Österreich: Sprachdefizite bei Schülern nehmen auch in anderen Bundesländern dramatisch zu

Mangelnde Deutschkenntnisse bei Schülern sind nicht nur in Wien ein Problem, auch andere Bundesländer melden alarmierende Zahlen. Nun gibt es Forderungen nach einer umfassenden Offensive gegen Sprachdefizite, aber auch Kritik aus der Opposition.

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Österreich: Sprachdefizite bei Schülern nehmen auch in anderen Bundesländern dramatisch zu

Neben Wien haben auch Oberösterreich, Tirol und die Steiermark mit zunehmenden Sprachdefiziten bei Schülern zu kämpfen.

© IMAGO / Jochen Tack

Wien. – Nicht nur in Wien, auch in anderen Bundesländern wächst das Problem mangelnder Deutschkenntnisse bei Schülern. Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) bezeichnete die jüngsten Zahlen in Wien als „dramatisch“: 44,6 Prozent der Erstklässler an öffentlichen Volksschulen beherrschen die Unterrichtssprache nicht ausreichend, obwohl 61 Prozent dieser Kinder in Österreich geboren wurden (FREILICH berichtete). Aber auch in Oberösterreich, der Steiermark, Vorarlberg und Tirol gibt es alarmierende Entwicklungen, wie der Standard berichtet.

Steigende Zahlen in den Bundesländern

Während Wien nach wie vor den höchsten Anteil an „außerordentlichen Schülern“ aufweist, erreichen Oberösterreich, die Steiermark und Vorarlberg Werte um die 20 Prozent. Besonders stark ist der Anstieg in Tirol, wo sich der Anteil seit 2017/2018 von 4,6 auf 14,5 Prozent verdreifacht hat.

Wiederkehr nennt mehrere Ursachen für die „unglaublich hohen Zahlen“. Zum einen gab es in den letzten Jahren große Fluchtbewegungen. Wien habe in den vergangenen Jahren 8.000 geflüchtete Kinder, vor allem aus Syrien und der Ukraine, in Schulen integriert. Auch die Coronapandemie sieht Wiederkehr als eine der Ursachen. Dadurch sei die Sprachförderung in den Kindergärten fast zwei Jahre lang ausgefallen. Ein Problem seien auch digitale Einflüsse: Smartphones hätten die Kommunikation in den Familien verdrängt. Dass elektronische Berieselung im Kinderwagen nicht den Spracherwerb fördere, sei noch nicht überall angekommen, so Wiederkehr. Zudem seien zwischen 2017 und 2020 die vom Bildungsministerium genehmigten Stellen für Deutschförderung von 364 auf 148 reduziert worden. Trotz einer Aufstockung auf 230 Stellen sei dies angesichts steigender Schülerzahlen nicht ausreichend.

Kritik an Wiens Bildungspolitik

Die Oppositionsparteien sehen vor allem die Stadtregierung in der Pflicht. Die Wiener ÖVP kritisiert, dass nur 56 Prozent der Kindergartenkinder mit Sprachförderbedarf tatsächlich gefördert werden. Dieser Anteil sei seit dem Koalitionsbeitritt der Neos sogar leicht gesunken. Die Stadtregierung habe in der Elementarpädagogik versagt, so der Vorwurf.

Wiederkehr weist darauf hin, dass die Zahl der Kindergärten mit Sprachförderung von 246 auf 376 gestiegen sei und statt 300 nun 407 Fachkräfte im Einsatz seien. Allerdings sei auch der Bedarf gestiegen, da 60 Prozent der Wiener Kindergartenkinder eine andere Muttersprache als Deutsch haben. „Früher haben die Kinder auch voneinander gelernt. Das wird immer schwieriger“, sagte er.

Forderungen nach Bundesregelungen

Um die Herausforderungen zu bewältigen, fordert Wiederkehr Unterstützung von der Bundesregierung. Dazu gehören eine zweijährige Kindergartenpflicht sowie verpflichtende Deutschkurse im Sommer für Kinder mit Sprachdefiziten. Notwendig sei auch eine große „Deutschoffensive“ mit einem Budget von 100 Millionen Euro.

Ob diese Forderungen als Bedingung für die laufenden Koalitionsverhandlungen mit ÖVP und SPÖ gelten, ließ Wiederkehr offen. Er betonte aber: „Das Thema hat für uns oberste Priorität in den Regierungsverhandlungen“.

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