Debanking als Waffe gegen unbequeme Stimmen und Kritiker
Die Steiermärkische Sparkasse hat dem FREILICH-Magazin das Konto gekündigt – ohne genauere Angabe von Gründen. Damit trifft Debanking einen weiteren Akteur, der vom politischen Mainstream abweicht.
Stellen Sie sich vor, Sie sind ein kleines Medienunternehmen mit wenigen Mitarbeitern, die täglich mit viel Engagement ihrer Arbeit nachgehen. Ihr Hauptprodukt ist ein Printmagazin, das immer mehr Abonnenten gewinnt, aber ohne staatliche Subventionen auskommen muss. Kurz vor Weihnachten wollen Sie die Rechnungen an Ihre Abonnenten verschicken, doch just an dem Tag, an dem die Rechnungen verschickt werden sollen, erhalten Sie einen Brief von Ihrer Bank, der Steiermärkischen Sparkasse. Der Betreff: „Aufkündigung der Geschäftsbeziehung“.
So ist es FREILICH ergangen. Nur wenige Tage zuvor hatte FREILICH eine exklusive Recherche über eine von der grünen Bundestagsabgeordneten Renate Künast organisierte Zoom-Konferenz veröffentlicht, bei der mit anderen hochrangigen Abgeordneten sowie dem Berliner Verfassungsrechtler Christoph Möllers über ein mögliches AfD-Verbotsverfahren diskutiert wurde und auch brisante und fragwürdige Aussagen sowie Vorschläge gefallen sind.
Politische Motivation liegt nahe
Die Gründe für die Beendigung der Geschäftsbeziehung wurden von der Bank erwartungsgemäß nicht genannt – auch auf Nachfrage nicht. Es wurde lediglich auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwiesen. Dies lässt Spekulationen über die Gründe zu, eine politisch motivierte Kündigung liegt jedoch nahe. FREILICH reiht sich mit dem gekündigten Konto jedenfalls in eine Liste von Medienhäusern und anderen Akteuren ein, die aufgrund ihrer Tätigkeit vom Debanking betroffen sind.
Das Phänomen Debanking ist vielen noch unbekannt, gewinnt seit einigen Jahren aber immerhin an Aufmerksamkeit. Einzelne Akteure können mittlerweile nicht nur ein Lied, sondern ein ganzes Album von dieser Repressionsmaßnahme singen. Die Auswirkungen sind dabei nicht nur lästig, sondern können letztlich auch geschäftsschädigend sein.
Kündigungen oft schwer nachvollziehbar
Unter Debanking, das letztlich jeden treffen kann, versteht man im Grunde die Praxis von Banken, Kunden – seien es Privatpersonen, Unternehmen oder Organisationen – den Zugang zu Bankdienstleistungen zu verweigern, Konten zu schließen oder Transaktionen zu blockieren. Diese Maßnahmen können ohne vorherige Ankündigung erfolgen und sind für die Betroffenen oft schwer nachvollziehbar. Auch wenn die meisten Banken keine Gründe für die Kündigung nennen, ist für Beobachter klar: Oft stecken Akteure aus dem gegnerischen politischen Spektrum dahinter. Diese üben Druck auf die betroffene Bank aus, dem diese in der Regel nachgibt, weil sie letztlich unter erheblichem Reputationsdruck steht und einen vermeintlichen Imageschaden minimieren oder ganz abwenden will. Konten von unbequemen Akteuren werden deshalb einfach gekündigt. Beispiele sind politische Parteien, NGOs oder auch alternative Medien, die polarisieren oder bestehende Machtstrukturen in Frage stellen. Kritiker bemängeln jedoch, dass Banken in einigen Fällen über das Ziel hinausschießen und unliebsame Akteure systematisch ausschließen.
Wer ist betroffen?
Eines der prominentesten Beispiele aus dem rechten politischen Spektrum ist wohl der Autor Martin Sellner. Er hat mittlerweile 89 Konten verloren. Aber bereits 2005 wurde der Verleger Götz Kubitschek (Verlag Antaios) eines der ersten Opfer von Debanking. Erst im vergangenen Jahr traf es den AfD-Co-Vorsitzenden Tino Chrupalla. Er habe sein Konto bei der Postbank verloren, weil er AfD-Mitglied sei, erklärte er damals. Zwar nannte die Postbank keine Details zur Kündigung, ließ aber durchblicken, dass es nicht unmöglich ist, unliebsame Kunden vor die Tür zu setzen: „Grundsätzlich haben beide Geschäftspartner die Möglichkeit, eine Kontoverbindung ohne Angabe von Gründen zu kündigen“, sagte ein Sprecher der Postbank damals der Welt. Dies zeigt, dass vor allem Parteien und Akteure, deren Meinung vom herrschenden Zeitgeist abweicht, von der Repressionsmaßnahme betroffen sind.
Debanking ist für die Betroffenen mit vielen negativen Folgen verbunden. Als Privatperson hat man das Problem, dass man beispielsweise im Alltag nicht mit der Bankomatkarte bezahlen kann oder die Miete und andere Fixkosten nicht über das Bankkonto begleichen kann. Abgesehen von dem verwaltungstechnischen Aufwand steht man als Unternehmer wiederum vor dem Problem, Gehälter und Rechnungen nicht bezahlen zu können, auch die Bezahlung von Lieferanten wird erschwert bis unmöglich gemacht. Debanking ist also mit erheblichen Einschränkungen für die Betroffenen verbunden. In einer zunehmend digitalen Welt, in der der Zugang zu Bankdienstleistungen als Grundlage für wirtschaftliche Teilhabe gilt, erscheint Debanking als moderner Ausschlussmechanismus. Kritiker sehen darin nicht nur eine ökonomische, sondern auch eine demokratische Gefahr.
Kryptowährungen als Alternative?
Angesichts von Debanking setzen einige Betroffene auf dezentrale Finanzsysteme wie Kryptowährungen. Bitcoin und ähnliche Technologien bieten die Möglichkeit, Finanztransaktionen unabhängig von Banken durchzuführen. Doch trotz ihres Potenzials haben Kryptowährungen noch Schwächen: Sie werden nicht überall akzeptiert und ihre Nutzung setzt technisches Verständnis voraus. Zudem sind sie aufgrund ihrer Volatilität und rechtlichen Unsicherheiten keine universelle Lösung. Dennoch gewinnen sie zunehmend an Bedeutung, insbesondere in Ländern oder Sektoren, in denen der Zugang zu traditionellen Bankdienstleistungen eingeschränkt ist.
Debanking wirft grundsätzliche Fragen auf: Wie kann sichergestellt werden, dass Banken ihre Macht nicht missbrauchen? Welche Rolle soll der Staat spielen, um einen fairen Zugang zu Finanzdienstleistungen zu gewährleisten? Während Regulierung notwendig ist, um illegale Aktivitäten zu verhindern, darf die Balance zwischen Sicherheit und Freiheit nicht aus dem Gleichgewicht geraten. Viele fordern daher eine stärkere Regulierung, die Banken zu Transparenz und Fairness verpflichtet.