EU-Kommission verklagt Ungarn wegen Asyl- und Abschiebepolitik
Das EU-Mitgliedsland Ungarn muss sich auf Betreiben der EU-Kommission wegen seiner Asylpolitik gleich aufgrund mehrerer Maßnahmen vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verantworten.
Wie der Tagesspiegel am Donnerstag berichtete, verklagt die EU-Kommission das Mitgliedsland Ungarn vornehmlich wegen seiner Asyl- und Abschiebepolitik vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Als besonders problematisch sieht die mächtige EU-Institution, dass das mitteleuropäische Land ein Asylverfahren ausschließlich in Transitzonen an seinen Außengrenzen ermöglicht. Diese Art des Verfahrens verstoße gegen EU-Recht.
Ungarn: Verfahren auch wegen „Stop Soros“-Gesetz
Ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren leitete die Kommission gegen Budapest außerdem wegen eines Gesetzes ein, welches die Handlungsmöglichkeiten von Asyl-NGOs beschneidet. In Ungarn beschloss das Parlament im Juni eine Regelung, welche strafrechtliche Konsequenzen für „Beihilfe zur illegalen Migration“ vorsieht – Die Tagesstimme berichtete. Der mit den Stimmen der konservativen FIDESZ-Regierung von Viktor Orbán und der rechten Jobbik beschlossene Erlass richtet sich vor allem gegen Tätigkeiten im Dunstkreis des US-Milliardärs George Soros.
Der 1930 in Budapest als György Schwartz geborene liberale Börseninvestor unterstützt seit Jahren linke und asylfreundliche Gruppen und Organisationen in Europa finanziell. Die ungarische Regierung ist fest von der Existenz eines sogenannten „Soros-Plans“ überzeugt. Demnach sollen in Europa jährlich angeblich eine Million Migranten angesiedelt werden. Die Debatte polarisiert auch in Westeuropa, der UNO-Ausschuss für Menschenrechte unterstellte Soros-Kritikern etwa kürzlich, „antisemitische Elemente“ zu bedienen.
2012: Urteil gegen Italien als Wendepunkt
Es ist nicht das erste Mal, dass sich ein EU-Mitgliedsstaat wegen seiner Asyl- bzw. Abschiebepolitik vor einem europäischen Gericht verantworten muss. Manche geopolitische Beobachter sehen etwa einem Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte aus dem Jahr 2012 einen Impuls, welcher eine „Politik der offenen Grenzen“ überhaupt erst bedingte.
Das Gericht in Straßburg verurteilte den italienischen Staat damals zur Zahlung von 330.000 Euro Entschädigung an 24 abgeschobene Asylwerber. Die Argumentation der Richter stützte sich damals auf die Ansicht, dass kollektive Abschiebungen mit dem Gebot der Einzelprüfung nicht vereinbar seien. Das Hohe Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) sprach damals von einem „Wendepunkt im Umgang mit Flüchtlingen“.