Freilich #32: Süchtig nach dem Kick

Migrationsexperte Thym fordert weniger strenge Handhabung der Menschenrechte

Der Migrationsexperte Daniel Thym fordert in einem Interview eine grundlegende Reform der Asylpolitik, insbesondere im Hinblick auf die Umsetzung der Europäischen Menschenrechtskonvention – für die AfD ein richtiger Anstoß.

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Migrationsexperte Thym fordert weniger strenge Handhabung der Menschenrechte

In einem aktuellen Interview hat der Migrationsexperte mehrere Vorschläge präsentiert, wie die Asylpolitik reformiert werden könnte.

© IMAGO / teutopress

Berlin. – In einem Interview mit dem Spiegel äußerte sich der Migrationsexperte und Jurist Daniel Thym kritisch zur aktuellen Asylpolitik und plädierte für tiefgreifende Reformen. Besonders skeptisch äußerte er sich zum Umgang mit Asylverfahren und Menschenrechten und forderte eine weniger strikte Umsetzung der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Wenig nachhaltige Maßnahmen

Auf die Frage, ob die Sondierungsgespräche zwischen Union und SPD eine große Wende in der Migrationspolitik darstellen, stellte Thym klar: „Die Gespräche haben sich auf kurzfristige Maßnahmen konzentriert. Nach den fürchterlichen Anschlägen und Messerattacken wollen Union und SPD damit Ruhe und Handlungsfähigkeit vermitteln. Das ist jetzt gut und richtig. Nachhaltig ist es aber nicht.“ Die Maßnahmen seien demnach eher Reaktionen auf akute Ereignisse als langfristige Lösungen.

Thym warnte davor, dass die derzeitige Migrationspolitik nicht auf künftige Krisen vorbereitet sei. „Früher oder später wird jenseits der europäischen Grenzen, in Westafrika oder irgendwo im Nahen Osten der nächste große Konflikt beginnen“, sagte er. Ein Scheitern der Regierung bei der Reform der Migrationspolitik könnte laut Thym dazu führen, dass die Bevölkerung in der nächsten Krise den Glauben an das Asylrecht verliere. „Dann gewinnen die radikalen Kräfte“, sagte er.

Vorschläge für eine ausgewogene Migration

Thym betonte, dass Migration ein vielschichtiges Thema sei, das in der deutschen Debatte oft zu kurz komme. Er forderte, Deutschland als Einwanderungsland anzuerkennen, aber nicht jeden aufnehmen zu müssen. „Staaten wie Kanada, Australien oder die USA wählen von jeher aus, wer dort leben darf. An erster Stelle steht dabei die Anwerbung von Arbeitskräften, dann kommt die Fluchtmigration. In Deutschland ist es bisher anders herum“, so Thym.

Eine seiner zentralen Forderungen ist der Abschluss von Migrationsabkommen mit den Herkunftsländern abgelehnter Asylbewerber. „Ein Land könnte von legalen Arbeitsvisa profitieren, wenn es bereit ist, abgelehnte Asylbewerber zurückzunehmen“, erklärte er. Zugleich verwies er auf die mangelnde Substanz der bisherigen Migrationsabkommen: „Deutschland hat viel Energie in diese Verhandlungen gesteckt, aber das hat alles wenig Substanz“.

Kritik an der EU und den Dublin-Regeln

Thym forderte eine grundlegende Reform des Dublin-Systems und plädierte dafür, dass Asylbewerber nur noch einen Antrag stellen dürfen. „Ich fände es außerdem gut, wenn Flüchtlinge mit einem Bleiberecht sich in anderen EU-Staaten Arbeit suchen, also weiterziehen dürfen, wenn sie dort auf eigenen Beinen stehen“, sagte Thym.

Um die Zahl der Asylanträge an den EU-Außengrenzen zu begrenzen, schlug Thym eine tägliche Obergrenze für Asylanträge vor. Asylsuchende sollten nur noch in die EU einreisen dürfen, wenn sie zuvor einen elektronischen Termin vereinbart hätten. Wer keinen Termin bekommen habe, solle nach einem kurzen Verfahren abgewiesen werden, „außer wenn eindeutig und unmittelbar Verfolgung droht“.

Thym sprach sich zudem für eine Reform der Menschenrechtsstandards aus, um das bestehende System der Asylverfahren zu verändern. „Für einen Systemwechsel wird uns nur eins übrig bleiben: Wir müssten die Menschenrechte weniger streng handhaben“, sagte er und fügte hinzu, dass dies möglicherweise eine Änderung der EU-Verträge und der Europäischen Menschenrechtskonvention erfordere.

AfD sieht richtige Anstöße

Gegenüber FREILICH bezog sich der der AfD-EU-Abgeordnete Tomasz Froelich auf Thyms Forderung und unterstrich: „Das letztendlich auf den Globalismus zugeschnittene internationale Recht der Nachkriegsära, insbesondere die Europäische Menschenrechtskonvention, ist in Zeiten einer anbrechenden Multipolarität, Zunehmender Mobilität der Menschen weltweit und hybrider geopolitischer Kriege, zu denen Massenmigration als Waffe gehört, nicht länger zeitgemäß“.

Deutschland und Europa würden letztendlich durch „andauernde Massenmigration“ destabilisiert und ihre „nationalstaatlich verfassten Gesellschaften zu Konfliktgesellschaften“ transformiert. „Das können wir nicht zulassen“, so Froelich. Es sei „längst“ Zeit, dass man über die Rechtsordnung hinsichtlich der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts diskutiere. „Auch wenn Herr Thym mit aus meiner Sicht falschen Prämissen arbeitet – zum Beispiel ist Deutschland kein natürliches Einwanderungsland und sollte es auch niemals werden –, sind seine Anstöße dennoch richtig und die einzig logische Konsequenz aus den Krisen unserer Zeit“.

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