Freilich #35: Und tschüss!

Klimareligion und Kulturkampf – Wie die ökosozialistische Agenda Deutschland deindustrialisiert

Die klimapolitische Agenda in Deutschland ist für Frank-Christian Hansel kein technisches Reformprojekt, sondern ein ideologischer Kulturkampf mit weitreichenden Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft.

23.8.2025
/
3 Minuten Lesezeit
Klimareligion und Kulturkampf – Wie die ökosozialistische Agenda Deutschland deindustrialisiert

Der geschätzte Verlust von Nettostellen in der Automobilbranche durch den forcierten E-Auto-Kurs beläuft sich auf rund 15.000 Stellen. (Symbolbild)

© IMAGO / Jochen Eckel

Seit über anderthalb Jahrzehnten, von Merkel bis Habeck, von CDU bis Grünen, hat sich in Deutschland eine klimapolitische Doktrin etabliert, die weniger als sachorientierte Umweltpolitik zu verstehen ist, sondern als bewusst geführter linker Kulturkampf. Unter dem Deckmantel von „Klimaschutz“ und „Dekarbonisierung“ wurde eine ideologische Großoffensive gestartet, die nicht nur technische und ökonomische Entscheidungen verengt, sondern die gesamte gesellschaftliche Wertordnung neu codiert – hin zu einem ökosozialistischen Welt- und Menschenbild.

Diese Agenda ist kein zufälliges Politikfeld, sondern der zentrale Hebel zur Umformung von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur. Die rot-grüne Klimaorthodoxie, tatkräftig vorangetrieben von Angela Merkel und ihren Nachfolgern, hat ein dogmatisches System errichtet, in dem politische Legitimation nicht mehr aus demokratischer Aushandlung, sondern aus moralischer Erpressung erwächst: Wer gegen die „Klimareligion“ argumentiert, gilt als Feind der Zukunft, als Ketzer gegen das große moralische Narrativ.

Die drei Grundpfeiler der Klima-Ideologie

1. Klimareligiöser Absolutheitsanspruch – Die „Rettung des Planeten“ wird als metaphysisches Endziel über jede wirtschaftliche Vernunft gestellt.

2. Ökosozialistische Umverteilungslogik – Produktionsmittel, Energiesysteme und Konsumstrukturen sollen politisch umgesteuert werden, um ein angeblich „gerechtes“ Null-Emissionen-System zu erzwingen.

3. Kulturelle Hegemonie – Durch Medien, Bildung, NGOs und internationale Netzwerke wird eine Deutungshoheit geschaffen, die jede Kritik moralisch diskreditiert, bevor sie sachlich diskutiert werden kann.

Die Automobilindustrie – Frontlinie und Opfer des Kulturkampfs

Wer den Charakter dieser Klima-Agenda als Kulturkampf noch für eine theoretische Überhöhung hält, der muss nur auf die deutsche Automobilindustrie blicken – den industriellen Kern unseres Landes, Symbol und Motor unseres Wohlstands. Hier prallen die ideologische Zwangslogik und die Realität mit voller Wucht aufeinander.

- Volkswagen: Werksschließungen, Verlagerungen, scharfe Produktionskürzungen

- Porsche: Abbau von rund 1.900 Stellen bis 2029 in Zuffenhausen und Weissach

- Bosch: 1.100 Arbeitsplätze weniger in Reutlingen

- Daimler Truck: 5.000 Stellen in Deutschland vor dem Aus

- Continental: 3.000 Jobs weltweit gestrichen, ein großer Teil davon in Deutschland

Die Folgen des forcierten E-Auto-Kurses

Das Center Automotive Research (CAR) beziffert den möglichen Nettoverlust in der Branche durch den forcierten E-Auto-Kurs auf rund 15.000 Stellen – bei gleichzeitiger Zerstörung hochentwickelter Wertschöpfungsketten, die in Jahrzehnten aufgebaut wurden. Ganze Regionen – in Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen – stehen vor einem Strukturbruch, der nicht nur wirtschaftlich, sondern auch gesellschaftlich verheerend ist.

