„Wenn alle untreu werden“ bei Begräbnis: Mediale Darstellung gerät ins Wanken
Dass beim Begräbnis eines ehemaligen FPÖ-Politikers und Burschenschafters das Lied „Wenn alle untreu werden“ gesungen wurde, sorgt seit dem vergangenen Wochenende für Aufregung. Doch die mediale Darstellung, die zuletzt vor allem vom Standard befeuert wurde, gerät ins Wanken.
Wien. – Ein heimlich aufgenommenes Video hat am vergangenen Wochenende in Österreich für Aufregung gesorgt. Das Video, das der Tageszeitung Standard zugespielt wurde und für dessen Aufnahme wohl eine statische Kamera bereits vorab am Grab versteckt positioniert worden war, zeigt Szenen vom Begräbnis des ehemaligen FPÖ-Politikers Walter Sucher, der auch ein „Alter Herr“ der deutschnationalen Burschenschaft Olympia war. Bei dem Begräbnis in Wien, bei dem das Volks- und Studentenlied „Wenn alle untreu werden“ gesungen wurde, waren auch mehrere FPÖ-Politiker anwesend. Diese Tatsache wird seit Tagen in den Medien skandalisiert.
So meldeten sich Vertreter verschiedener Parteien zu Wort und übten scharfe Kritik, die Jüdische Hochschülerschaft Österreichs erstattete sogar Anzeige. Die Grünen sahen in dem Bericht einen Beweis dafür, dass die FPÖ rechtsextrem sei. Die FPÖ reagierte unterdessen empört auf die Darstellung der Ereignisse. „Das Begräbnis einer Privatperson, auf dessen Planung und Gestaltung die FPÖ keinerlei Einfluss hatte, nun politisch missbrauchen zu wollen, ist pietätlos und schäbig“, erklärte ein Sprecher der Partei auf Anfrage der APA.
Irreführende Darstellung des Liedes
Für Aufregung sorgt das Lied, weil es in den Medien wiederholt irreführend als SS-Lied dargestellt wird. Allerdings hat das Lied seinen Ursprung im 19. Jahrhundert und geht auf den ostpreußischen Dichter Gottlob Ferdinand Maximilian Gottfried „Max“ von Schenkendorf (1783-1817) zurück, der es 1814 unter dem Titel „Erneuter Schwur“ veröffentlichte. Die Textform lehnt sich an ein älteres Gedicht des Dichters Novalis (Geistliches Lied, VI) an, wobei nur die ersten beiden Zeilen nahezu unverändert übernommen wurden. Das Lied ist in seiner ursprünglichen Form ein christlich-patriotisches Lied und transportiert die Aufbruchstimmung der Jenaer Urburschenschaft von 1815. Studentenverbindungen, schlagende wie nichtschlagende, singen das Lied seit dieser Zeit – auch weil die Burschenschaften seit jeher antimonarchistisch geprägt sind – als Teil ihres Selbstverständnisses und in der Fassung, in der statt „von Kaiser und von Reich“ „vom heil’gen deutschen Reich“ die Rede ist.
Version schon lange vor NS-Zeit in Gebrauch
Dass das Lied dennoch immer wieder für Aufregung sorgt, liegt daran, dass diese von Studentenverbindungen gesungene Version auch von den Nationalsozialisten für ihre Zwecke genutzt wurde und diese sich beispielsweise im Liederbuch der Schutzstaffel hinter dem „Horst-Wessel-Lied“ und dem „Lied der Deutschen“ wiederfand.
Anders als die Berichterstattung vermuten lassen könnte, stammt diese Fassung aber eben nicht von der SS. Sie ist bereits 1830 in der Leipziger Auswahl deutscher Lieder als Textalternative belegt und findet sich so auch in den Liederbüchern zahlreicher Burschenschaften, wie dem Allgemeinen Deutschen Kommersbuch oder dem Commersbuch der Wiener Studenten. Die auch von der SS verwendete Version war also schon lange vor der Zeit des Nationalsozialismus Bestandteil der deutschen Liedkultur. Dennoch hält sich in jüngster Zeit in den Medien die Darstellung, es handele sich um ein „SS-Lied“.
Auch FPÖ weist auf Ursprung des Liedes hin
Am Dienstag wies die FPÖ deshalb selbst noch einmal auf den Ursprung des Liedes hin und alle Vorwürfe zurück. Das Lied „Wenn alle untreu werden“ sei bei der Beerdigung in der 1814 von Max von Schenkendorf getexteten Form gesungen worden. Vor Ort sei sogar explizit angekündigt, worden, man singe auf ausdrücklichen Wunsch des Verstorbenen die Version von 1814. „Im Gegensatz zu der von der SS missbrauchten Version beinhaltet das Lied nicht drei, sondern vier Strophen, die allesamt gesungen wurden“, hieß es von der FPÖ in einer Pressemitteilung.
„Die Behauptung, man habe nicht die Version von Max von Schenkendorf gesungen beziehungsweise die gesungene Version sei eine (bewusst) von der SS abgewandelte Version, ist eine ebenso infame wie falsche Behauptung“. Diese Tatsache sei offenbar absichtlich in der maliziösen, falschen und kreditschädigenden Berichterstattung, die auf rechtswidrigen Film- und Tonaufnahmen beruht, verschwiegen worden, kritisiert die FPÖ, die auch rechtliche Schritte gegen die Urheber dieser Unterstellungen prüfen will.