Zweites Schrumpfungsjahr in Folge: Niedergang einer Wohlstandsnation

Die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland zeigt besorgniserregende Tendenzen: Deutschland wird nicht mehr zu den 20 reichsten Ländern der Welt gehören, die Kaufkraft sinkt und die Zahl der Unternehmensinsolvenzen steigt. René Springer kritisiert in seinem Kommentar für FREILICH die fatalen politischen Weichenstellungen, die zu dieser Situation geführt haben und fordert eine grundlegende Kehrtwende in der Wirtschaftspolitik.

Kommentar von
2.10.2024
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5 Minuten Lesezeit
Zweites Schrumpfungsjahr in Folge: Niedergang einer Wohlstandsnation

Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland ist alles andere als rosig.

© IMAGO / Bihlmayerfotografie

„Deutschland fliegt aus den Top 20 der reichsten Länder der Welt“, titelte das Manager Magazin Mitte September im Netz. Zwar zählte die Bundesrepublik auch im wirtschaftlichen Schrumpfungsjahr 2023 gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) immer noch zu den größten Volkswirtschaften, doch beim BIP pro Kopf oder der aussagekräftigeren Kaufkraftparität (kaufkraftbereinigtes BIP pro Kopf) gerät man zunehmend ins Hintertreffen.

Zweites Schrumpfungsjahr in Folge

Denn bei ebendieser Kaufkraftparität fällt Deutschland 2023 aus den Top 20. Zwar finden sich unter den Top 20 auch Sonderfälle wie die Vereinigten Arabischen Emirate oder Katar, deren Reichtum nicht auf einer diversifizierten, nachhaltig gewachsenen Volkswirtschaft, sondern allein auf Rohstoffreichtum beruht, aber die USA, die Schweiz oder Schweden sind Volkswirtschaften unter den Top 20, an denen sich die Bundesrepublik messen lassen muss. Und hier ist der Trend eindeutig: Während es für viele europäische Staaten deutlich aufwärts geht, fällt die Bundesrepublik zurück. Da passt die jüngste Meldung des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) nur ins Bild, in der es konstatiert: „Deutsche Wirtschaft schrumpft 2024 erneut, anschließende Erholung kraftlos“. Aber nicht nur das IfW, auch das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Essen und das renommierte Ifo-Institut in München attestieren der deutschen Wirtschaft das zweite Schrumpfungsjahr in Folge.

Den kritischen Beobachter vermag diese Entwicklung indes nicht zu überraschen: Es ist eine Krise mit Ansage, deren Wurzeln weit über das Jahr der Flüchtlingskrise 2015 hinausreichen. Das Jahr 2011 und die unter dem Eindruck der Nuklearkatastrophe in Fukushima von der CDU zur obersten Staatsangelegenheit erklärte Energiewende kann beispielsweise als ein wesentlicher Wendepunkt gelten, der die Wohlstandsentwicklung in der Bundesrepublik nun nachhaltig ausbremst. Milliarden wurden und werden versenkt, um die deutsche Volkswirtschaft in eine Schrumpfung der energetischen Zufuhr hineinzutransformieren. Damit sinkt aber die erzielbare Wertschöpfung aus dem (steigenden) Einsatz fossiler Energieträger, die als BIP pro Kopf innerhalb der Gesellschaft umverteilt werden kann.

Deutschlands „historische Verantwortung“

Die seit 2011 steigenden Energiekosten sind im Wesentlichen ein aggregierter Indikator für diese Verknappung, in die staatliche Subventionen, komplexeres Netzmanagement etc. einfließen. Aber es bleibt nicht bei den hohen Kosten und der geringen Energieausbeute der Erneuerbaren, denn ihre Integration in das Energiesystem einer Industrienation bedeutet eine erhebliche Komplexitätssteigerung: Abertausende von Einzelkraftwerken mit fluktuierender, nicht regelbarer Energieerzeugung müssen in das Netz integriert werden. Schlagworte wie „Netzausbau“ und „Wasserstoffstrategie“ stehen exemplarisch für eine Verstrickung in experimentelle Technologien, deren wirtschaftlichen und technologischen Reifegrad man durch Subventionen vorwegnehmen will und deren logischen Endzustand man zu kennen glaubt.