Diese Entwicklung ist kein Betriebsunfall einer schlecht austarierten Politik. Sie ist die logische Folge einer kulturideologischen Strategie, in der industrielle Selbstbehauptung als klimaschädlich, ja als moralisch illegitim gilt. Die politisch erzwungene Abkehr von Verbrennertechnologien, flankiert von EU-Vorgaben, nationalen Verboten und einseitigen Subventionen, ist ein Musterbeispiel dafür, wie eine abstrakte Ideologie in konkrete industrielle Zerstörung übersetzt wird.

Wer nicht erkennt, verliert

„Klimaschutz“ ist dabei nur die Fassade für einen tieferliegenden Machtprozess: Den Umbau des Landes von einer marktwirtschaftlich orientierten Industriegesellschaft zu einer regulierten, staatlich dirigierten Mangelwirtschaft. Der linke Klima-Kulturkampf ist die strategische Langzeitwaffe, um den politischen und wirtschaftlichen Liberalismus zu zerstören und durch ein ideologisch gelenktes System zu ersetzen.

Wer diese Ebene nicht begreift, wird niemals eine echte politische Wende herbeiführen können.
Die zentrale Frage lautet daher: Hat die CDU diesen Konflikt überhaupt als das erkannt, was er ist – ein kulturell-ideologischer Kampf um die Grundordnung unserer Gesellschaft? Falls ja, muss man fragen, warum sie ihn nicht führt. Aus Angst, ihre letzten Machtoptionen zu verspielen? Aus Bequemlichkeit, weil man sich im Schatten der grün-linken Hegemonie eingerichtet hat?

Mein eigener Glaube daran, dass die Union in diesem Kampf noch Partner sein könnte, geht gegen Null. Zu oft hat sie sich als Co-Verwalter und Wegbereiter der Ideologie erwiesen – von Merkels Atomausstieg bis zur vorauseilenden Umsetzung grüner Klimavorgaben. Jüngstes Beispiel: Friedrich Merz hat kurz vor Ende der rot-grünen Mehrheitsverhältnisse die „Klimaneutralität“ ins Grundgesetz gehievt – und damit den ideologischen Kern des Projekts verfassungsrechtlich zementiert.

Was jetzt notwendig ist

Entscheidend ist, dass die Wähler verstehen, dass der Politikwechsel genau auf dieser Ebene geführt werden muss – auf der Ebene der ideologischen Grundsatzauseinandersetzung. Am wirksamsten geschieht dies durch die erdrückende Evidenz realer Folgen: Arbeitsplatzabbau, explodierende Strompreise, Deindustrialisierung. Erst wenn klar ist, dass diese Verluste direkte Konsequenz einer Klima-Ideologie sind, entsteht der politische Druck, der eine Abkehr erzwingen kann.

Wer diesen Irrweg beenden will, muss deshalb:

- Die klimapolitische Zwangsdoktrin als ökosozialistisches Herrschaftsprojekt benennen.

- Die moralische Erpressungslogik der Klima-Religion öffentlich dekonstruieren.

- Die reale Bilanz von Energiewende und Dekarbonisierung gnadenlos offenlegen – Arbeitsplatzverluste, Wohlstandsvernichtung, Deindustrialisierung.

- Eine Gegenkultur der Technologieoffenheit, wirtschaftlichen Selbstbestimmung und freiheitlichen Energiepolitik etablieren.

Nur wenn die ideologische Grundlage entmystifiziert wird, lässt sich der politische Kurs umkehren. Das erfordert Mut zur Fundamentalkritik – nicht nur an den Grünen, sondern auch an den schwarzen und roten Erfüllungsgehilfen, die diesen ökosozialistischen Kulturkampf zur Staatsdoktrin erhoben haben.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
Über den Autor

Frank-Christian Hansel

Frank-Christian Hansel, Jahrgang 1964, ist seit 2016 für die AfD Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses. Der gebürtige Hesse studierte Politische Wissenschaften, Philosophie und Lateinamerikanistik.

Kann FREILICH auf Ihre Unterstützung zählen?

FREILICH steht für mutigen, konservativ-freiheitlichen Journalismus, der in einer zunehmend gleichgeschalteten Medienlandschaft unverzichtbar ist. Wir berichten mutig über Themen, die oft zu kurz kommen, und geben einer konservativen Öffentlichkeit eine starke Stimme. Schon mit einer Spende ab 4 Euro helfen Sie uns, weiterhin kritisch und unabhängig zu arbeiten.

Helfen auch Sie mit, konservativen Journalismus zu stärken. Jeder Beitrag zählt!