Jurist kritisiert Strafanzeigen-Praxis von Strack-Zimmermann: „Ressourcenverschwendung“
Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann erstattet jeden Monat rund 200 Strafanzeigen gegen beleidigende und kritische Kommentare im Internet. Kritiker wie der Jurist Carsten Brennecke werfen ihr vor, damit die Staatsanwaltschaft mit Bagatellfällen zu belasten und zulässige Meinungsäußerungen zu bekämpfen.
Köln/Berlin. – Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann ist bekannt dafür, gegen kritische Äußerungen und Beleidigungen im Internet juristisch vorzugehen. Nach eigenen Angaben erstattet sie jeden Monat 200 Strafanzeigen gegen entsprechende Kommentare und deren Verfasser. Dies geschieht durch eine eigens beauftragte Anwaltskanzlei, die die Sozialen Medien nach entsprechenden Äußerungen durchforstet. Wie die Welt unter Berufung auf die Kölner Staatsanwaltschaft berichtet, reichen nicht selten Worte wie „Kriegstreiberin“, „Marionette der Waffenlobby“ oder „Flintenweib“, damit die Justiz im Auftrag von Strack-Zimmermann aktiv wird. Der Jurist und Mitglied der Grünen, Carsten Brennecke, kritisierte nun das Vorgehen Strack-Zimmermanns und wirft ihr vor, die deutsche Staatsanwaltschaft im Kampf gegen zulässige Meinungsäußerungen zu lähmen.
Gericht bestätigt Zulässigkeit der Äußerung
Einer der von Strack-Zimmermann zur Anzeige gebrachten Fälle landete nämlich auf dem Tisch der Rechtsanwaltskanzlei Höcker, deren Partner Brennecke ist. Dazu schreibt er auf X, dass das Verfahren gerichtlich eingestellt wurde, weil es sich um eine zulässige Meinungsäußerung eines X-Nutzers gehandelt habe. Demnach hatte ein Nutzer Strack-Zimmermann in einem Beitrag auf X öffentlich für ihre politischen Forderungen nach militärischer Unterstützung der Ukraine wie folgt kritisiert: „Eine Aufzählung von Rüstungslobbyisten und Arschkriechern, die dem USA Imperium am liebsten ganz und in voller Güte den Arsch lecken und hinein kriechen wollen“.
Mit Unterstützung einer Anwaltskanzlei erstattete Strack-Zimmermann Strafanzeige, weil ihr politisches Engagement mit den drastischen Worten, sie würde „in Ärsche kriechen und Ärsche lecken“, dahingehend kritisiert wurde, dass sie sich gewissen politischen Interessen anbiedern würde. Der Jurist erklärte, der Beitrag sei zwar sprachlich geschmacklos, eine solche kritische Bewertung einer politischen Haltung sei aber eindeutig eine zulässige Meinungsäußerung. Dies bestätigte auch das Amtsgericht Düsseldorf, das in seinem Einstellungsbeschluss feststellte: „Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze handelt es sich bei den zur Last gelegten Äußerungen nicht um eine Schmähung, weil sie Sachbezug haben. Zur Verwendung der Begriffe „Arschkriecher“ und „Arschlecken und Arschkriechen“ führt das Gericht aus: „Es liegt auch keine Formalbeleidigung vor. … Im Rahmen der Auslegung ist jedoch auch der Sachbezug zu berücksichtigen, der der Äußerung vorliegend deren Intensität nimmt. Offenkundig will der Angeschuldigte eine Haltung der angesprochenen Personen kritisieren, so dass bei grundrechtsfreundlicher Auslegung nicht von einer Formalbeleidigung auszugehen ist.“ Brennecke kritisierte in diesem Zusammenhang, dass jedenfalls der Blick hinter die Kulissen dieses Falles zeige, „dass Strack-Zimmermann die Ressourcen der Staatsanwaltschaft mit absoluten Nichtigkeiten in Beschlag nimmt“.
Habeck stellte 700 Strafanzeigen
Strack-Zimmermann ist nicht die einzige Politikerin, die wegen Beleidigungen und Drohungen Anzeige erstattet hat. Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat mit Hilfe spezialisierter Anwaltskanzleien über das Bundeswirtschaftsministerium und sein Bundestagsbüro seit April 2023 mehrere hundert Strafanzeigen, etwa 700, gestellt, wie die Welt nun berichtet.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach angesichts dieser Entwicklung von einer „Eskalation antidemokratischer Gewalt“. „Wir müssen die Mitverantwortung derer sehr deutlich benennen, die vor allem vom rechten Rand aus immer hemmungsloser und immer skrupelloser Demokraten anfeinden und diffamieren“, sagte Faeser. „Das schürt ein Klima der Gewalt, das Täter zu Taten antreibt.“ Erst im Januar waren durch eine Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion Zahlen des BKA zu Angriffen auf Mitglieder und Vertreter der im Bundestag vertretenen Parteien bekannt geworden. Demnach waren die Grünen mit 1.219 Fällen am häufigsten Opfer von Angriffen, gefolgt von Mitgliedern der AfD mit 478 und der SPD mit 420. In diesen Zahlen sind allerdings nicht nur Gewaltdelikte enthalten, sondern auch Äußerungsdelikte, also Beleidigungen, Bedrohungen oder Nötigungen. Betrachtet man jedoch nur die Gewaltdelikte, so wurden im Jahr 2023 Mitglieder der AfD am häufigsten angegriffen (86 Fälle), gefolgt von Mitgliedern der Grünen (62) und der SPD (35) (FREILICH berichtete).