaupten, die Steuer-, Sozial- und Wirtschaftspolitik würde angeblich in erster Linie den Reichen nutzen. Das ist eine subjektive Falschaussage von a priori AfD-feindlichen Ökonomen. Diese zu teilen, ist falsch. Das Entlastungspaket der AfD würde zu einem zweiten Erhard’schen Wirtschaftswunder führen. Wir würden die Republik reindustrialisieren und der allgemeine Wohlstandskuchen würde drastisch größer werden, vor allem für die Arbeiter und Leistungsträger. Ja, Reiche würden auch profitieren, aber überlegt euch mal welchen Nutzen die Abschaffung der CO₂-Abgabe für Pendler, die Abschaffung der Grundsteuer und Einführung des Familiensplittings für junge Familien sowie die Erhöhung des Einkommensteuerfreibetrags auf 2.000 Euro für jeden Arbeiter bringen würde!

Die wichtigste Erleichterung für die Unter- und Mittelschicht wird sein, wenn die AfD die bedeutendste, aber versteckte Umverteilungspumpe von unten nach oben abstellt: die von der EZB verursachte Inflation. Seit seiner Einführung im Jahr 2002 hat der Euro ein Drittel seiner Kaufkraft verloren und ist nur noch ein Viertel der 1948 eingeführten D-Mark wert. Laut DZ Research haben die deutschen Sparer aufgrund des negativen Realzinses seit 2019 knapp 675 Mrd. Euro verloren, was einem Vermögensverlust von über 8.000 Euro pro Durchschnittshaushalt entspricht. Und seit 2019 sind die deutschen Reallöhne inflationsbedingt um 5,1 Prozent geschrumpft, wodurch die Reallohnsteigerungen eines Jahrzehnts zunichtegemacht wurden. Nur die AfD fordert wirkliche Anti-Inflationsmaßnahmen, neben günstiger Energie durch eine Rückkehr zu Kern- und Gaskraft, ist sie auch die einzige Partei, die eine Rückkehr zur D-Mark, eine souveräne Geldpolitik und andere Sicherungen für eine stabile Währung fordert.

In vielen weiteren Punkten liegt Carlo Clemens natürlich richtig. Insbesondere hat er mit der Kritik an der mangelhaften und stagnierenden sozialen Mobilität in Deutschland ein zentrales Problem aufgeworfen. Hier muss die AfD wirksame Lösungen anbieten.

Sozialpolitik als Eigentumsförderungspolitik

Ein radikales Umdenken in der Sozialpolitik ist unabdingbar. Die soziale Sicherung im Falle von Erwerbsunfähigkeit muss natürlich weiterhin gewährleistet bleiben – dies ist eine große Errungenschaft der bismarckschen Sozialpolitik. Doch gleichzeitig müssen wir uns von der wachsenden Abhängigkeit der Bürger vom Wohlfahrtsstaat lösen. Weder höhere Mindestlöhne noch ein gesteigertes Bürgergeld sind zielführend, da sie die Abhängigkeit von der links-woken Politikkaste verstärken.

Die zentrale Ausrichtung einer rechten Sozialpolitik muss stattdessen auf den Aufbau von Eigentum und Vermögen der breiten Masse der Arbeiter und des Mittelstandes gerichtet sein. Es ist notwendig, den Ausbau von Privatvermögen der einfachen Bürger steuerrechtlich und ordnungspolitisch zu fördern: Der Erwerb eines Eigenheims, eines eigenen Autos, eines Grundstückes, von Aktien (einschließlich Mitarbeiterbeteiligungen), von Edelmetallen und Kryptowährungen sollen begünstigt und für jeden einfachen Bürger erschwinglich werden. Diese Maßnahmen müssen mit einer aktivierenden Kinderpolitik verknüpft werden.

Wir benötigen eine rechte Partei, die sich für traditionelle kinderreiche Familien, für die Klasse der Steuerzahler und Leistungsträger (nach John C. Calhoun) einsetzt. Eine freiheitliche Partei, die für soziale Sicherung und einen schlanken, aber starken Nationalstaat steht und die Eigentumsförderung der breiten Masse des Volkes vorantreibt. Erst dann wird die AfD die neue soziale Volkspartei sein.


Zur Person:

Jurij Kofner ist gebürtiger Münchner und arbeitet als Ökonom beim Miwi Institut.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
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