Zugezogene, Höcke und Großstädte: Wissenswertes zu den Wahlen in Sachsen und Thüringen

Neu-Thüringer wählen häufiger AfD, Björn Höcke konnte sich entdämonisieren: Eine Analyse des gestrigen Wahlabends fördert einige interessante Fakten zutage.

Analyse von
2.9.2024
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2 Minuten Lesezeit
Zugezogene, Höcke und Großstädte: Wissenswertes zu den Wahlen in Sachsen und Thüringen

Bodo Ramelow und Björn Höcke am Wahlabend.

© IMAGO / Funke Foto Services

1. Die Entdämonisierung des Björn Höcke

Laut Infratest Dimap würde bei einer Direktwahl des Ministerpräsidenten Mario Voigt von der CDU auf 48 Prozent kommen, AfD-Spitzenkandidat Björn Höcke auf 26 Prozent. Damit liegt Höcke vor seinem sächsischen Parteikollegen Jörg Urban, der gegen Michael Kretschmer (60 Prozent) nur 24 Prozent erringen würde. Des Weiteren zeigen sich 74 Prozent aller AfD-Wähler mit der politischen Arbeit Höckes zufrieden, nur 16 Prozent empfinden ihn als „zu rechts“. Im Wahlkreis Greiz 2 erhielt Höcke als Direktkandidat sogar 400 Erststimmen mehr, als die AfD Zweitstimmen hatte.

2. Neu-Zugezogene wählen in Thüringen viel häufiger AfD als in Sachsen

In Sachsen ist die AfD eine Partei, die vor allem von Menschen gewählt wird, die mehr als 20 Jahre lang in Sachsen wohnen. Gemäß Infratest Dimap wählen 32 Prozent dieser Wähler die AfD. Bei Wählern, die kürzer als zehn Jahre in Sachsen leben, schneidet die AfD mit 17 Prozent weit unterdurchschnittlich ab. In Thüringen sieht die Lage anders aus: Dort votierten 30 Prozent aller Wähler, die weniger als zehn Jahre in Thüringen wohnen, für die AfD, und 33 Prozent aller Thüringer, die länger als 20 Jahre dort wohnen.

3. AfD und BSW holen in vielen Landesteilen die absolute Mehrheit

In Thüringen erzielten AfD und BSW zusammen 48,6 Prozent, in Sachsen 44,2 Prozent. In Thüringen erhielten AfD und BSW gemeinsam in der weiten Fläche des Landes (29 von 44 Wahlkreisen) gemeinsam die absolute Mehrheit, mit Ausnahmen in Nordwestthüringen sowie den Städten Erfurt, Weimar und Jena, teils mit angrenzenden Wahlkreisen.

Den höchsten gemeinsamen AfD-BSW-Wert in Thüringen wies der Wahlkreis Altenburger Land I mit 57,6 Prozent auf; der niedrigste Thüringer Wert wurde im Wahlkreis Jena I mit 27,4 Prozent verzeichnet. In Sachsen übersprangen AfD und BSW nur in acht Wahlkreisen in den Landkreisen Görlitz, Bautzen, Meißen und Sächsische Schweiz – Osterzgebirge die Marke von 50 Prozent. Die meisten Wähler konnten AfD und BSW in Sachsen im Wahlkreis Görlitz 1 überzeugen (52,7 Prozent), die wenigsten im Wahlkreis Leipzig 1 (18,6 Prozent).

4. Der Erfolg der AfD in Großstädten

Erstmals ist der AfD gelungen, bei Landtagswahlen in einer Großstadt Direktmandate zu holen. In den Wahlkreisen Erfurt 1 und Erfurt 4 reüssierten Sascha Schlösser mit 35,7 Prozent und Marek Erfurth mit 26,7 Prozent. Im Wahlkreis Jena 2 war AfD-Kandidat Tim Beutler trotz der bekannten schwierigen Umstände in der Antifa-Hochburg lange im Rennen um den Wahlkreissieg, musste sich mit – für Jenaer Verhältnisse immer noch sehr guten – knapp 20 Prozent zufriedengeben. In den sächsischen Großstädten Leipzig, Dresden und Chemnitz ging die AfD bei den Direktmandaten komplett leer aus.

5. Die absolute Mehrheit der Wähler teilt den AfD-Remigrationskurs

Ende des Jahres 2023 war der Begriff der Remigration nach dem „Potsdamer Treffen“ in aller Munde. Einen abschreckenden Effekt auf die Wähler in Thüringen und Sachsen scheint diese sehr polemisch in der Öffentlichkeit geführte Diskussion jedoch nicht gehabt zu haben. In Thüringen bejahten laut Infratest dimap 58 Prozent aller Bürger die Aussage, dass sie es gut fänden, dass die AfD eine restriktivere Ausländerpolitik durchsetzen würde; in Sachsen waren dies sogar 59 Prozent.

56 Prozent der Thüringer Wähler und 55 Prozent der sächsischen Wähler behaupten, dass die AfD das sagen würde, was in anderen Parteien nicht gesagt werden darf. Alleine schon diese Werte zeugen davon, dass eine absolute Mehrheit der AfD vielleicht nicht in greifbarer Nähe, aber auch nicht utopisch zu sein scheint.

Über den Autor

Martin Scheliga

Martin Scheliga, Jahrgang 1997, ist studierter Master-Mathematiker und fertigt für verschiedene Auftraggeber politische Analysen an.

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