Während andere Nationen Erneuerbare Energien pragmatisch dort einsetzen, wo das Kosten-Nutzen-Verhältnis eindeutig bestimmbar ist, sieht sich die Bundesrepublik beziehungsweise ihre etablierte Politikerkaste als rationale Speerspitze einer als unausweichlich empfundenen „grünen“ Zeitenwende. Die von der Mitbegründerin des New Climate Institute in Berlin, Hanna Fekete, im Zusammenhang mit dem von Wirtschaftsminister Robert Habeck initiierten Gebäudeenergiegesetz pikiert formulierte Kritik, dass „[Deutschland] als reiches, entwickeltes Land mit historischer Verantwortung immer noch zu wenig [tut]“ ist das bestimmende Mantra des bundesrepublikanischen Juste Milieus rheinischer Prägung. Man beachte insbesondere die von Fekete beschworene „historische Verantwortung“.

Massenmigration stopft Kostenlücke nicht

Der destabilisierende und kriseninduzierende Faktor „Energiewende“ entfaltet seine ganze Wucht aber erst in Kombination mit einem weiteren Spezialprojekt, das direkt aus der wahrgenommenen „historischen Verantwortung“ des bundesdeutschen Bürgertums resultiert: der unkontrollierten Masseneinwanderung, die nun nachträglich als Lösung des demografischen Wandels legitimiert werden soll. Doch auch fast zehn Jahre nach Angela Merkels Schleusenöffnung verläuft die Integration der Migranten in Gesellschaft und Arbeitsmarkt – euphemistisch formuliert – holprig. Selbst der regierungsfreundliche öffentlich-rechtliche Rundfunk kommt nicht umhin, diesen Unfall mit Ansage in seiner Berichterstattung zu berücksichtigen: Nach einer Analyse des Norddeutschen Rundfunks sind 66 Prozent der Asylmigranten in Deutschland arbeitslos. Viele, die arbeiten, sind dennoch auf staatliche Unterstützung angewiesen – viele kommen über einen Niedriglohn nicht hinaus.

Dieses „Humankapital“ trägt keine Volkswirtschaft und ersetzt schon gar nicht die Leistungsträger, die bald in Rente gehen. Aus rein ökonomischer Sicht ist die Massenmigration weder ein Mittel zum Stopfen der sich durch die Alterung auftuenden Kostenlücke noch zur Linderung des sich abzeichnenden Arbeitskräftemangels. Das Gegenteil ist der Fall: Es wird ein weiteres Kostenloch aufgerissen, das zudem die öffentliche Sicherheit gefährdet und einem bereits herunterreformierten Bildungssystem den endgültigen Stoß in den Abgrund versetzt.

Establishment stellt sich selbst ein Bein

Ironischerweise stellt sich das Establishment in diesem Kontext selbst ein Bein: Würde man den Energiedurchsatz durch das deutsche Wirtschaftssystem weiter erhöhen und die Wertschöpfung aus fossilen Energieträgern weiter nutzen, wären zumindest die Verteilungskonflikte, die sich aus dem demografischen Wandel und der Massenmigration ergeben, leichter zu lösen beziehungsweise könnte man mit sprudelnden Milliarden Zeit gewinnen, um die Risse in der Fassade noch ein paar Jahre länger zu kitten, aber mit der Energiewende und der damit verbundenen Energieverknappung hat man sich diesen Weg verbaut. Die Migrationskrise entfaltet in diesem Zusammenhang eine doppelt zerstörerische Wirkung, indem ihre negativen Folgen finanziell nicht mehr aufgefangen werden können und sie gleichzeitig nicht weniger, sondern mehr Empfänger staatlicher Transferleistungen schafft.

