WerteUnion und Co: Wir brauchen keine weiteren liberalkonservativen Parteien!
Die Etablierung weiterer liberalkonservativer Parteien könnte zu einer Schwächung der etablierten AfD als rechter Akteur im politischen Spektrum führen, warnt Bruno Wolters in seinem Kommentar für FREILICH und plädiert dafür, lieber in die AfD einzutreten und zu versuchen, die noch junge Partei programmatisch zu stärken.
Die Gründung der WerteUnion ist in die Hose gegangen: Die beiden Hauptakteure und Zugpferde Prof. Max Otte und Dr. Markus Krall haben kurz nach dem Gründungsparteitag aufgrund der aus ihrer Sicht kritischen Entwicklungen ihren Austritt aus dem Trägerverein der WerteUnion erklärt und eine Mitarbeit in der Partei verneint. Zu sehr störten sie sich an der Organisation der Partei, an den Akteuren in der ersten Reihe und an fragwürdigen Äußerungen von Frontmännern wie Hans-Georg Maaßen zur Zusammenarbeit mit der AfD. Der Tenor war klar: Die WerteUnion kann so keine Alternative zum Einheitsbrei der Altparteien darstellen. In der Folge haben nun zwei weitere Akteure ihren Hut in den Ring geworfen. Die „Liste Aktionsbündnis Deutschland“ und „B.R.D.“ („Bürger. Rechtsstaat. Demokratie.“) trommeln seit Tagen für Unterstützungsunterschriften, um an der Europawahl im Juni teilnehmen zu können. Für die erstgenannte Liste werben unter anderem Kralls Tochter Melissa Krall und der ehemalige CDU-Politiker Philipp Lengsfeld. Frau Krall will für die Liste ebenfalls ins Europaparlament einziehen. Für die zweite Liste wirbt der ehemalige AfD-Politiker Antonin Brousek.
Mittlerweile gibt es einen unüberschaubaren Dschungel von verschiedenen liberalkonservativen Gruppierungen, Parteien und Bündnissen. Bündnis Deutschland, Wir Bürger (ehemals LKR), Zentrumspartei, Freie Wähler, WerteUnion, die beiden genannten Listen – und je nach Bundesland noch weitere kleinere Gruppierungen wie Bürger für Thüringen. Es herrscht ein regelrechtes Gründungsfieber für liberalkonservative Gruppierungen, einerseits angeheizt durch fragwürdige demoskopische Umfragen, die einer solchen Partei ein angebliches Potenzial von über 20 Prozent zusprechen wollen, andererseits durch die fortschreitende Zerfallsbewegung der Altparteien. Es wird immer deutlicher, dass die Altparteien ihre Hegemonie nicht mehr verteidigen können und anderen Akteuren mehr Luft zum Atmen lassen müssen. Nun ist es verständlich und nachvollziehbar, dass einige Akteure nun ihr Glück versuchen wollen. Wenn der Gegner schwächelt, versucht man das Beste für sich herauszuholen! Typisch bürgerlich ist es aber, trotz einer sehr starken Oppositionskraft in Form der AfD lieber ein eigenes Boot aufs Wasser zu schicken und sich als Kapitän aufzuspielen. Das hat einen gewissen Beigeschmack – während die AfD zehn Jahre lang den Hass der Linken und Liberalen ertragen durfte, um sich diesen Freiraum gegen die Hegemonie zu erkämpfen, haben die Glücksritter derweil noch von der Reform der CDU oder SPD geträumt. Jetzt, wo es opportun und vielleicht Mandate bringen könnte, geht man zur nächsten Parteigründung über. Absurd!
Die AfD ist die Antwort für die Liberalkonservativen
Wem nützt diese politische Fragmentierung? Die deutsche Parteienlandschaft ist bereits stark fragmentiert – hier vor allem das nicht linke Lager. Mit einer Vielzahl von Parteien im Bundestag oder auch außerhalb des Parlaments wird es immer schwieriger, stabile Mehrheiten und Regierungen zu bilden. Im Gegenteil wird das nicht linke Lager sogar nachhaltig geschwächt, weil die Fünf-Prozent-Hürde schnell für linke Mehrheiten sorgen könnte, wenn die wenigen Prozente für liberalkonservative Parteien am Ende nicht mitgezählt werden. Wenn die WerteUnion mit drei Prozent und andere Kleinparteien an der Hürde scheitern, können schnell 5-10 Prozent der Wählerstimmen verloren gehen – und davon profitiert am Ende nur der Altparteienverbund. Wenn es diesen Menschen wirklich um die Zukunft Deutschlands geht, dann sollten sie ihre Stimmen nicht an Kleinstparteien verschenken.
Darüber hinaus könnte die Etablierung weiterer liberal-konservativer Parteien zu einer Schwächung der etablierten AfD als rechter Akteur im politischen Spektrum führen. Die AfD ist mit ihren Umfrageerfolgen in den letzten Jahren zu einem Faktor geworden, mit dem am ehesten ein politischer Umschwung möglich ist. Warum sie nun mit Dutzenden von Kleinstparteien schwächen? Es gibt einfach keinen guten Grund, sich von der AfD abzuwenden und sein eigenes Glück zu versuchen. Ein Vorschlag: Lieber in die AfD eintreten und versuchen, diese noch junge Partei programmatisch zu stärken! Im Gegensatz zu den Altparteien ist die AfD noch flexibel und dynamisch und kann weiter gestaltet werden.
„CDU 1.0“ ist eine Nebelbombe
Ein weiterer Punkt, der unbedingt berücksichtigt werden muss: Viele liberalkonservative Positionen ähneln stark denen der etablierten CDU/CSU. Es ist daher fraglich, ob eine weitere Partei hier wirklich neue Impulse und Lösungen bieten kann. Ein „Weiter so“ wird keine politische Neuausrichtung oder gar Reform ermöglichen. Wer von einem „Premiumpartner Union“ spricht, kann nicht das Beste für Deutschland im Blick haben. Eine „CDU 1.0“ wird die Wende nicht bringen – man muss sich nur die einfache Frage stellen: Was ist eine „CDU 1.0“ überhaupt wert, wenn diese CDU mit ihren Handlungen und Entscheidungen die aktuellen Entwicklungen indirekt und direkt erst ermöglicht und angestoßen hat? Die Union hat bis zu 50 Jahre als Regierungspartei die Geschicke der Republik in ihren Händen gehalten. Und trotzdem haben wir diese Verhältnisse – was soll eine „CDU 1.0“ daran ändern? Will man eine wirkliche Umkehr oder nur eine Verlangsamung der bisherigen Politik?
Die fragwürdige Konzentration auf sozialpolitische Themen und ein wenig Migrationskritik sowie Phrasen wie „Soziale Marktwirtschaft“ klingen gut, sind aber nicht wirklich substanziell. Wer wirklich einen Kurswechsel will, muss auch den Mut haben, viele scheinbar unverrückbare Themen wie NATO, EU und Bundeswehr infrage zu stellen. Wie stark soll die Bundeswehr sein? Wie muss sich ein patriotisches Deutschland gegenüber den USA verhalten? Viele Grundpfeiler der deutschen Politik der letzten Jahrzehnte müssen von einer Reformpartei infrage gestellt werden – was liberalkonservative Akteure aus charakterlichen und soziologischen Gründen nicht können. Das ist kein Problem, wenn ihre oft sehr ausgebildete fachliche Expertise in eine Partei eingebracht werden könnte, die genau diesen Mut hat – wie die AfD. Oder alles zusammen: Wir brauchen nicht noch mehr liberalkonservative Parteien!