Österreich in der Krise: Arbeitslosigkeit auf 384.000 gestiegen
Die Arbeitslosigkeit in Österreich ist im November um 8,9 Prozent gestiegen, besonders betroffen sind Industrie und Handel. AMS-Chefin Draxl sieht darin ein deutliches Zeichen der Rezession. Kritik kommt aus der Politik.
Wien. – Im November 2024 waren in Österreich rund 384.000 Personen arbeitslos oder in Schulung gemeldet, wie das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft mitteilte. Das sind um 8,9 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Die Arbeitslosenquote stieg um 0,6 Prozentpunkte auf 7,1 Prozent. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit betraf insbesondere die Warenerzeugung und die Industrie mit einem Plus von 16,2 Prozent. Probleme in der Automobil- und Nahrungsmittelindustrie trugen wesentlich dazu bei. „Schon seit Jänner 2024 beobachten wir, dass jeden Monat die Beschäftigung in der Industrie gegenüber dem Vorjahr sinkt“, erklärte AMS-Chefin Petra Draxl. Sie wertete dies als „Zeichen der Rezession, in der wir uns befinden“.
Arbeitslosigkeit nach Branchen und Regionen
Auch der Handel (+10 Prozent) und der Bereich Verkehr und Lagerwesen (+9,5 Prozent) verzeichneten einen deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit. Im Bauwesen fiel der Anstieg mit 4,4 Prozent geringer aus. Regional war Oberösterreich mit einem Plus von 15 Prozent besonders stark betroffen, auch bedingt durch die Insolvenz von KTM, von der 3.600 Beschäftigte betroffen waren. Deutliche Zuwächse gab es in der Steiermark (+11,7 Prozent) und in Salzburg (+10 Prozent). Kärnten verzeichnete mit fünf Prozent den geringsten Anstieg.
Die schwache Konjunktur zeigt sich auch bei den offenen Stellen. Dem AMS wurden knapp 83.000 sofort zu besetzende Stellen gemeldet, um 12,8 Prozent weniger als im Vorjahr. Laut Stellenmonitor des ÖVP-Wirtschaftsbundes lag die Zahl bei 152.000 und damit ebenfalls leicht unter dem Vorjahresniveau.
Politische Reaktionen
Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) führte die Entwicklung auf die weltweite Konjunkturschwäche zurück: „Als exportorientiertes Land spüren wir die schwache weltweite Nachfrage und das niedrige Wachstum in Deutschland stärker als Länder, die geringere Exportquoten aufweisen“. Weniger Verständnis zeigte die FPÖ, die von einem „arbeitsmarktpolitischen Scherbenhaufen“ sprach. FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch kritisierte Kochers Haltung. Die schwache Konjunktur als „Ausrede für die hohe Arbeitslosigkeit in Österreich herzunehmen“, sei eine „reine Provokation“. SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch forderte rasches Handeln, um die Situation nicht weiter zu verschärfen. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit sei für die nächste Regierung „eine der wichtigsten Aufgaben“, sagte er und plädierte für ein „Programm für Wachstum und Beschäftigung“.
Kritik an Wirtschaftspolitik
Die Arbeiterkammer (AK) machte dafür neben der Weltkonjunktur auch eine „verfehlte Wirtschaftspolitik“ der türkis-grünen Regierung verantwortlich. AK-Präsidentin Renate Anderl forderte daher mehr Investitionen in die Arbeitsmarktpolitik des AMS. Dieser Forderung schlossen sich auch der ÖGB und das Institut Momentum an.
Während ÖGB-Bundesgeschäftsführerin Helene Schuberth vor einer Senkung der Lohnnebenkosten zur Sicherung des Insolvenzentgeltfonds warnte, sprachen sich Wirtschaftskammer (WKÖ) und Industriellenvereinigung (IV) erneut dafür aus. WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf erklärte: „Das würde die Abgabenlast der Unternehmen reduzieren und auch dazu beitragen, dass sie bestehende Mitarbeiter:innen halten und Krisen besser durchtauchen können“.