Wahlrecht für alle? Linke NGO fordert Reform in Österreich

Die „Pass egal“-Wahl von SOS Mitmensch, bei der Menschen ohne österreichischen Pass symbolisch wählen können, stößt in den Sozialen Medien auf heftige Kritik. Wer in Österreich wählen wolle, solle doch österreichischer Staatsbürger werden, so der Tenor.

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Wahlrecht für alle? Linke NGO fordert Reform in Österreich

Die „Pass egal“-Wahl soll 1,5 Millionen Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft die Möglichkeit geben, im Vorfeld der Nationalratswahl ihre Stimme abzugeben.

© IMAGO / SEPA.Media

Wien. – Am 29. September findet in Österreich die Nationalratswahl statt. Nach Angaben des Innenministeriums sind 6.346.029 Personen wahlberechtigt, im Ausland lebend und wahlberechtigt sind 62.651. Rund 1,5 Millionen Menschen, die ebenfalls in Österreich leben, sind hingegen nicht wahlberechtigt. Der Grund dafür ist, dass sie nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen. Für diese Menschen organisiert die Organisation SOS Mitmensch die „Pass egal“-Wahl.

Kritik von Betroffenen

Im Rahmen der „Pass egal“-Wahl, die die Organisation seit zehn Jahren vor wichtigen Wahlen auf Landes- und Bundesebene durchführt, können Menschen, die bei der Nationalratswahl nicht wahlberechtigt sind, zwischen Ende August und 24. September dennoch symbolisch ihre Stimme abgeben. „Wir sind heute hier, weil 1,5 Millionen Menschen, die in dieses System einzahlen, dieses System am Laufen halten, bewusst ignoriert werden“, sagte Zeynep Buyraç, Vorsitzende von SOS Mitmensch, kürzlich bei einer Pressekonferenz. Mit der Aktion will man auf die vergleichsweise niedrige Einbürgerungsquote in Österreich aufmerksam machen und die Koppelung des Wahlrechts an die Staatsbürgerschaft in Frage stellen.

Auf der Website von SOS Mitmensch finden sich auch einige Statements von Personen, die bei der Nationalratswahl nicht wahlberechtigt sind. „Mir wird oft nachgesagt, ich zahle in Österreich wahrscheinlich braver Steuern ein als so manche:r Österreicher:in. Dass ich hier kein Wahlrecht habe, ist die eine Sache. Ich lerne immer wieder Menschen kennen, die hier geboren sind und weder Staatsbürgerschaft noch Wahlrecht haben und da frage ich mich ernsthaft: Wie kann das sein? Ist das nicht selbstzerstörerisch für einen Staat? Müsste man da nicht endlich und zwar ganz schnell reagieren? Denn da fällt mir meistens das Qualtinger-Zitat ein: 'Übergangslösungen sind Untergangslösungen'“. Die Stellungnahme stammt von der Schauspielerin Safira Robens, die seit sechs Jahren in Österreich lebt und den portugiesischen und deutschen Pass besitzt.

In der Stellungnahme des dänischen Musikers Hans Theessink heißt es: „Ich lebe seit über 40 Jahren in Österreich, habe aber in Österreich kein Wahlrecht. Auch bei der Nationalratswahl im September darf ich nicht mitwählen. Ich habe keinen österreichischen Pass. Deshalb gehe ich zur Pass Egal Wahl von SOS Mitmensch, um symbolisch meine Stimme abzugeben. Ich bin schon sehr lange in Österreich, bin sehr gerne hier und auch gut integriert, glaube ich. Ich wäre sehr gerne auch Teil der österreichischen Demokratie, um hier eine Stimme abgeben zu können – Pass egal!“

„Österreicher wählen in Österreich“

Diese und weitere Stellungnahmen sind Teil der „Pass-Egal“-Wahlkampagne und werden inzwischen auch in den Sozialen Medien heiß diskutiert. Das Statement des dänischen Musikers etwa, das SOS Mitmensch auch auf X geteilt hat, hat seit Montag zahlreiche Reaktionen hervorgerufen. Der Journalist Richard Schmitt kommentierte den Beitrag und erklärte: „Nochmals: Ohne österreichischen Pass darf er eben nicht wählen. Und für Euch kleine Einsteins: Ohne Führerschein darf auch niemand ein Auto auf öffentlichen Straßen lenken - auch wenn er das Auto schon 40 Jahre hätte.“ Viele andere weisen auch darauf hin, dass der Betroffene die österreichische Staatsbürgerschaft beantragen muss, wenn er in Österreich wählen will. „Dann soll er österreichischer Staatsbürger werden, dann darf er bei uns wählen“, so ein anderer Nutzer. Das „Gesudere“, dass er in Österreich nicht wählen dürfe, weil er Däne sei, sei doch „grenzdebil“. „Österreicher wählen in Österreich, Dänen wählen in Dänemark“, wird der Nutzer deutlich. „Gebt mir die Kontaktdaten von Herrn Theessink. Meine bosnische Lebensgefährtin erklärt ihm, wie er zu einem österreichischen Pass kommt“, schreibt ein anderer Nutzer. Die Informatikerin und Autorin Daniela Kickl erklärte unter dem Beitrag von SOS Mitmensch: „Dann ist es ihm wahrscheinlich wichtiger, dass er in Dänemark wählen kann. So war es bei mir als Österreicherin in Irland.“

Bei der letzten „Pass egal“-Wahl im Vorfeld der Nationalratswahl, die 2019 stattfand, haben laut SOS Mitmensch fast 4.000 Menschen mit Pässen aus 95 Ländern teilgenommen, darunter mehr als 1.000 Solidaritätsstimmen von Menschen mit österreichischem Pass. Bei der Wahl lagen die Grünen mit 51,47 Prozent klar vorne. Die SPÖ landete mit 27,47 Prozent auf Platz zwei, die KPÖ mit 6,34 Prozent auf Platz drei. Auf Platz vier landeten die NEOS mit 6,13 Prozent und auf Platz fünf der WANDEL mit 4,36 Prozent. JETZT erreichte 1,98 Prozent und damit den sechsten Platz. ÖVP und FPÖ landeten mit 1,47 Prozent beziehungsweise 0,78 Prozent auf den letzten beiden Plätzen. Die meisten Menschen, die 2019 bei der „Pass egal“-Wahl ihre Stimme abgaben, kamen aus Deutschland, Italien, Afghanistan und Syrien. Weitere Nationalitäten, die 2019 unter den Top 10 der Passländer vertreten waren, waren Russland, die Schweiz, Großbritannien, Frankreich, Staatenlose sowie die Niederlande.

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