Freilich #32: Süchtig nach dem Kick

Doch nicht so „sofort“: Stopp des Familiennachzugs nach Österreich lässt auf sich warten

Obwohl Bundeskanzler Christian Stocker den sofortigen Stopp des Familiennachzugs angekündigt hat, bremst Innenminister Gerhard Karner und will erst die EU-Kommission informieren.

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Doch nicht so „sofort“: Stopp des Familiennachzugs nach Österreich lässt auf sich warten

Stocker (re.) wollte den Familiennachzug „sofort“ stoppen, Karner (li.) will erst die EU informieren.

© IMAGO / SEPA.Media

Wien. – Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) hat kurz nach der Angelobung am Montag einen sofortigen Stopp des Familiennachzugs angekündigt, doch Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) mahnte zur Mäßigung. Vor einer entsprechenden Verordnung sollen erst die EU-Kommission und die EU-Innenminister informiert werden, hieß es.

Stocker: „Sofort ist jetzt“

Im ersten gemeinsamen ORF-Interview der neuen Bundesregierung betonte Bundeskanzler Christian Stocker, dass der Stopp des Familiennachzugs ab sofort gelte. „Niemand wolle mehr eine Situation wie 2015“, sagte er und kündigte die sofortige Aktivierung der Notfallklausel an. Dies sei notwendig, um die Systeme nicht zu überlasten. Laut Stocker reicht die Unterschrift des Innenministers aus, um den Stopp in Kraft zu setzen. Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) unterstützte den Kurs: „Die Menschen haben ein Recht darauf, dass Maßnahmen gesetzt werden“.

Karner will erst EU-Kommission informieren

Trotz der entschlossenen Worte Stockers lässt die konkrete Umsetzung auf sich warten. Innenminister Gerhard Karner trat auf die Bremse und erklärte, dass die Detailregelungen zum Stopp des Familiennachzugs „gerade im Innenministerium erstellt“ würden, wie der Standard berichtet. Außerdem wolle er zuerst die EU-Kommission und die EU-Innenminister über die Pläne informieren.

Am Mittwoch will Karner in Brüssel EU-Kommissar Magnus Brunner über das Vorhaben informieren. Ein Sprecher des Ministers erklärte gegenüber dem Standard, dass die Regelung „parallel zur Information der EU“ ausgearbeitet werde. Geplant sei eine „Quotenregelung mit einer Nullquote zu Beginn“.

Die FPÖ kritisierte die Vorgänge: „Kaum ist die neue österreichische Ampel-Koalition aus ÖVP, SPÖ und Neos angelobt, wird die Bevölkerung schon am ersten Tag eiskalt belogen“, so der Wiener FPÖ-Obmann Dominik Nepp in einer Aussendung. Damit sei klar: „Die schwarz-rot-pinke Chaos-Koalition setzt gemeinsam mit der Ludwig-SPÖ in Wien den migrationspolitischen Irrweg ungebremst fort und wird unser Sozialsystem weiter belasten“.

Rechtliche Zweifel am Familiennachzugstopp

Rechtsexperten äußern unterdessen erhebliche Zweifel an der Umsetzbarkeit des Stopps. Aimée Stuflesser von Amnesty International Österreich sieht in der Maßnahme einen „klaren Verstoß gegen internationale menschenrechtliche Standards“. Die Trennung von Familien verursache „unermessliches Leid“ und gefährde die Integration von geflüchteten Menschen. Lukas Gahleitner von der Asylkoordination betont, dass ohne gesetzliche Grundlage keine Verordnung möglich sei: „Ohne gesetzliche Regelung keine Verordnung.“ Eine entsprechende Änderung des Asylgesetzes bräuchte die Zustimmung der Regierungspartner SPÖ und NEOS.

Systemnotstand als rechtliche Basis möglich

Der Europarechtsexperte Walter Obwexer hält die rechtliche Begründung des Familiennachzugsstopps laut Standard dennoch für tragfähig. Mit Verweis auf die Überlastung der städtischen Volksschulen könne ein Systemnotstand geltend gemacht werden. Stocker verteidigte den Schritt im ORF-Mittagsjournal jedenfalls: Die Überlastung der Schulen in Wien sei offensichtlich und könnte langfristig sogar eine Grundrechtsdebatte auf EU-Ebene auslösen. Ob der von Stocker angekündigte „sofortige“ Stopp tatsächlich zeitnah umgesetzt wird, bleibt jedoch unklar – zu viele rechtliche und politische Hürden stehen dem Vorhaben noch im Weg.

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