Der Ofen läuft nur noch auf Sparflamme

Die Energie-, die Demografie- und die Sozial-/Identitätskrise bilden ein explosives Gemisch, das sich nun nach und nach auf die Wirtschaftsleistung und das Wohlstandsniveau der Bundesrepublik auswirkt: Das Ergebnis ist ein Abschwung auf allen Ebenen. Das Tückische an diesem Abschwung ist, dass er sich nicht schlagartig und einschneidend vollzieht, sondern dass es sich vielmehr um eine stetige, langsame Erosion der Substanz handelt, der die Bundesrepublik ihren (ökonomischen) Erfolg verdankt. So wird Deutschland in der Rangfolge der Länder nach dem kaufkraftbereinigten BIP nicht auf Platz 50 durchgereicht, sondern fällt zunächst auf Platz 21 zurück. Möglicherweise gelingt in den nächsten Jahren wieder der Sprung in die Top 20, aber letztlich läuft der Ofen nur noch auf Sparflamme und droht ganz auszugehen, wenn nicht eine grundlegende Kehrtwende erfolgt. Doch der Weg in den Abschwung ist keineswegs alternativlos.

Das Establishment hat sich aus moralischer Borniertheit für eine Politik entschieden, die im Kern apolitisch ist: Harte deutsche Interessen sind zweitrangig und werden hinten angestellt. Das Wohl der Menschheit bestimmt das politische Handeln in Berlin. Wertegeleitete Außenpolitik heißt das im Auswärtigen Amt. Im Zweifel muss und wird es der transatlantische Bruder – wie die Etablierten hoffen, von einem Präsidenten der Demokratischen Partei regiert – über dem großen Teich schon richten. Damit steht das heutige Berlin in guter rheinischer Tradition, in der sich bereits der deutsche Krüppelstaat in Bonn gemütlich eingerichtet hatte. Nur sind die politischen Rahmenbedingungen heute völlig andere als im geteilten Deutschland, und die Ergebnisse dieser Politik der postnationalen, hyperliberalen Demokratie sind verheerend: Innenpolitisch herrscht zunehmend Chaos statt Ordnung, derweil der politische Komplexitätsgrad selbst für Eingeweihte kaum noch zu durchdringen ist und fortwährend zunimmt (siehe etwa die europäische Integration). Wir balancieren am Kipppunkt, wobei die Ausschläge nach unten zunehmen.

Strikte Ordnungspolitik als Alternative

Die Alternative ist eine strikte Ordnungspolitik, deren oberstes Ziel die Herstellung von Stabilität ist und die sich ihrer ökonomischen und sozialen Grundvoraussetzungen bewusst ist. Übersetzt auf die oben erwähnte Energiewende, den demografischen Wandel und die Migrationswelle heißt das: stabile und preiswerte Energie sichern, die eigenen Potenziale in einer schrumpfenden Gesellschaft ausschöpfen, Migration strikt begrenzen und eine umfassende Remigration umsetzen.

Die Initialzündung dazu gab es bereits mit dem guten Abschneiden der AfD bei den jüngsten Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg Anfang beziehungsweise Ende September. Dieser Impuls kam erwartungsgemäß nicht vom Rhein, sondern von der Elbe. Sollte sich dieser notwendige Ruf nach der Ordnung der Verhältnisse in Deutschland durchsetzen und die deutsche Politik nachhaltig verändern, werden Schlagzeilen wie die des Manager Magazins in der Retrospektive zu Randnotizen des politischen Scheiterns des linksliberalen Milieus, zu Wegmarken seiner Entmachtung.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
Über den Autor

René Springer

René Springer ist ein deutscher AfD-Politiker aus Ost-Berlin. Seit der Bundestagswahl 2017 ist der Elektrotechnik-Meister und studierte Politologe Mitglied des Deutschen Bundestages und seit Mai 2020 Sprecher für Arbeit und Soziales der AfD-Bundestagsfraktion. Seit 2024 ist er außerdem Vorsitzender der AfD Brandenburg.

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